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NORDRHEIN-WESTFALEN/2382: Über Grenzen hinweg für Europa (Li)


Landtag intern 3/2019
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

PLENUM
Über Grenzen hinweg für Europa
Landtag beschließt fraktionsübergreifenden Wahlaufruf

von Thomas Becker, Michael Zabka und Wibke Busch


21. März 2019 - Am 26. Mai sind Bürgerinnen und Bürger in Deutschland dazu aufgerufen, bei der Wahl zum Europäischen Parlament ihre Stimme abzugeben. Die Landtagsfraktionen von CDU, SPD, FDP und Grünen haben das zum Anlass genommen, in einem gemeinsamen Plenarantrag zu begründen, warum sie dies für wichtig halten.


In ihrem Antrag "Aufruf zur Europawahl 2019: Für ein starkes und vereintes Europa!" (17/5369) betonen die vier Fraktionen, gerade in der heutigen Zeit sei die EU "ein Garant für Frieden, Sicherheit, Wohlstand und Stabilität". Der Landtag sehe "mit großer Sorge das Handeln und das Anwachsen von rechtspopulistischen sowie rechtsextremen Akteuren in den verschiedenen europäischen Staaten, auch in Deutschland. Darüber hinaus versuchen auch Akteure auf der linken und Parteien auf der linksextremen Seite durch nationalistische Anleihen von dieser Entwicklung zu profitieren".

Der Antrag wurde mit großer Mehrheit angenommen. Die AfD-Fraktion stimmte dagegen. Ein Entschließungsantrag der AfD-Fraktion (17/5502) wurde mit Mehrheit abgelehnt.

Oliver Krauß (CDU) mahnte, dass die Wahl zum Europäischen Parlament denkbar ungeeignet für eine Protestwahl sei. Europa könne nur gemeinsam die drängenden Herausforderungen der Zeit meistern. Wichtig sei dafür ein handlungsfähiges Europäisches Parlament. Da es bei der Wahl aber keine Sperrklausel gebe, drohe eine Zersplitterung. Daher liege es umso mehr an allen demokratischen Europäerinnen und Europäern zu verhindern, dass rassistische, antidemokratische und extrem nationalistische Positionen einen Platz im Europäischen Parlament erhielten. NRW sei auf ein vereintes, demokratisches und soziales Europa angewiesen.

Europa sei zu wichtig, um es denen zu überlassen, die damit nichts zu tun haben wollten, betonte Rüdiger Weiß (SPD). Die EU sei die Grundlage für Wohlstand und Frieden. "Wir wissen, dass Europa nicht perfekt ist." Es sei oft zu bürokratisch und zu wenig werte- und sozialorientiert. Bei aller Kritik dürfe aber nicht vergessen werden, dass die EU ein unfertiges Projekt sei, das wachse. Sie abschaffen zu wollen, sei, als wolle man ein Haus abreißen, durch dessen Fenster es regne. Mit dem Wahlaufruf gäben die antragstellenden Fraktionen trotz politischer Unterschiede gemeinsam ein klares Bekenntnis zu einem starken Europa ab.

Thomas Nückel (FDP) sagte, dass Vorteile der Europäischen Union wie der Wegfall von Grenzund Zollkontrollen heute selbstverständlich geworden seien. Bei der Europawahl stünden Deutschland und der ganze Kontinent am Scheideweg. "Die USA, Russland und China fordern uns heraus." Zudem wollten Populisten die EU von innen zerstören. Für Handel, Klimaschutz, Migration, die Verteidigung von Freiheit und Sicherheit und die Digitalisierung gelte: "Machen wir in Europa besser alles zusammen - außer Schulden." Positionen der AfD-Fraktion wiederum offenbarten einen "abgrundtiefen Hass auf europäische Gemeinsamkeiten".

"Verfassungsauftrag"

Auch Johannes Remmel (Grüne) verwies auf Errungenschaften der Europäischen Union. Sie habe u. a. maßgeblich dazu beigetragen, die Ziele der UN-Klimakonferenz in Paris zu verankern. Nationalisten dagegen missbrauchten die Europäische Union als Projektionsfläche, um Europa und die Demokratie schlechtzumachen - wie die AfD-Fraktion, die in ihrem Antrag auf ein "Europa der Vaterländer" verweise, für Remmel ein "verfassungsfeindlicher" Begriff. Es gebe einen klaren Verfassungsauftrag, für ein vereintes Europa einzutreten. An die AfD-Fraktion gerichtet sagte Remmel: "Sie stehen nicht auf der Grundlage des Grundgesetzes."

Frieden, Sicherheit und Wohlstand seien nicht der Europäischen Union zu verdanken, sagte Sven Tritschler (AfD). Sie habe damit "herzlich wenig zu tun". Nach Wegfall der Grenzkontrollen "gondeln jeden Tag Tonnen von Rauschgift und Waffen völlig unbehelligt kreuz und quer durch Europa", so Tritschler. Die Gemeinschaftswährung Euro bezeichnete er als "Klotz am Bein unseres Wohlstandes" und "Gefängnis für alle Beteiligten". Die Märkte der Zukunft lägen nicht in Europa, sondern in Asien. Die Europäische Union schade den Bürgerinnen und Bürgern mehr, als sie ihnen nutze.

Die Botschaft des Antrags und die breite Unterstützung im Landtag seien ein "wichtiges Signal aus Nordrhein-Westfalen für ein freies, rechtsstaatliches und geeintes Europa", sagte Dr. Stephan Holthoff-Pförtner (CDU), Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales. Die Landesregierung stehe "vollumfänglich" hinter dem Antrag. Europa sei ein "Garant für Demokratie, Freiheit und Wohlstand in Deutschland und NordrheinWestfalen". NRW habe "unglaublich" vom europäischen Binnenmarkt, der Gemeinschaftswährung, von Freizügigkeit und offenen Grenzen profitiert, sagte der Minister.

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Quelle:
Landtag intern 3 - 50. Jahrgang, 26.03.2019, S. 5
Herausgeber: Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. April 2019

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