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RHEINLAND-PFALZ/2894: Stalking-Opfer besser schützen (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 45/2013 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 9. Dezember 2013

Stalking-Opfer besser schützen



Erneut stellte die CDU-Fraktion einen Antrag, einen besseren strafrechtlichen Schutz von Stalking-Opfern zu erreichen. Die Ausschussüberweisung wurde nach der Diskussion mit den Stimmen der Koalition abgelehnt. Auch der Antrag selbst scheiterte anschließend an der Mehrheit von SPD und Grünen.

Rheinland-Pfalz könne mit Fug und Recht sagen, sich im Landtag mit dem Thema bereits früh auseinandergesetzt zu haben, hob Dr. Axel Wilke (CDU) hervor. "Das haben wir in intensiver Art und Weise getan." Ein Entschließungsantrag seiner Fraktion sei fünf Mal im Rechtsausschuss beraten worden. Es habe eine Anhörung gegeben, der Antrag sei zwei Mal im Parlament diskutiert worden, habe aber leider keine Mehrheit erhalten. Der Antrag von Rot-Grün habe eine Mehrheit gefunden, aber nicht die Zustimmung der CDU. "Denn unser Kernanliegen, die Stärkung des strafrechtlichen Schutzes von Stalking-Opfern, ist in Ihrem Antrag zu sehr verwässert gewesen", erläuterte der Abgeordnete. Nun habe seine Fraktion einen neuen und fortgeschriebenen Antrag eingebracht. "Wir wollen damit verdeutlichen, dass dieses Thema eines der zentralen rechtspolitischen Anliegen der CDU in diesem Land ist", begründete Wilke dies. Die Anhörung sei im Ergebnis sehr eindeutig gewesen. Ausnahmslos alle Sachverständigen hätten den Eindruck der CDU, dass es eine Strafrechtslücke gibt, bestätigt. Der Ingolstädter Fall lehre nicht zum ersten Mal, dass es schreckliche Folgen haben könne, wenn Stalking-Opfer schutzlos blieben.

Er könne es kurz machen und auf den Antrag zur Plenarsitzung am 4. Juli 2013 verweisen, sagte Heiko Sippel (SPD). Dieser Antrag sei mit der Mehrheit von SPD und Bü'ndnis 90/ Die Grünen angenommen worden und mache den CDU-Antrag überflüssig. Die Koalition habe ihre grundsätzliche Offenheit für eine Ausweitung des Strafrechts auf sogenannte Eignungsdelikte damals dargelegt. "Allerdings haben wir auch deutlich gemacht, dass der Ruf nach einer schnellen Strafrechtsverschärfung nicht ausreicht" um den Opferschutz wirksam zu verbessern und Nachstellungen adäquat zu begegnen", sagte Sippel. Bayern habe die Initiative in der Länderarbeitsgruppe ergriffen und einen ersten, relativ halbgaren Antrag wieder zurückgezogen. "Aber Bayern muss liefern." Es gebe neue, klare Verhältnisse in Bayern. Die CDU habe sicher die Möglichkeit, "jetzt über kürzere Drähte nach Bayern zu intervenieren". Zum Zweiten lege die Koalition Wert darauf eine Strafrechtsnorm auszugestalten, die den verfassungsrechtlichen Grundsätzen entspreche und Justiz-tauglich sei. Deshalb sei der Koalitionsantrag mit einem Prüfauftrag verbunden gewesen, um die elementaren Fragen zu klären.

Die CDU stelle in ihrem Antrag fest, dass die derzeitige Fassung des Paragraf 238 Strafgesetzbuch den Anforderungen an den Opferschutz nicht gerecht werde, sagte Katharina Raue (Bündnis 90/Die Grünen). "Das kann ein Straftatbestand auch gar nicht, er setzt nämlich immer zu spät ein." Nämlich immer erst dann, wenn etwas passiert sei. Die Problematik mit dem Straftatbestand des Stalking liege darin, "dass einzelne Handlungen immer sozial adäquat sind und erst die Summe dieser Handlungen die Strafbarkeit ausmacht". Damit sei der Tatbestand in seiner Konstruktion einzigartig im Strafgesetzbuch und auch ein Fremdkörper im strafrechtlichen System. Selbst wenn die Handlungsnotwendigkeit offenkundig sei, bleibe die Frage offen, welche Maßnahmen ergriffen werden sollten, um den Opferschutz zu gewährleisten. "Die Strafbarkeit ist zu wenig." Deshalb habe sich der Rechtsausschuss aus guten Gründen für eine sorgfältige Prüfung ausgesprochen. Um die Opfer zu schützen, sei eine gut wirksame Prävention gefragt. Einer der vom Rechtsausschuss der Landesregierung aufgegeben Prüfbitten laute deshalb zu prüfen, ob das derzeit vorhandene Instrumentarium zur präventiven Verhinderung von Nachstellungstaten ausreiche oder ob hier weiter Handlungsbedarf bestehe.

Wer einmal die Berichte von Stalkingopfern gehört oder es gar selbst erlebt hat, wisse, wie sehr sich ihr Leben durch das beharrliche Nachstellen eines Menschen verändere, betonte Justiz-Staatssekretärin Beate Reich (SPD). Die Betroffenen fühlten sich nirgendwo mehr sicher. Die Landesregierung nehme das Thema "Stalking" und die vielen Betroffenen sehr, sehr ernst. "Wir setzen deshalb den Beschluss des Landtags vom Juli 2013 bereits um, der nicht nur die strafrechtliche Seite beleuchtet, sondern auch die unterstützende, die präventive Seite", schilderte Reich. Der Landesregierung sei bewusst, dass es sich bei dem Phänomen der Nachstellung um ein weit verbreitetes Verhalten handele, das den Betroffenen ganz schreckliche Beeinträchtigungen zufügen könne. Die kontroversen Diskussionen im Vorfeld der Einführung des Straftatbestandes 2007 hätten aber gezeigt, wie schwer es sei, eindeutig und verfassungsrechtlich zulässig festzulegen, ab wann ein eigentlich legales Verhalten strafbar sei. Die aktuell noch geschäftsführende Bundesregierung habe keinen Änderungsbedarf an der geltenden Rechtslage gesehen. LAD/STE/SCH

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 45/2013, Seite 3
Der Landtag - Nachrichten und Bericht
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Januar 2014