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RHEINLAND-PFALZ/2727: GEMA-Tarife müssen bezahlbar bleiben (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 42/2012 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 12. November 2012

GEMA-Tarife müssen bezahlbar bleiben



Die Fraktionen waren sich einig, dass das Verhalten der GEMA bei der Ausgestaltung der neuen Tarifstruktur ungeschickt ist. Sie fordern in einem gemeinsamen Antrag, dass die Gebühren bezahlbar bleiben müssen.

Die GEMA habe es wieder einmal geschafft, "sie ist in aller Munde", sagte Martin Haller (SPD). Dies liege "an einer sehr verunglückten Kommunikation seitens der GEMA". Das sei umso ärgerlicher, "weil der letzte Vorfall erst ein Jahr zurückliegt". Damals habe die GEMA 36.000 Kindergärten angeschrieben und aufgefordert 56 Euro für das Kopieren von Kinderliedern zu überweisen. Man frage sich schon, "ob eine Verwertungsgesellschaft, die einen so hohen Organisationsgrad hat, nicht selbst daran interessiert ist, dass solche Pannen nicht mehr vorkommen". Die aktuelle Diskussion drehe sich eigentlich darum, die Tarifstruktur der GEMA zu vereinfachen. "Das ist auch dringend nötig." Bei über 120 verschiedenen Tarifoptionen sei eine Vereinfachung geboten. "Das hat aber offensichtlich nicht geklappt. "Ganz im Gegenteil, wir haben im Moment eine unglaublich aufgeheizte Debatte zwischen GEMA und DEHOGA, die sich jetzt mit kühnsten Rechnungen gegenseitig die Kompetenz absprechen", schilderte Haller. Er habe sich mit dem einen oder anderen Disko-Betreiber auseinandergesetzt. "Da holt man dann wirklich mal tief Luft, wenn die erzählen: Wir haben bis jetzt 600 Euro im Monat an die GEMA bezahlt, und demnächst sollen wir laut Rechnung 7000 Euro zahlen." Das seien Leute, die Existenzängste haben, weil sie das über Kostensteigerungen, die sie an den Kunden weitergeben, gar nicht hereinholen können".

Verwertungsgesellschaften wie die GEMA "sind notwendig", betonte Josef Dötsch (CDU). Sie hätten in Zukunft eine stärkere Bedeutung, "je mehr die Bedeutung von Urheberrechten im Internet diskutiert wird". Einerseits gebe es die Musikschaffenden und die Verwertungsgesellschaft, zum anderen mehrere Tausend Ehrenämtler in den Vereinen, in den Jugendinitiativen und auch in anderen bürgerschaftlich engagierten Organisationen, die es letztlich ermöglichen, dass Kunstschaffende zu ihrem Lebensunterhalt kommen. Die GEMA beabsichtige schon seit einiger Zeit, neue Tarife für die Anbieter von Musikveranstaltungen einzuführen, habe mit den Veranstaltern aber noch keine Einigung erzielt. Mit dem Abschluss des Schiedsverfahrens sei im Februar 2013 zu rechnen. "Musikveranstalter, Vereine und auch andere Organisationen haben erst dann Planungssicherheit für ihre Kostenkalkulation", betonte Dötsch. Daher könne nicht unmittelbar danach schon die neue Tarifstruktur in Kraft treten, "sondern wir brauchen einen zeitlichen Radius, damit die Organisatoren entsprechend planen können", forderte der Abgeordnete. Zum anderen müsse auf die geplante Erhöhungsstufe Anfang 2014 verzichtet werden "Sonst wäre der Zeitradius für die nächste Erhöhung viel zu klein." Auch die Belange des Vereinswesens müssen berücksichtigt werden, insbesondere die Interessen von gemeinnützigen Organisationen und ehrenamtlichen Trägern, aber auch von Kleinbetrieben. "Hier hat sich die GEMA in den vergangenen Monaten ja auch ein wenig bewegt."

Die GEMA richte die Mitsprache und Verteilung ihrer Gelder nicht immer an den Interessen der Mehrheit aller ihrer Mitglieder aus, sagt Ruth Ratter (Bündnis 90/Die Grünen). Bei der Gründung der Vorläuferin AFMA sei es 1903 das Ziel gewesen, für mehr Gerechtigkeit im Kulturbetrieb zu sorgen. Ratter drückte die Sorge ihrer Fraktion aus, dass die GEMA nicht immer mit der erforderlichen Offenheit den deutschen Musikmarkt lenke. "Ihre Macht sollte sie für den fairen Abgleich von Interessen der Urheberinnen und Verwerterinnen nutzen." Dazu müsse die GEMA allen Mitgliedern Mitspracherechte zugestehen und die Fragen der Verteilungsgerechtigkeit und der Anpassung an die sich ständig weiterentwickelnden Nutzungsformen "transparent und nachvollziehbar beantworten". Schwerpunkt im vorliegenden Antrag sei allerdings die faire Behandlung der Veranstalter und der Verwerter von Musik, denn die neue GEMA-Tarifstruktur schafft neue Ungerechtigkeiten". So würden Stadteilfeste, die eine große Fläche bespielen, oder mehrtägige Vorhaben um ein Vielfaches teurer und ließen sich oft nicht mehr unter den neuen Voraussetzungen realisieren.

Das Tarifsystem der GEMA sei in den vergangenen Jahren "nicht gerade einfach" gewesen, sagte Staatssekretär Walter Schumacher (SPD). Deshalb sei es auch richtig es zu ändern, es sei "zu komplex, wenig nachvollziehbar und unausgewogen" und solle nun vereinfacht werden. Die elf bestehenden Tarife sollen zu zwei zusammengefasst werden. Als Berechnungsgrundlage sollen künftig nur noch die Grundfläche des Veranstaltungsortes und die Höhe des Eintrittsgeldes herangezogen werden. "Dadurch soll das System überschaubarer, transparenter und gerechter werden." Die Ziele seien richtig, "aber die Umsetzung ist es bis jetzt nicht", konstatierte Schumacher. Zu bezweifeln sei die Aussage, dass es bei kleinen und mittleren Veranstaltungsformaten zu einer Entlastung komme, während bei hochpreisigen und großen Veranstaltungen eine erhebliche Teuerung zu verzeichnen sein wird. Stand der Dinge sei, dass die GEMA die Verhandlungen mit der Bundesvereinigung der Musikveranstalter und dem Bundesverband deutscher Diskotheken und Tanzbetriebe abgebrochen habe. Da mit dem Abschluss des Schiedsverfahrens nicht vor Frühjahr 2013 zu rechnen ist, komme der Antrag des Landtags zur rechten Zeit.
LAD/STE/RR

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 42/2012, Seite 4
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. November 2012