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SCHLESWIG-HOLSTEIN/2030: Haushalt 2014 steht (Landtag)


Der Landtag Schleswig-Holstein
Parlamentszeitung Nr. 09 - Dezember 2013

HAUSHALT 2014 STEHT
Sechs Stunden Schlagabtausch über zehn Milliarden Euro



Schleswig-Holsteins Landeshaushalt für 2014 ist in trockenen Tüchern. Nach einem mehr als sechsstündigen Rede- und Abstimmungsmarathon beschloss der Landtag am 11. Dezember den Etat. Die Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und SSW stimmten mit ihrer Ein-Stimmen-Mehrheit geschlossen dafür und brachten damit ihren zweiten Haushalt seit der Regierungsübernahme durchs Parlament; CDU, FDP und Piraten waren dagegen. Die Opposition warf der Nord-Ampel vor, trotz positiver Eckdaten immer noch neue Schulden zu machen, die Bürger zusätzlich zu belasten und zu wenig in die Infrastruktur zu investieren. Vertreter von Rot, Grün und Blau hielten dagegen: Die Vorgaben der Schuldenbremse würden deutlich eingehalten, und Schleswig-Holstein werde mit Extra-Investitionen in Bildung und Sozialprojekte fit für die Zukunft gemacht. Der Landtag debattierte den Haushalt vor dem Hintergrund historisch günstiger Rahmenbedingungen. Noch nie zuvor nahm das Land so viele Steuern ein, noch nie war das Zinsniveau so niedrig, und zudem profitiert der Norden von Extra-Euros aus Berlin wegen des günstigen Bevölkerungszensus.


Die Kerndaten:

Die Netto-Ausgaben steigen auf 10,004 Milliarden Euro, 3,7 Prozent mehr als 2013. Die Neuverschuldung ist mit 287 Millionen Euro angesetzt. Das sind 90 Millionen weniger als nach den Vorgaben der Schuldenbremse erlaubt. Laut dieser Verfassungsregel muss das Land sein strukturelles Defizit Schritt für Schritt abbauen, um spätestens 2020 ohne neue Verbindlichkeiten auszukommen. Zunächst aber wächst der Schuldenstand des Landes weiter, auf über 28 Milliarden Euro. Im Jahr 2013 waren Neuschulden von 450 Millionen vorgesehen, wegen der sprudelnden Einnahmen war kurz vor Jahresende aber sogar eine "schwarze Null" möglich. Es wäre der erste ausgeglichene Landeshaushalt seit 1962.

Im Landesdienst fallen 2014 gut 600 Stellen weg. Dennoch steigen die Personalausgaben um 76 Millionen auf 3,66 Milliarden Euro, wegen wachsender Pensions- und Gehaltskosten. Das Personal bleibt damit der größte Etatposten des Landes. Die Investitionen sinken 2014 von 762 Millionen auf 736 Millionen Euro. Für Zinsen sind 909 Millionen Euro eingeplant, 66 Millionen weniger als im Vorjahr. Die Zuschüsse in den Kommunalen Finanzausgleich steigen von 1,2 auf 1,4 Milliarden.


Das sagt die Opposition:

CDU, FDP und Piraten übten Grundsatzkritik am Kurs der Koalition - und scheiterten mit einer Flut von Änderungsanträgen. Union und Liberale attackierten insbesondere die Extra-Belastungen, die auf Bürger und Unternehmen zukommen. So steigt die Grunderwerbsteuer um 1,5 Punkte auf den bundesweiten Spitzenwert von 6,5 Prozent. Das bringt dem Land 66 Millionen Euro und den Kommunen 15 Millionen. Die Wasserabgabe soll ab Januar von elf auf zwölf Cent pro Kubikmeter steigen. Dadurch sollen die Einnahmen für den Gewässerschutz um 8,3 auf 45 Millionen Euro anwachsen. Diese Aufschläge seien ein "Skandal", schimpfte Oppositionsführer Johannes Callsen (CDU).

