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RHEINLAND-PFALZ/2732: Ausbau der Stromnetze eilt (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 44/2012 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 26. November 2012

Ausbau der Stromnetze eilt



Intensiv debattierte der Landtag über den Ausbau der Energienetze anlässlich der von der CDU beantragten Aussprache zur Mündlichen Anfrage zu dem Thema. Alle Seiten betonten die Notwendigkeit zur Kooperation zwischen Bund, Ländern und Versorgern über die Parteigrenzen hinweg.

Die Landesregierung betreibe den Ausbau der Erneuerbaren Energien "auf einem sehr wackligen Fundament", sagte Dr. Norbert Mittrücker (CDU). Die Wirtschaftsministerin könne bisher nicht eine einzige belastbare Zahl nennen. "Wie wollen Sie Zukunft gestalten, wenn Sie sich nicht selbst Ziele setzen?", fragte Mittrücker. Bei dem von der Landesregierung angestrebten Ausbau bei den Elektrofahrzeugen würde bis zu 15 Prozent mehr Energie verbraucht werden als bisher, "das müssen Sie transportieren - in Netzen", betonte der Abgeordnete. Wildwuchs und Planlosigkeit seien keine Grundlage für eine sinnvolle Weiterentwicklung, kritisierte Mittrücker. "Sie haben die Zeichen der Zeit nicht verstanden und hinken hinterher."

In nicht einmal zwei Wochen gebe es zu genau den Themen eine Erörterung im Energieausschuss unter Beteiligung von Fachleuten, sagte Jens Guth (SPD). "Die Ergebnisse werden selbstverständlich in die Planungen einfließen", sagte er. Die Netzbetreiber seien weiter, das Netz in Rheinland-Pfalz weitaus besser als es die CDU darzustellen versuche. Es habe in der Vergangenheit keinerlei Probleme gegeben die Energie zu transportieren. "Die Netzbetreiber gestalteten den Umbau aktiv mit, stimmen sich untereinander ab", lobte Guth. Die Anreizregelung müsse dringend novelliert werden, denn die Netzbetreiber müssten bis zu acht Jahre warten, bis sie ihre Investitionen zurückbekommen. "Da müssen Sie ran, das ist nämlich Bundesangelegenheit", sagt Guth in Richtung CDU.

Rheinland-Pfalz sei "Musterschüler" im Bereich des Netzausbaus, sagte Dr. Bernhard Braun (Bündnis 90/Die Grünen). In den rheinland-pfälzischen Netzen entstünden ganz andere Kapazitäten als derzeit, vor allem, wenn das Atomkraftwerk Cattenom abgeschaltet werde. Wenn im Hunsrück der Ausbau der Windenergie so weit voranschreite, dass zusätzliche Netze notwendig würden, seien 15 Kilometer Neubau notwendig, dies sei aber längst allgemein bekannt. Der aktuelle Investitionsbedarf rühre auch daher, dass in der Vergangenheit zu wenig investiert worden sei. "Wenn die Bundesebene blind durch die Gegend läuft, können wir keine Zahlen vorlegen", warf Braun den Ball an die CDU zurück. Dass die Netzstudie aus Steuermitteln finanziert werde, halte er für die richtige Entscheidung, "ich habe von Ihnen keine Alternative dazu gehört". In Baden-Württemberg, NRW und Bayern werde es durch die Abhängigkeit vom Atomstrom mit dem Ziel der hundertprozentigen Versorgung aus Erneuerbaren Energien nicht funktionieren. "Daher ist es richtig, wenn Rheinland-Pfalz sich so aufstellt, dass es zum Stromlieferanten wird", sagte Braun. Wie auch die Bundesregierung, habe die Landesregierung keinen Masterplan, "aber wir haben eine Roadmap, wissen, wo es langgeht", versicherte der Abgeordnete.

