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NORDRHEIN-WESTFALEN/2317: Wenn die Läden länger öffnen (Li)


Landtag intern 1/2018
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

Wenn die Läden länger öffnen
Sachverständige äußern sich zum "Entfesselungspaket I"

Von Michael Zabka


18. Dezember 2017 - Die Landesregierung will "unnötige und belastende Vorschriften" in Nordrhein-Westfalen abbauen. Zum sogenannten Entfesselungspaket I gehört u. a. eine Novellierung des Ladenöffnungsgesetzes. In einer Anhörung der Ausschüsse für Wirtschaft, Energie und Landesplanung sowie Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen äußerten sich Sachverständige zu den vorgeschlagenen Änderungen.


Gemeinden sollen künftig Ladenöffnungen an bis zu acht Sonn- und Feiertagen im Jahr erlauben dürfen, heißt es im Gesetzentwurf (17/1046). Derzeit sind es vier. Außerdem sollen der bisherige "Anlassbezug" wegfallen und die für eine Sonntagsöffnung erforderlichen Sachgründe neu gefasst werden. Neben Märkten, Festen, Messen und anderen Veranstaltungen gelte dann zum Beispiel auch die Belebung der Innenstädte als Sachgrund. Die Öffnung an Samstagen soll auf 24 Stunden ausgedehnt werden.

Der Gesetzentwurf der Landesregierung sei "durchaus zielführend", um die Genehmigungspraxis für Sonn- und Feiertagsöffnungen rechtssicherer zu gestalten, befand die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände NRW (Städtetag, Landkreistag, Städte- und Gemeindebund): "Allerdings könnte dieses Ziel besser erreicht werden, wenn der Gesetzgeber von seinem Gestaltungsspielraum Gebrauch machen würde und die Kommunen nicht mit weiteren Darlegungs- und Beweislasten konfrontiert würden." Wünschenswert sei, die "Begründungslast" der Ladenöffnung "direkt auf den Landesgesetzgeber zu verlagern". Ähnlich äußerten sich die Industrie- und Handelskammer (IHK) und der Handelsverband Nordrhein-Westfalen. Grundsätzlich setze der Gesetzentwurf aber an den richtigen Stellen an.
Das Entfesselungspaket I sei ein "gutes Signal für mehr Wachstum und Beschäftigung am Wirtschaftsstandort NRW", so unternehmer nrw, die Landesvereinigung der Unternehmensverbände. Bei den angekündigten Maßnahmen handle es sich um "erste, wichtige Schritte für einen dringend erforderlichen und umfassenden Bürokratie-Abbau". Den Gesetzentwurf zur Ladenöffnung unterstütze man als "richtig und zielführend".

Verkaufsoffene Sonntage

Mehr verkaufsoffene Sonn- und Feiertage seien eine Chance, den stationären Einzelhandel gegenüber Online-Anbietern wettbewerbsfähiger zu machen, so die Verbraucherzentrale. Gerade an Sonntagen werde "im Internet überdurchschnittlich viel umgesetzt". Allerdings sollte untersucht werden, "welche konkreten Effekte von mehr verkaufsoffenen Sonntagen tatsächlich zu erwarten sind, insbesondere, ob sie den notwendigen Zuspruch bei Verbraucherinnen und Verbrauchern finden würden".

In der Anhörung kamen auch die Gegner erweiterter Ladenöffnungszeiten zu Wort. "Die Sonntagsheiligung ist ein fundamentales Anliegen der Kirchen", heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme der Katholischen und Evangelischen Büros Nordrhein-Westfalen für die Ausschüsse. Die kollektive Sonntagsruhe sei "eines der höchsten kulturellen Güter" und auf den ersten Seiten der Bibel schöpfungstheologisch begründet. Sonn- und Feiertage böten Menschen die Gelegenheit, "sich einmal auf sich selbst, auf das eigene Menschsein zu besinnen". Ein wirksamer Schutz des Sonntags sei nur mit einer Begrenzung der Ladenöffnungszeiten am Samstag gewährleistet. Zusammen mit der Verdopplung der Verkaufssonntage und -feiertage werde der "Sonntagsschutz immer weiter ausgehöhlt".

Aus Sicht der Beschäftigten solle das Ladenöffnungsgesetz "erneut verschlechtert werden", schreibt die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Die wiederholte Erweiterung der Öffnungszeiten habe "zwei ohnehin vorhandene Trends verstärkt. Einerseits gab es eine Zunahme von prekären Beschäftigungsverhältnissen und andererseits sind starke Konzentrationsprozesse in der Branche zu beobachten". Der Gesetzentwurf der Landesregierung beseitige keine Rechtsunsicherheiten, sondern vergrößere sie. Er stelle sich "den Schutzbestimmungen und Interessen" der Beschäftigten im Einzelhandel entgegen.

Der Schutz des Sonntags sei ein Verfassungsgebot, betont die "Allianz für den freien Sonntag". Träger der Allianz sind die Katholische Arbeitnehmerbewegung, die Gewerkschaft Verdi, die Katholische Betriebsseelsorge und der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt der Evangelischen Kirche Deutschland. Der Gesetzentwurf widerspreche höchstrichterlicher Rechtsprechung.


"Entfesselungspaket I"

Ziel des vorgelegten Gesetzentwurfs sei ein Neustart in der Wirtschaftspolitik, so die Landesregierung.
Zum "Entfesselungspaket I" gehören neben einer Novellierung des Ladenöffnungsgesetzes u. a. die Abschaffung der sogenannten Hygiene-Ampel und eine Vereinfachung des nordrhein-westfälischen Vergaberechts. Auch zu diesen Themen äußerten sich Sachverständige in der Anhörung. Das "Entfesselungspaket I" war zudem Thema von Anhörungen im Rechtsausschuss sowie im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales.

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Quelle:
Landtag intern 1 - 49. Jahrgang, 23.01.2018, S. 9
Herausgeber: Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen,
André Kuper, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Februar 2018

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