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NORDRHEIN-WESTFALEN/2310: Streit um den Haushalt (Li)


Landtag intern 11/2017
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

PLENUM
Streit um den Haushalt
Kontroverse zweite Lesung des Entwurfs für 2018

von Susanne Ellert, Thomas Becker und Michael Zabka


20. Dezember 2017 - 13 Stunden an zwei Tagen waren kurz vor Weihnachten für die zweite Lesung des Haushaltsentwurfs 2018 angesetzt. Auf der Tagesordnung standen die Einzelpläne der verschiedenen Ressorts. In einer Grundsatzdebatte zum Auftakt der Beratungen warfen sich Koalitions- und Oppositionsfraktionen gegenseitig finanzpolitisches Versagen vor.


Stefan Zimkeit (SPD) sagte, dass der Haushalt die Politik der Landesregierung widerspiegele: "Der Haushalt ist unsozial, er ist bürokratisch. Er ist geschönt und kommunalfeindlich. Und er ist chaotisch, also genau so wie Ihre Politik." Mängel zeigten sich vor allem bei der Sozialpolitik: Gespart werde bei den Schwächsten, etwa bei Flüchtlingen und beim sozialen Arbeitsmarkt. "Sie sind die Koalition der sozialen Kälte." Der SPD-Politiker bemängelte zudem einen "Bürokratieaufbau" sowie das Vorhaben, die Pauschale des Bundes für die Integration von Flüchtlingen nicht an Kommunen weiterzugeben.

Arne Moritz (CDU) merkte an, dass sich die SPD angesichts des "Schocks" verlorener Wahlen in "abgedroschene und inhaltsleere Phrasen" zurückziehe. Das seien "alles Narrative, aus denen sich die Opposition ihre finanzpolitische Traumwelt baut". Unsozial habe die rot-grüne Vorgängerregierung agiert, indem sie "trotz Rekordeinnahmen" stets neue Schulden gemacht habe. Der aktuell vorgelegte Haushalt zeichne sich dagegen durch "Maß und Konzept" aus. Investiert werde u. a. in Wirtschaft, Digitalisierung, Bildung, die Innere Sicherheit und den Abbau von Bürokratie, ohne dafür neue Schulden aufzunehmen.

Die Politik der Landesregierung sei schädlich für das Land, sagte Grünen-Fraktionschefin Monika Düker mit Blick auf den Haushaltsentwurf der Landesregierung von CDU und FDP. Das Haushaltsverfahren finde unter einer beispiellosen Missachtung parlamentarischer Rechte statt: Der enge Zeitplan habe ein Zurückgreifen auf Expertisen von Sachverständigen kaum zugelassen. Forderungen aus der Oppositionszeit, wie der Abbau der Ministerialbürokratie, seien vergessen. Stattdessen würden weitere 282 Stellen in Ministerien geschaffen. Auch fehle es an Transparenz. Die Landesregierung wolle 131 Millionen Euro einsparen, sage aber nicht, wo.

"Trendwende"

Ralf Witzel (FDP) sagte: "Wir erleben heute eine historische Trendwende in der Haushaltsplanung Nordrhein-Westfalens." Nach 44 Jahren Neuverschuldung sei diese Politik endlich beendet. Dies gelte für die gesamte Legislaturperiode. Witzel widersprach dem Vorwurf, dass die schwarz-gelbe Koalition das Land kaputtspare. So erhielten z. B. die Kommunen so viel Geld wie nie zuvor. In die Innere Sicherheit und die Bildung werde durch die Schaffung neuer Stellen investiert. Der Breitbandausbau helfe Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und dem Staat. "Wir investieren in die Zukunft", betonte der FDP-Politiker.

Der schwarz-gelben Koalition sei die "konservative Handschrift abhandengekommen", sagte Herbert Strotebeck (AfD). Der Haushalt 2018 verfüge zwar über "gute und richtige Ansätze". Als Beispiele nannte er u. a. zusätzliche Anwärterstellen bei der Polizei und mehr Richterstellen. An vielen Positionen "grusele" es ihn allerdings. Ein "ungutes Gefühl" habe er, wenn die Landesregierung mehr Geld für Integrationskurse und Islamunterricht ausgeben wolle. Eine Vielzahl der Projekte sei "reine Geldverschwendung". Strotebeck forderte mehr Geld für Rückführungen, Straßenbau, Schulen, Bereitschaftspolizei und Frauenhäuser.

Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) wies den Vorwurf sozialer Kälte zurück. 2016, zu Zeiten der rot-grünen Landesregierung, habe Nordrhein-Westfalen bei der Armutsgefährdung Alleinerziehender an der Spitze der westdeutschen Flächenländer gestanden. Der Haushalt 2018 sei ein "Haushalt der Zukunft und der Gestaltung". Ausgabe-Disziplin sei die "Leitschnur unserer Politik", sparsames Wirtschaften die "DNA der Landesregierung". Zugleich werde man modernisieren. So solle die Landesverwaltung bis 2025 vollständig digitalisiert sein. Der Minister kündigte zudem einen weiteren Abbau von Bürokratie an.

Der Entwurf des Finanzministers sieht den ersten Etat seit 1973 vor, der ohne die Aufnahme neuer Schulden auskommt. Die Höhe der Ausgaben beträgt 74,5 Milliarden Euro. 131 Millionen Euro sollen im kommenden Jahr in den verschiedenen Ressorts eingespart werden. Investiert wird insbesondere in die Bereiche Innere Sicherheit, Verkehr, Bildung, Digitalisierung, Integration und Kultur.

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Quelle:
Landtag intern 11 - 48. Jahrgang, 22.12.2017, S. 6
Herausgeber: Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Januar 2018

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