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SCHLESWIG-HOLSTEIN/1946: Finanzausgleich - Reform zu Lasten der Dörfer? (Landtag)


Der Landtag Schleswig-Holstein
Parlamentszeitung Nr. 03 - März 2013

Finanzausgleich: Reform zu Lasten der Dörfer?



Kommunen, die Schulen, KiTas, Büchereien oder Volkshochschulen unterhalten, sollen künftig mehr Geld aus dem kommunalen Finanzausgleich bekommen. Damit will die Nord-Ampel mehr Verteilungsgerechtigkeit schaffen und den klammen Städten unter die Arme greifen. Der Plan stößt vor allem bei der CDU auf Widerstand: Die Koalition wolle den ländlichen Raum finanziell austrocknen und kleineren Gemeinden "durch die Hintertür" eine Gebietsreform aufzwingen, so die Befürchtung.


Der kommunale Finanzausgleich umfasst rund 1,2 Milliarden Euro pro Jahr, davon 960 Millionen Euro an sogenannten Schlüsselzuweisungen für Kommunen mit schwachem Steueraufkommen. Großen Städten wie Lübeck und Kiel, die viele Aufgaben zu bezahlen haben, steht das Wasser bis zum Hals, während kleine Gemeinden mit weniger Aufgaben sogar Rücklagen bilden können. "Das ist kein Naturgesetz, sondern systematisch angelegt", so Innenminister Andreas Breitner (SPD). Der Finanzausgleich müsse "effizient, transparent und gerecht" neu gestaltet werden. Gleichzeitig unterstrich Breitner: "Wir geben die Fläche nicht auf."

Das sah CDU-Fraktionschef Callsen anders: Die Nord-Ampel wolle "funktionierende dörfliche Strukturen zugunsten eines kommunalen Zentralismus beseitigen". An die Koalition gewandt sagte Callsen: "Wenn Sie heute den Zentren mehr Geld versprechen, dann müssen Sie sagen wo das herkommt." Das Regierungslager tue so, als ob die kleinen Gemeinden keine Aufgaben hätten - dabei stünden auch die Dörfer vor großen Herausforderungen, etwa beim Ausbau des Breitbandnetzes.

Wolfgang Kubicki (FDP) und Torge Schmidt (Piraten) warfen der Landesregierung vor, sich um konkrete Aussagen herumzudrücken. Anlass war ein schriftlicher Bericht des Innenministers. Hierin fehlten Stellungnahmen zur Finanzierung der Theater aus dem Finanzausgleich, monierte Kubicki. Auch zur angekündigten Entlastung der Kommunen für die 120 Millionen-Euro-Kürzung der Ausgleichsmasse durch die ehemalige große Koalition gebe es keine Aussage. Schmidt fand den Bericht "unglaublich allgemein gehalten". Er fragte den Minister: "Wo sind detaillierte Informationen zu den einzelnen kreisfreien Städten? Das sind immerhin 60 Prozent der gesamten aufgelaufenen Defizite."

Die Koalitionsfraktionen stellten sich hingegen voll hinter den Kurs des Innenministers. Beate Raudies (SPD) unterstrich, dass bei den Kommunalfinanzen "eine gewisse Schieflage wohl nicht zu leugnen" sei. Deswegen sei es "höchste Zeit für eine Reform".

Der Finanzausgleich müsse endlich "zeitgemäßer gestaltet werden", mahnte auch die Abgeordnte der Grünen Ines Strehlau. Derzeit enthalte er beispielsweise immer noch überholte Bestimmungen wie eine "Zonenrandförderung" für den Kreis Herzogtum Lauenburg. Und Lars Harms (SSW) betonte, es müssten künftig zuerst die kommunalen Aufgaben definiert werden - damit dann "die Geldströme so gestaltet werden können, dass diese Aufgaben auch gelöst werden können".

(Drucksache 18/477)


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ZAHLEN & FAHRPLAN

Die Landesregierung schätzt, dass das kommunale Defizit in Schleswig-Holstein zum Jahresende 2011 bei rund 900 Millionen Euro lag. Über 80 Prozent dieser Summe entfallen auf 16 Kommunen - die vier kreisfreien Städte Lübeck, Kiel, Neumünster und Flensburg, sechs Landkreise sowie sechs kreisangehörige Städte. Die über 1.100 kleinen Gemeinden legen dagegen größtenteils ausgeglichene Bilanzen vor.

Zurzeit läuft eine "Dialogphase" zwischen dem Land und den Kommunalverbänden. Das Innenministerium will zudem externe Gutachter einschalten. Im Spätsommer soll sich das Kabinett mit dem Thema befassen, bis zum Jahresende will die Regierung dann dem Landtag einen Gesetzentwurf zuleiten. Zum Jahresanfang 2015 soll der neue Finanzausgleich in Kraft treten. Auch der Innen- und Rechtsausschuss debattiert das Thema weiter.

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Quelle:
Der Landtag Schleswig-Holstein, Nr. 03 im März 2013, S. 8
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. April 2013