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SCHLESWIG-HOLSTEIN/1951: Landtag fordert den "Doppelpass" (Landtag)


Der Landtag Schleswig-Holstein
Parlamentszeitung Nr. 03 - März 2013

Aus dem Plenum
Landtag fordert den "Doppelpass"



Bin ich Deutscher oder Türke? Viele Kinder aus Einwandererfamilien müssen zurzeit eine Grundsatzentscheidung fällen. Eine breite Mehrheit im Landtag will den "Doppelpass": Kinder ausländischer Eltern, die in Deutschland geboren sind, sollen sich bei Volljährigkeit nicht mehr zwischen der deutschen Staatsbürgerschaft und dem Herkunftsland ihrer Eltern entscheiden müssen.


Die bisherige Optionspflicht werde "der Lebensrealität vieler Menschen in unserem Land nicht mehr gerecht", sagte Christopher Vogt (FDP) im Einklang mit Nord-Ampel und Piraten. Nun soll die Landesregierung in Berlin aktiv werden. Lediglich für die Union hat sich die Regelung grundsätzlich bewährt. Staatsangehörigkeit hat immer auch etwas mit Identifikation zu tun", betonte Astrid Damerow (CDU). Sie sieht an anderer Stelle Handlungsbedarf: Die Heranwachsenden wüssten oft zu wenig über die einzuhaltenden Fristen und die rechtliche Bedeutung des Optionsmodells, so Damerow. Deswegen fordern die Christdemokraten eine bundesweite Informationskampagne. Ein großer Teil der Betroffenen stammt aus türkischen Familien.

Demgegenüber gebe es nach derzeitigem Recht Ausnahmeregeln für insgesamt 54 Nationen, wie die SPD-Abgeordnete Serpil Midyatli herausstrich. Für EU-Bürger wie auch für Bürger vieler afrikanischer und amerikanischer Länder sei der Doppelpass möglich - nur Türken seien ausgenommen. Dies sei eine "eindeutige Diskriminierung" türkischer Einwanderer, so Midyatli, die selbst aus einer türkischen Familie stammt.

"Das Argument, man müsse sich für eine Herkunftsidentität entscheiden, ist absolut nicht mehr zeitgemäß", sagte Eka von Kalben (Grüne), und Angelika Beer (Piraten) unterstrich das Recht der Jugendlichen, "ihre Identität mit uns zu leben".

Lars Harms (SSW) kritisierte, Deutsche würden derzeit "per Verwaltungsakt" zu Nicht-Deutschen gemacht, ohne dass sie sich etwas zuschulden kommen ließen. Und Innenminister Andreas Breitner (SPD) sprach von einem "bürokratischen Monster", das für Behörden wie für Betroffene kaum verständlich sei.

(Drucksachen 18/431neu, /517)


Kasten
 
STICHTAG: 23. GEBURTSTAG

Laut dem Optionsmodell aus dem Jahr 2000 dürfen Kinder mit Eltern aus zahlreichen Nicht-EU-Ländern nur bis zum 18. Geburtstag die doppelte Staatsangehörigkeit haben. Dann müssen sie sich spätestens bis zum 23. Geburtstag für Deutschland oder das Heimatland der Eltern entscheiden. Die Regelung gilt ab dem Geburtsjahr 1990. Das bedeutet auch: In diesem Jahr feiert die erste Generation der Betroffenen ihren 23. Geburtstag. Damit stehen bundesweit schätzungsweise 3.000 junge Menschen vor der Entscheidung, welchen Pass sie künftig in der Tasche haben wollen. Lassen sie den Termin verstreichen, droht ihnen die Ausbürgerung aus ihrem Geburtsland. Die Zahl der Betroffenen wird Schätzungen zufolge in den kommenden Jahren stark ansteigen.

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Quelle:
Der Landtag Schleswig-Holstein, Nr. 03 im März 2013, S. 6
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. April 2013