Sie könne durchaus einige Zahlen in die Diskussion werfen, sagte Energieministerin Eveline Lemke (Bündnis 90/Die Grünen). Die Fachgremien arbeiteten auf Bundesebene in einer engen Abstimmung der technischen Fragen mit der Bundesnetzagentur zusammen. Die CDU-Kanzlerin habe bei der jüngsten Energiekonferenz mit den Ländern festgehalten, dass Rheinland-Pfalz sehr solide plane. Die Länder und die Kanzlerin trugen auch die Meinung mit, dass auf den Energiegipfel nicht verzichtet werden könne. Es gebe weiterhin Regelungsbedarf zum Netzausbau und zur Anbindung der Offshore-Anlagen. Dazu fehlten im Bund noch die Mechanismen. Rheinland-Pfalz habe sich mit seinen Vorleistungen in eine optimale Position für die Energiewende begeben. Dies wolle Mittrücker nicht anerkennen, "obwohl ihre Kanzlerin dies tut".

Wenn die Diskussion ohne Fakten geführt werden soll, werde es schwierig, sagte Christian Baldauf (CDU). Es könne nicht Grundlage seriöser Politik sein den Menschen vorzuschreiben, wie sie sich zu verhalten haben. Dass Lemke die gegenwärtigen Zahlen nennen könne, sei das Eine, doch gebraucht würden die Kosten für die zukünftigen Investitionen. Diese Zahlen fehlten bisher. "Eine Lösung, wie wir die Energiepreise wieder nach unten bekommen ohne das Licht auszuschalten - dazu erwarte ich Antworten", betonte Baldauf.

Er bitte die CDU, "nicht zu einem Zeitpunkt Krawall zu schlagen, an dem die Karawane bereits viel weiter ist", sagte Ministerpräsident Kurt Beck (SPD). Bei der Lösung wichtiger Streitfragen sei man inzwischen sehr viel weiter. Dass es einen Interessensunterschied zwischen den süd- und norddeutschen Ländern "und uns in der Mitte" gebe, sei nachvollziehbar. Verbrauchernahe Lösungen, die die Wertschöpfung im Land ließen, seien gefragt. "Die Energiesicherheit ist eine der ganz großen Verantwortungsfragen, die wir haben", betonte Beck. Er fürchte, dass die CDU die Schützengräben, die im Bund allmählich zugeschüttet werden, im Lande wieder ausgrabe. Zweifellos gehe es bei der Energiewende aber auch um eine Verhaltensänderung. "Solange ich noch in der Staatskanzlei unterwegs bin, werde ich bei Sonnenschein die Lichter ausschalten", sagte Beck.

Es sei richtig und gut, dass das Bundesumweltministerium und die Kanzlerin die Energiewende zur Chefsache gemacht haben, sagte Julia Klöckner (CDU). Die Energiegipfel hätten geklärt, dass es keine 16 Energiewenden in Deutschland geben könne. "Die Energiefrage ist keine rheinland-pfälzische oder deutsche, sondern eine europäische Aufgabe", betonte die Fraktionsvorsitzende. Ebenso müsse die Landesregierung aber auch auf die Opposition zuzugehen und nicht alles niederstimmen, was die CDU-Fraktion vorschlage.

Der von der CDU geforderte rheinland-pfälzische Energiegipfel sei laut Hendrik Hering (SPD) im Gegensatz zu jenem in Hessen überflüssig, da sich Rheinland-Pfalz schon lange vor Fukushima darauf festgelegt habe, auf den Einsatz von Kernenergie zu verzichten. Der Gipfel in Hessen habe zudem keine nennenswerten Ergebnisse gebracht. Wie könne ein vernünftiger Netzausbau stattfinden, sei die Frage. Auch gehöre es zur Ehrlichkeit zu vermitteln, dass der Netzausbau einen weiteren Energiepreisanstieg mit sich bringen werde. Wie in anderen Ländern auch, wäre es zu begrüßen, wenn die Opposition sich an der Suche nach Lösungen beteilige.

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 44/2012, Seite 3
Der Landtag - Nachrichten und Bericht
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Dezember 2012