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NORDRHEIN-WESTFALEN/2324: Diesel sollen weiterfahren (Li)


Landtag intern 3/2018
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

PLENARBERICHT
Diesel sollen weiterfahren
Kontroverse Debatte nach Unterrichtung durch die Landesregierung

von Thomas Becker, Michael Zabka, Susanne Ellert


21. März 2018 - In einem Punkt waren sich alle einig: Fahrverbote für Dieselfahrzeuge sollen in Nordrhein-Westfalen vermieden werden. Die Landesregierung erklärte, wie sie dieses Ziel erreichen will. Der Opposition reichten die vorgestellten Maßnahmen nicht.

Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat in einer Unterrichtung im Landtag dargelegt, wie die Landesregierung die Luftqualität in den Städten verbessern und Fahrverbote für Dieselfahrzeuge vermeiden will. Die Koalitionsfraktionen begrüßten die Maßnahmen, die Opposition kritisierte sie als unzureichend. Mitdiskutiert wurde ein Antrag der Grünen-Fraktion zum Thema (Drs. 17/2144).

Hintergrund der Unterrichtung war ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Darin erlaubt das Gericht Städten, in Ausnahmefällen Fahrverbote für Dieselfahrzeuge zu erlassen, um die Luftqualität zu verbessern.

Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagte, dass Millionen von Menschen aufgrund erhöhter Stickstoffdioxidwerte bei Dieselfahrzeugen besorgt seien um ihre Gesundheit, aber auch um Arbeitsplätze in der Autoindustrie. In der Debatte seien "Maß und Mitte" gefragt, sagte Laschet, der sich gegen Diesel-Fahrverbote aussprach, da sie "unverhältnismäßig" und somit "rechtswidrig" seien. Bund, Land und Kommunen hätten zahlreiche Maßnahmen ergriffen, wodurch sich die Luftqualität verbessert habe. Dazu zählten der Ausbau von Elektro- und Wasserstoff-Antrieben, neue Verkehrskonzepte für Städte und Gemeinden sowie für Bus und Bahn.

Auch Christian Dahm (SPD) sprach sich gegen Diesel-Fahrverbote aus und verwies auf die verbesserte Luftqualität: Im Jahr 2017 seien die Grenzwerte für Stickstoffdioxid in Nordrhein-Westfalen in 27 Kommunen überschritten worden, während das im Jahr zuvor noch in 32 Kommunen der Fall gewesen sei. Nötig sei nun aber, dass alle Kommunen die gesetzlich vorgeschriebenen Luftreinhaltepläne einhielten. Die Landesregierung müsse dazu einen detaillierten Maßnahmenkatalog vorlegen, um Fahrverbote zu vermeiden. Ministerpräsident Laschet reagiere allerdings nach der Devise "aussitzen, abwarten, auf gutes Wetter warten".

Ministerpräsident Laschet habe in seiner Rede versäumt zu sagen, was die Landesregierung über bereits laufende Maßnahmen hinaus unternehmen werde, um Fahrverbote in den Städten zu verhindern, sagte Grünen-Fraktionschef Arndt Klocke. Zudem habe der Regierungschef das Diesel-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts "uminterpretiert". Klocke sprach von einer "eigenartigen Rechtsauslegung". Zur Vermeidung von Fahrverboten seien "verbindliche Hardware-Nachrüstungen" und die Einführung einer blauen Plakette erforderlich. Klocke sprach zudem die Umweltbelastung durch Flughäfen und die Binnenschifffahrt an.

"Fakten benannt"

Der Ministerpräsident habe "unaufgeregt und jenseits jeglicher Polarisierung Fakten benannt und detaillierte Antworten gegeben", entgegnete CDU-Fraktionschef Bodo Löttgen. "Wenn Fahrverbote auf Messwerten beruhen sollen, dann sollte klar sein, was die Messstationen wirklich messen", sagte er. Werden Grenzwerte überschritten, besage dies lediglich, dass "die Summe der verkehrsbedingten Emissionen schädlich" sei. "Ob Stickoxid aus Dieselabgasen der Bösewicht ist oder Feinstaub aus Benzinmotoren, wurde gar nicht untersucht", sagte Löttgen. Dies führe die Forderung nach einem isolierten Dieselfahrverbot ad absurdum.

Die Behauptung, Ministerpräsident Laschet habe keine Maßnahmen empfohlen, sei absurd, sagte Bodo Middeldorf (FDP). Vielmehr sei Laschets Erläuterung von Lösungsansätzen die umfassendste in den vergangenen sieben Jahren. Mit Diesel-Fahrverboten würde "der Lebensnerv unseres Landes getroffen". Mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts seien die Anforderungen an alle Beteiligten gewachsen. Fahrverbote müssten jedoch unter allen Umständen vermieden werden. "Wir appellieren an alle Stadtoberhäupter, sich nicht vorschnell für die Verhängung von Fahrverboten auszusprechen. Unsere Landesregierung wird sie hierbei unterstützen", erklärte Middeldorf.

"Sie verstehen mittlerweile, dass die Grenzwerte ökoradikaler Unsinn waren", sagte Dr. Christian Blex (AfD). Lösungen habe Ministerpräsident Armin Laschet jedoch noch keine gefunden. "Was Sie gesagt haben, war inhaltlich heiße Luft." Er habe eine Pseudo-Problemanalyse vorgelegt, ohne irgendwelche Handlungskonzepte, kritisierte Blex. Die Lösung sei ganz einfach - die Grenzwerte müssten hinterfragt und gesenkt werden. Das einzige, das Laschet eingefallen sei, sei die Elektro-Mobilität. Der Elektromotor sei aber kein brauchbarer und vernünftiger Antrieb, der dazu beitragen könne, die zu hinterfragenden Grenzwerte einzuhalten.

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Quelle:
Landtag intern 3 - 49. Jahrgang, 27.03.2018, S. 3
Herausgeber: Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. April 2018

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