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SCHLESWIG-HOLSTEIN/1810: Denkmalschutzgesetz passiert Landtag (Landtag)


Der Landtag Schleswig-Holstein
Parlamentszeitung Nr. 01 - Januar 2012

Denkmalschutzgesetz passiert Landtag:
Mehr Rechte für Hauseigentümer/Opposition kritisiert Lobby-Politik


Für Schleswig-Holsteins Denkmalschützer wird es künftig schwieriger, Gebäude unter Schutz zu stellen. CDU und FDP brachten ihre umstrittene Neufassung des alten Denkmalschutzgesetzes nach emotionaler Debatte durch den Landtag. Dem Denkmal-Landesamt wird es damit unter anderem erschwert, Nachkriegsbauten in die Schutz-Liste aufzunehmen. Während Wilfried Wengler (CDU) einen "angemessenen Ausgleich zwischen dem Denkmalschutz und den Interessen der Eigentümer" ausmachte, lief die Opposition Sturm: Kulturschätze des Landes würden den Lobby-Interessen der Haus- und Grundbesitzer geopfert, hieß es.


Der SPD-Fraktionsvorsitzende Ralf Stegner sprach von einem "Denkmalschutz-Abbaugesetz", das "Eigennutz über das Gemeinwohl stellt". Stegner stieß sich insbesondere an dem Passus für Gebäude aus den 1950er und 1960er Jahren. Hier gibt es künftig eine zusätzliche Hürde: Die oberste Denkmalschutzbehörde, das Kulturministerium, muss einverstanden sein, wenn bis zu 65 Jahre alte Gebäude zum Denkmal werden sollen. Damit entscheide in Zukunft nicht die fachliche Bewertung, sondern lediglich der Tag der Antragstellung über die Denkmalqualität, monierte Stegner.

Wilfried Wengler (CDU) zeigte sich dagegen sicher, dass "jedem, der mit dem Erhalt und der Pflege eines Kulturdenkmals betraut ist, die kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung bewusst ist". Und Kulturminister Ekkehard Klug (FDP) warnte davor, den "Untergang des Abendlandes" an die Wand zu malen. "Ich bin sicher, dass sich das Gesetz in der Praxis gut bewähren wird."

Zuvor hatten Denkmalschutz-Institutionen und Kommunen den Entwurf während der Ausschussanhörung scharf kritisiert. Dies griff Robert Habeck (Grüne) auf: Insbesondere die CDU habe "völlig unterschätzt", dass vor allem konservative Menschen, "denen Tradition, Geschichte und Kultur in Schleswig-Holstein etwas gilt", den Entwurf ablehnen würden. Auch Anke Spoorendonk (SSW) und Heinz-Werner Jezewski (Linke) sahen das so. "Die regierungstragenden Fraktionen haben es in kürzester Zeit geschafft, den gesamten Denkmalschutz gegen sich aufzubringen", konstatierte Spoorendonk, und Jezewski warf der Koalition vor, in erster Linie Lobby-Interessen zu befriedigen.

Dem Entwurf zufolge hält Schleswig-Holstein im Unterschied zu allen anderen Bundesländern außer Hamburg und Nordrhein-Westfalen am sogenannten konstitutiven Verfahren fest. Das heißt: Denkmäler werden per Verwaltungsakt in eine Liste aufgenommen. Damit haben Eigentümer aus Sicht der Regierungsfraktionen rechtzeitig die Möglichkeit, dagegen vorzugehen, und es komme zu weniger Klagen vor Gericht. Bei dem in den meisten Ländern geltenden deklaratorischen Verfahren werden die Denkmäler eingetragen, ohne dass zuvor ein Bescheid verschickt wird. Eigentümer können erst im Nachhinein dagegen juristisch vorgehen. CDU und FDP stimmten schließlich geschlossen für ihren Entwurf. Ein SPD-Gegenentwurf scheiterte an Schwarz-Gelb, die es auch ablehnten, das eigene Regelwerk noch einmal im Ausschuss zu diskutieren und erst im Januar zu beschließen. Das hatte die Linke gefordert.

(Drucksachen 17/88, /1617neu, /2089, /2112)


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Quelle:
Der Landtag Schleswig-Holstein, Nr. 01 im Januar 2012, S. 7
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. März 2012