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NORDRHEIN-WESTFALEN/2390: Mangelware Wohnraum (Li)


Landtag intern 4/2019
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

Mangelware Wohnraum
Aktuelle Stunde: Debatte um Neubau und Enteignung

von Wibke Busch und Michael Zabka


10. April 2019 - Tausende Menschen sind am ersten April-Wochenende bundesweit auf die Straßen gegangen, um gegen Wohnungsnot und für bezahlbare Mieten zu demonstrieren. Eine der Demos fand in Köln statt. In diesem Zusammenhang wurden auch Forderungen nach Enteignung laut. Der Landtag hat sich in einer Aktuellen Stunde mit dem Thema befasst.


Grundlage waren Anträge der Grünen-Fraktion ("Endlich wirksame Maßnahmen gegen Wohnungsnot ergreifen", 17/5693) sowie der Fraktionen von CDU und FDP ("Effektive Wohnungspolitik setzt auf Investitionen statt Enteignungen", 17/5694).

Grünen-Fraktionschef Arndt Klocke verwies auf die Großdemonstrationen vom Wochenende in Städten wie Berlin und Köln. Tausende seien auf die Straße gegangen, weil die Probleme auf dem Wohnungsmarkt insbesondere in Ballungsgebieten drängend seien. Der Landesregierung warf Klocke vor, sie ermögliche trotz des Problemdrucks zu wenig Wohnneubau. Die Bilanz von Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) sei "mäßig". Benötigt werde ein Maßnahmenbündel, u. a. die Stärkung von kommunalen Wohnungsbaugesellschaften und - genossenschaften, eine sozial orientierte Bodenpolitik und beschleunigte Genehmigungsverfahren.

Fabian Schrumpf (CDU) kritisierte die aktuelle Debatte um die Enteignung von Wohnungskonzernen. Wer Wohnungen brauche und diejenigen enteigne, die Wohnraum schaffen sollten, vergrößere den Mangel und erhöhe die Mietpreise. Wer Enteignungen fordere wie Teile von SPD und Grünen, der handle schlichtweg verantwortungslos. Die nordrhein-westfälische Koalition nehme die Sorgen der Menschen ernst und habe bereits wichtige Maßnahmen eingeleitet, darunter die Modernisierung des Baurechts und eine Neuaufstellung des sozialen Wohnungsbaus. Nach wie vor gebe es aber noch zu viele Investitionshemmnisse. Auch Stephen Paul (FDP) sprach sich gegen die Enteignung von Wohnungskonzernen aus. Er kritisierte, dass bereits die Debatte Investoren verunsichere und dem Klima für Neubauten im ganzen Land schade. Im Zweifel werde weniger investiert. Die Mieterinnen und Mieter seien die ersten, die diesen Klimawandel zu spüren bekämen. Wer das Eigentum nicht achte, der gefährde den sozialen Frieden. Paul sprach auch von "Stimmungsmache". Vielmehr sei nun eine gemeinsame Kraftanstrengung von Investoren aus allen Bereichen und der Politik notwendig, um neuen Wohnraum zu schaffen.


"Ablenkungsmanöver"

Erforderlich sei ein "Umsteuern in der geförderten Wohnungspolitik", sagte Jochen Ott (SPD). Der Staat müsse selbst bauen sowie kommunale Gesellschaften und Genossenschaften fördern. Wichtig sei zudem, den "Werkswohnungsbau nach vorn zu bringen" und die "soziale Baulandplanung nach Konzeptvorgabe voranzutreiben". Enteignungen seien laut Verfassung und Baugesetzbuch zwar möglich, wenn Finanzinvestoren die soziale Marktwirtschaft, den Staat und die Menschen hintergingen, sagte Ott: "Aber Investor ist nicht gleich Investor, Eigentümer nicht gleich Eigentümer." Die Enteignungsdebatte bezeichnete er als "Ablenkungsmanöver"

Der Wohnungsmarkt befinde sich teilweise in Schieflage, sagte Roger Beckamp (AfD). Es werde neuer und bezahlbarer Wohnraum gefordert, der aber zugleich "besser und umweltfreundlicher" sein müsse. Das passe nicht zusammen. Die Politik verteuere das Angebot ständig durch energetische Konzepte, die "teilweise völlig unsinnig sind". Außerdem hole man sich "hunderttausendfach neue Nachfrage ins Land". Die Demonstration in Köln bezeichnete Beckamp als "linkes Tamtam". Durch Enteignungen werde die Nachfrage nicht verringert und das Angebot nicht erhöht. Nötig sei mehr Bauland.

Die Landesregierung stehe für ein "Mehr im Wohnungsbau in allen Segmenten", sagte Ina Scharrenbach (CDU), Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung. Nur eine Verbreiterung des Angebotes werde sich nachhaltig auf die Preise auswirken. SchwarzGelb stelle in diesem Jahr beispielsweise "1,18 Milliarden Euro für den geförderten Mietwohnungsbau und preisgebundenen Wohnungsbestand im Mietbereich" zur Verfügung. Dies sei mehr als unter der früheren rot-grünen Landesregierung. Den Bau von Häusern mit bis zu zehn Stockwerken lehnte die Ministerin als "Fehlleistungen der 70er-Jahre" ab.


Weitere Anträge

Verbunden war die Aktuelle Stunde mit zwei weiteren Anträgen: "Aktivierende Stadtentwicklung jetzt! Wohnungs- und Flächenmangel bekämpfen - Aufstockung und intelligente Nachverdichtung unterstützen: Die Landesregierung muss umgehend zu einem StädtebauGipfel einladen!" (Grüne, 17/5617) sowie "Schluss mit der verfehlten Wohnraumförderpolitik der CDU/FDPLandesregierung: Nordrhein-Westfalen braucht endlich eine zeitgemäße Soziale Wohnraumförderung!" (SPD, 17/5627). Beide Anträge wurden an den Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen überwiesen.

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Quelle:
Landtag intern 4 - 50. Jahrgang, 16.04.2019, S. 5
Herausgeber: Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juni 2019

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