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RHEINLAND-PFALZ/2875: Haben Jobs auf 450-Euro-Basis Zweck verfehlt? (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 40/2013 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 4. November 2013

Haben Jobs auf 450-Euro-Basis Zweck verfehlt?



Mit Jobs auf 450-Euro-Basis befasste sich der Landtag auf Antrag der CDU. Die Regierungsfraktionen stellten dazu einen Alternativantrag. Die CDU lobte die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung und warf Rot-Grün vor, Schülern, Studenten und Rentnern die Möglichkeit von Minijobs zu nehmen. SPD und Grüne hingegen kritisierten, dass es immer noch viele Arbeitnehmer in prekären Beschäftigungsverhältnissen gebe. Der Antrag der CDU wurde abgelehnt, der Alternativantrag der regierungstragenden Fraktionen gegen die Stimmen der CDU angenommen.

Die Abschaffung von Minijobs würde "insbesondere Schüler, Studierende, Rentner und Familien treffen" kritisierte Adolf Kessel (CDU) den Vorschlag der Grünen. Er sprach sich dagegen aus, dass Vollzeit- und Teilzeitarbeitsplätze in geringfügige Beschäftigungsverhältnisse umgewandelt würden, Minijobbern müssten "ordentliche Stundenlöhne gezahlt werden". Jedoch biete diese Beschäftigungsart die Möglichkeit, nach Elternund Pflegezeit stufenweise wieder ins Arbeitsleben zurückzukehren. Außerdem könnten Schüler, Studierende und Rentner auf diese Weise etwas dazuverdienen. Kessel lobte die Bundesregierung, nachdem diese die Rentenversicherungspflicht für geringfügig Beschäftigte eingeführt habe, seien Anfang August dieses Jahres bereits über eine halbe Million Minijobber rentenversichert. Man wolle, dass der positive Trend im Bereich der geringfügigen Beschäftigungen mit weiteren Reformen unterstützt und gefestigt werde, gleichzeitig solle aber auch das Instrument der Minijobs als eine Form der Beschäftigung für die Menschen erhalten werden, die sich bewusst für diese Möglichkeit entschieden.

Minijobber verdienten im Durchschnitt pro Stunde "nicht halb so viel" wie Arbeitnehmer mit einer Vollzeitstelle erwiderte Dr. Tanja Machalet (SPD). Die Erhöhung auf 450 Euro, habe in den allermeisten Fällen nicht dazu geführt, dass der Stundenlohn, sondern die Stundenzahl erhöht worden sei "und das können wir an der Stelle so nicht zulassen", so die Abgeordnete. Auch könne man kann also noch nicht davon ausgehen, dass die Maßnahme wirklich dazu beitrage, dass mehr Menschen sich in der Rentenversicherung versicherten. Niemand wolle Verdienstmöglichkeiten in bestimmten Bereichen einschränken oder abschaffen. Gerade für Studierende und auch für Rentner müsse es natürlich Zuverdienstmöglichkeiten geben. Gerade bei der letzteren Gruppe sei es aber häufig so, dass sie aufgrund einer zu niedrigen Rente auf solche Jobs angewiesen seien. Machalet kritisierte weiterhin, dass Frauen "in 450-Euro-Jobs gedrängt werden, weil sie gar keine anderen Jobs angeboten bekommen". "Nötig sei ein gesetzlicher Mindestlohn oder eine Stundenbeschränkung bei Minijobs. Wir wollen keine Dumping-Löhne", so die Abgeordnete abschließend.

Über sieben Millionen Menschen in Deutschland gingen einer geringfügigen Beschäftigung nach, erläuterte Grünen-Fraktionschef Daniel Köbler, fünf Millionen Menschen hätten ausschließlich eine geringfügige Beschäftigung und jeder zehnte Arbeitnehmer müsse sich neben seinem regulären Job noch etwas über geringfügige Beschäftigungen hinzuverdienen. "Prekäre Beschäftigung, Minijobs und Dumpinglöhne", seien die sozialpolitische Realität in Deutschland. Seine Partei wolle die Mini- und Midijobs nicht abschaffen, sondern reformieren. Schüler und Studenten würden von den Plänen ebensowenig getroffen wie ehrenamtlich Tätige. Auch solle es im Bereich der Haushaltshilfen und der Familienunterstützung bei den vereinfachten Verfahren wie bei der jetzigen Minijobregelung bleiben, wies Köbler die Kritik der CDU zurück. Dass das Hauptziel der geringfügigen Beschäftigung, nämlich eine Brücke zu schlagen zwischen der Erwerbslosigkeit und den sozialversicherungspflichtigen Jobs, "objektiv verfehlt und nicht erreicht" worden sei bestätige auch eine vom Bundesfamilienministerium in Auftrag gegebene Studie, so der Fraktionsvorsitzende.

Die Gradwanderung zwischen der Bekämpfung von Missbrauch von Mini- und Midijobs und dem "weiter Möglichmachen dieser flexiblen Arbeitsmöglichkeiten" sei eine Herausforderung, erklärte Arbeitsminister Alexander Schweitzer (SPD). Seine Partei und die Grünen hätten es nie abgelehnt, wenn Schüler, Studierende und Rentner sich etwas dazuverdienen wollten. Man werde auch in Zukunft einen Arbeitsmarkt haben, der diese flexiblen Möglichkeiten brauche. Es gebe aber auch Situationen, in denen flexible Instrumente "von den Falschen aus falschen Motiven zu falschen Ergebnissen manipuliert werden". Für viele Unternehmen mit denen er gesprochen habe, wären Minijobs unattraktiv, weil sie Fachkräfte an sich binden wollten. Ein Regulierungsrahmen sei daher auch im Sinne des rheinland-pfälzischen Mittelstands. Es gebe im Bereich der gewerblichen Dienstleistungen viele Tätigkeiten, die von Voll- oder Teilzeitarbeit in Mini- und Midijobs umgewandelt worden seien. Das nutze dem Wirtschaftsstandort "herzlich wenig". Bei einem Erwerbsleben, das aus solchen Beschäftigungsverhältnissen bestehe, sei die Grundsicherung im Alter vorprogrammiert.

LAD/STE/SCH
Fortsetzung nächste Ausgabe

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 40/2013, Seite 4
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. November 2013