Callsen warf der Landesregierung zudem eine "Politik, die Zukunft verweigert", vor. Insbesondere die Grünen seien Blockierer und Bremser. So sinke die Investitionsquote auf ein historisches Tief, gleichzeitig betreibe die Nord-Ampel aber eine "verantwortungslose Gießkannen-Politik" für die eigene Klientel. Callsens Schlussfolgerung mit Blick auf den neuen Image-Slogan des Landes: "Ihre Politik macht aus dem 'echten Norden' einen schlechten Norden." CDU-Finanzexperte Tobias Koch nannte es doppeltes und dreifaches Glück, dass das Land zum ersten Mal seit 50 Jahren mit einem Haushaltsüberschuss rechnen könne. Dies sei der Nord-Ampel allerdings in den Schoß gefallen - ein Verdienst der schwarz-gelben Vorgängerregierung. Die Union forderte vergeblich zusätzliche Investitionen in Höhe von 32,5 Millionen Euro: 24 Millionen für den Straßenbau, vier Millionen für den Vertretungsfonds, 2,5 Millionen für die Sanierung öffentlicher Sportanlagen sowie mehr Geld für diverse Sozialprojekte. Auch das von CDU, Liberalen und Piraten geforderte Prüfungsrecht des Landesrechnungshofes bei den Wohlfahrtsverbänden schmetterte die Koalition ab.

Heiner Garg (FDP) hielt der Nord-Ampel vor, sie veranstalte "ein bisschen Politik-Klimbim zur ausschließlichen Befriedigung der eigenen Klientel". Garg sprach sich für mehr Investitionen in die Infrastruktur und gegen Kürzungen für die freien Schulen aus. Statt Millionen in eine Biotop-Kartierung zu stecken, sollte das Geld lieber zum Abbau von Sanierungsstaus bei den Krankenhäusern eingesetzt werden. Und: Die FDP forderte erneut die "zeit- und wirkungsgleiche Übertragung" des Tarifvertrages für die Angestellten auf die Landesbeamten: "Damit wollen wir Schleswig-Holstein und den öffentlichen Dienst im Wettbewerb um die besten Fachkräfte stärken und die täglich geleistete harte Arbeit der Menschen gebührend anerkennen."

Torge Schmidt, Fraktionschef der Piraten, mahnte "Vision und Weitblick" an, um jetzt die Weichen für die Zukunft des Landes zu stellen. Bis 2020 gehen rund 10.000 Landesbedienstete in Rente. Das eröffne die "einmalige Chance", die Verwaltungsstrukturen zu überarbeiten und einen "strukturell sinnvollen Stellenabbau" vorzunehmen. Schmidt machte sich zudem für eine "Haushaltsstrategie" mit den Schwerpunkten Bildung, Verwaltungsreform, Pflege und Breitband-Ausbau stark. Kritik übte er an dem von der Koalition eingerichteten Sondervermögen Verkehrsinfrastruktur mit einem Volumen von zehn Millionen Euro: Sondervermögen seien "Tinnef", das Geld solle besser direkt an die Kommunen gehen. Auch die Mittel für einzelbetriebliche Förderung, etwa neun Millionen, wollten die Piraten in die kommunale Infrastruktur stecken. Patrick Breyer (Piraten) setzte sich zudem - ohne Erfolg - dafür ein, die Verbraucherzentralen mit 92.000 Euro zu unterstützen, damit sie kein Personal abbauen müssen.


Das sagen die Koalitionsfraktionen:

Aufgrund der günstigen Hauhaltslage haben die Koalitionsfraktionen Zuschüsse im fünf- bis sechsstelligen Bereich für zahlreiche Projekte eingestellt. Davon profitieren etwa der Aktionsplan zur Integration von Flüchtlingen, die regionalen Bildungszentren, an denen Extra-Klassen mit Deutsch als Zweitsprache laufen, und die kulturelle Arbeit der dänischen Minderheit. Hinzu kommt ein Aktionsplan gegen Homophobie, ein Service Center an der Kieler Uni, wo Studenten bei Fragen zum Bafög und bei der Wohnungssuche beraten werden, und ein Zuschuss für eine ehrenamtliche Grabung in Groß Pampau (Kreis Herzogtum Lauenburg), wo Forscher ein elf Millionen Jahre altes Walskelett gefunden haben. Dies sei keine "Klientelpolitik", so SPD-Fraktionschef Ralf Stegner, sondern man werde "das Leben der Menschen in Schleswig-Holstein verbessern".

