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RHEINLAND-PFALZ/2756: "Selbstverantwortliche Schule" (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 03/2013 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 4. Februar 2013

"Selbstverantwortliche Schule"



Ein Antrag der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen will dafür sorgen, dass die Ergebnisse des Schulentwicklungsprojekts "Selbstverantwortliche Schule" auf alle Schulen übertragen werden. Die CDU äußerte Kritik, das Papier wird im Ausschuss weiterberaten.

Die zehn Schulen im Schulentwicklungsprojekt "Selbstverantwortliche Schule" haben laut Bettina Brück (SPD) "Gutes getan und darüber auch geredet". So könne das Projekt heute auf die Erfolge zurückblicken und diese als Grundsteine "für weitere Wege in die Zukunft einer qualitativ guten Schulentwicklung" nutzen. Herausstechend sei die Kompetenzorientierung am Kind, "in der Weise, dass die jeweiligen Stärken und nicht die Defizite herausgestellt werden". "Es wird gezeigt, dass individuelle Förderung sehr erfolgreich praktiziert Lernerfolge sichert, die Schulabbrecherquote senkt und höhere Bildungsabschlüsse ermöglicht", erläuterte Brück. Die starken, individuell sehr unterschiedlich ausgestalteten Ergebnisse des Schulentwicklungsprojekts sollten nun auch für andere Schulen nutzbar gemacht werden. Der Abschlussbericht mache die Ergebnisse öffentlich. Schulen wünschten mehr Selbstständigkeit und Selbstverantwortung und benötigten dazu auch entsprechende Rahmenbedingungen.

Den Antrag wertete Bettina Dickes (CDU) als "Antrag zur Beruhigung grüner Seelen", der Noten und Klassenwiederholungen abschaffen sowie Querversetzungen in andere Schularten verhindern wolle. "Damit geben Sie Bildungschancen, Mobilität und fairen Vergleichen eine Absage", kritisierte Dickes. Der Antrag sei auf den ersten Blick "denkbar unkonkret" und "eigentlich peinlich für regierungstragende Fraktionen". So könne man "laute Diskussionen um Ideologiepolitik vielleicht umgehen". Die Forderung an die Landesregierung, Noten durch Lernentwicklungsberichte zu ergänzen, werde im Wahlprogramm der Grünen erklärt. Die Forderung, demokratische Beteiligungsmöglichkeiten von Schülerinnen und Schülern zu stärken, höre sich nett an, "die Frage ist nur, was das ist", sagte Dickes. Der Landtag solle über diesen Punkt entscheiden, "aber niemand in diesem Haus weiß, was Sie damit meinen", kritisierte sie. Das grüne Wahlprogramm treffe allerdings eine klare Aussage und Absage an jede Form von Lehrplänen. "Das kann doch nicht Sinn und Zweck sein, dass Schülerinnen und Schüler selbst entscheiden, was sie lernen", lehnt Dickes dies ab.

Was Dickes alles ausgepackt habe, "hat überhaupt nichts mit diesem Antrag zu tun", sagte Ruth Ratter (Bündnis 90/Die Grünen). Insofern sei sie froh, "dass wir diesen Antrag noch einmal im Ausschuss ausführlich beraten und dort an Ort und Stelle einiges an Erklärungen leisten können". Richtig sei, dass der neue Schulversuch Budget und Personal im Fokus habe, "aber nicht weil der erste gescheitert wäre, sondern weil wir einen Bedarf sehen, dass wir hier noch mehr entwickeln können", erläuterte Ratter. Dass der Antrag nicht konkreter ist, sei kein Fehler, sondern der Versuch, den Schulen in Übereinstimmung mit Eltern und Schulträgern Entwicklungsmöglichkeiten zu eröffnen, "sodass sie ihren eigenen Fokus auf die Schulentwicklung als Modell setzen können". Die Selbstständigkeit und die Selbstverantwortung von Schulen sei in der Tat für die Grünen immer schon ein Anliegen gewesen. Schon im Schulgesetz, das die Fraktion im Jahr 1999 in diesen Landtag eingebracht habe, sei es um die Öffnung der Schule und um die Stärkung der Selbstverantwortung gegangen.

Sie finde es wirklich schade, "dass Sie nicht einmal bei diesem Modellversuch verbal abrüsten können", sagte Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) auf den Redebeitrag von Bettina Dickes eingehend. Statt sich die Zeit zu nehmen, den Antrag in Ruhe durchzulesen und sich zu überlegen, wie sich dies in der Schule auswirke "interpretieren Sie, was gemeint sein könnte und arbeiten sich an einem ideologischen Bild ab". Alle Grundschulen in der Bundesrepublik Deutschland hätten vor kurzem bescheinigt bekommen, dass sie im internationalen Vergleich eigentlich sehr gut seien. "Dennoch bleiben Aufgaben übrig", betonte Ahnen. Dazu gehöre, "dass wir eine zu große Gruppe an schwächsten Schülerinnen und Schülern und eine zu kleine Gruppe von stärksten Schülerinnen und Schülern haben". Bei dem Modellversuch, der eingerichtet werden solle, stünden die individuelle Förderung und ihre Rahmenbedingungen im Mittelpunkt. Auch gehe es darum, den beteiligen Schulen mehr Budgetverantwortung und auch eine stärkere Mitsprache bei der Personalauswahl zu übertragen. Dabei müsse man auch die berufsbildenden Schulen mit einbeziehen, die einiges aus diesem Bereich auf die allgemeinbildenden Schulen übertragen könnten.

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 03/2013, Seite 3+4
Der Landtag - Nachrichten und Bericht
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Februar 2013