Stegner sprach von einer "Mäkel- und Mecker-Opposition ohne sinnvolle Konzepte" und hob hervor: "Wir machen eine bessere Politik für Bildung, Umwelt, gute Arbeit und soziale Gerechtigkeit." Die Nord-Ampel beseitige die "kalte Rotstiftpolitik" der schwarz-gelben Vorgängerregierung: "Besinnungsloses Kürzen wird durch eine vorsorgende Finanzpolitik ersetzt." Das zeige sich an den steigenden Ausgaben für Unterrichtsversorgung, Kita-Ausbau, Hochschulen, Minderheiten, Sozialprojekte, Infrastruktur und Energiewende. Dabei werde die Schuldenbremse in der Landesverfassung "ohne Wenn und Aber eingehalten". Zu den derzeit günstigen Rahmenbedingungen sagte Stegner: "Wir mögen auch Glück haben bei der Haushaltsentwicklung. Das Glück ist aber auf Dauer nur mit den Tüchtigen." SPD-Finanzsprecher Lars Winter betonte, die Koalition investiere "so viel Geld wie nötig" und halte trotzdem am Schuldenabbau fest. Kernpunkt sei "Bildung, Bildung, Bildung".

Auch kleine Summen seien wichtig, besonders für Benachteiligte, betonte Eka von Kalben, Fraktionsvorsitzende der Grünen: "Sie sorgen für den sozialen Zusammenhalt und Toleranz und Vielfalt in diesem Land." Der Haushalt sei kein kaltes Zahlenwerk. "Die Küstenkoalition sagt ganz klar, wie sie den Erhalt und die Verbesserung der Lebensqualität in Schleswig-Holstein erreichen will und auch, wie sie ihn finanziert", unterstrich von Kalben. Rasmus Andresen (Grüne) geißelte die von der Opposition vorgelegten Haushaltsanträge. Die CDU rechne nicht seriös, und die FDP wolle eine deutlich höhere Neuverschuldung, "die gefährlich nahe an die Verfassungsgrenze stößt".

Lars Harms, Vorsitzender des SSW im Landtag, empfahl der Opposition, einen "objektiven Blick" auf den Haushalt zu werfen. Er erinnerte an die positive Bewertung des Zahlenwerks durch den Stabilitätsrat. Der habe festgestellt, so Harms, "dass Schleswig-Holstein unter der rot-grün-blauen Regierung zu einem Land wird, dem keine Haushaltsnotlage mehr droht". Somit seien die jährlichen Hilfszahlungen aus Berlin in Höhe von 80 Millionen Euro gesichert.


Das sagt die Landesregierung:

114 Millionen nimmt das Land im kommenden Jahr mehr ein als zunächst geplant. Grund sind die höheren Steuereinnahmen und der Bevölkerungs-Zensus. Vor diesem Hintergrund hat die Landesregierung ihren Ursprungsentwurf aus dem September nachjustiert. Das Sondervermögen Hochschulsanierung in Höhe von 40 Millionen Euro wird auf 76 Millionen Euro aufgestockt. Weitere 12,5 Millionen gehen in die Sanierung der Landesstraßen, so dass hier 38,5 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Außerdem werden über zwei Jahre insgesamt neun Millionen in die Unterrichtsversorgung gesteckt. Rund elf Millionen geht in die Versorgung von Flüchtlingen.

"Dieser Haushalt setzt klare politische Schwerpunkte", sagte Ministerpräsident Torsten Albig (SPD): "Wir bringen unser Land weiter voran und rüsten es für die Zukunft." Nach "vielen Schritten in die falsche Richtung" komme nun "ein erster Schritt in die richtige Richtung." Der Regierungschef verteidigte die geplante Erhöhung der Grunderwerbssteuer: "Das ist eine strukturell wirksame Einnahme, und darum geht es", sagte er. Der Haushalt enthalte zudem "Puffer", die zum Beispiel die mögliche Zins-Entwicklung berücksichtigen.

"So viel Glück im finanziellen Bereich hatte unser Land lange nicht mehr", sagte Finanzministerin Monika Heinold (Grüne). Dennoch stehe Schleswig-Holstein vor Herausforderungen: "In den nächsten Jahren erwartet uns Planbares und Nicht-Planbares" - so könne das Land die europaweite Konjunktur und die Zinsentwicklung "nur begrenzt beeinflussen". Auch die angeschlagene HSH Nordbank könne zum Risiko für den Haushalt werden. Heinold unterstrich den Konsolidierungskurs, der auf eine "schwarze Null" im Jahr 2020 hinausläuft. Bis dahin dürfe nicht nur gespart werden, sondern es sei auch ein Investitionsstau zu beheben.

(Drucksachen 18/941, /942, /1345, /1346, /1347, /1348, /1350, /1404)

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Quelle:
Der Landtag Schleswig-Holstein, Nr. 09 im Dezember 2013, S. 4-6
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages
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Tobias Rischer, Referatsleiter
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Februar 2014