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SCHLESWIG-HOLSTEIN/2123: Haushalt 2016 - Neue Aufgaben, höhere Ausgaben, scharfe Kritik (Landtag)


Der Landtag - Nr. 04 / Dezember 2015
Die Parlamentszeitschrift für Schleswig-Holstein

PLENUM
Haushalt 2016: Neue Aufgaben, höhere Ausgaben, scharfe Kritik


Nach sechs Stunden Debatte hat der Landtag Mitte Dezember den Haushalt für das Jahr 2016 beschlossen. SPD, Grüne und SSW stimmten für das Elf-Milliarden-Euro-Paket, die Opposition war geschlossen dagegen. Aus Sicht von CDU, FDP und Piraten investiert die Koalition trotz Steuereinnahmen in Rekordhöhe und Niedrigzinsen viel zu wenig. Die Koalition argumentiert, die Mehreinnahmen seien für höhere Personal- und Flüchtlingskosten sowie für Bildung und Soziales verwendet worden.


Flüchtlinge: 816 Millionen Euro, 1.000 neue Stellen

Die große Unbekannte im Haushalt sind die Ausgaben für Flüchtlinge. Das Land rechnet für 2016 mit 27.200 zusätzlichen Asylbewerbern. Diese Zahl basiert auf Schätzungen der Bundesregierung - ob sie zutreffen wird, steht in den Sternen. Zum Vergleich: 2015 kamen rund 50.000 Asylbewerber nach Schleswig-Holstein.

816 Millionen Euro statt der ursprünglich vorgesehenen 314 Millionen hat die Landesregierung für diesen Zweck eingestellt. Hiervon sollen 1.000 neue Stellen im Landesdienst geschaffen werden - unter anderem 298 im Landesamt für Ausländerangelegenheiten, 280 für Lehrer, 200 für Polizisten, 25 an den Gerichten und 20 beim Verfassungsschutz. 190 Millionen Euro sollen für Unterkünfte ausgegeben werden. Hinzu kommen 421 Millionen für die Betreuung der Flüchtlinge und für Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Die Kommunen bekommen 10,9 Millionen Euro zusätzlich.

Mit Blick auf diese Extra-Ausgaben sprach Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) von einem "Haushalt, der Haltung mit Taten verbindet". Er gebe "die Antwort auf die Frage: Wie sollen wir das schaffen?" Oppositionsführer Daniel Günher (CDU) warf Rot-Grün-Blau hingegen vor, dass "keine einzige Ihrer zusätzlichen Ausgaben vernünftig gegenfinanziert ist".

Investitionen: Bildung kontra "Beton"

791 Millionen Euro will die Landesregierung im Jahr 2016 in Straßen und Gebäude investieren. Die Investitionsquote liegt damit bei 7,2 Prozent. Zum Vergleich: 2010 waren es 10,6 Prozent, 2004 lag die Quote bei 8,4 Prozent. CDU-Finanzexperte Tobias Koch beklagte den "nie dagewesenen Tiefpunkt" bei den Investitionen. CDU und FDP forderten vergeblich 70 beziehungsweise 95 Millionen Euro mehr für die Infrastruktur.

Lars Harms (SSW) machte eine andere Rechnung auf. Die Koalition schaffe über 1.500 Lehrerstellen und 314 Stellen für Schulassistenten. 17,8 Millionen Euro gehen in die Schulsozialarbeit, zehn Millionen an die Hochschulen und 25,9 Millionen an die Kitas. Auch dies seien Investitionen in die Zukunft des Landes - "völlig egal, ob diese Maßnahmen dann dazu führen, dass die rechnerische Investitionsquote in Beton sinkt".

Den Sanierungsbedarf der Infrastruktur des Landes hat die Regierung auf 4,85 Milliarden Euro beziffert. Um gegenzusteuern, hat die Koalition zusammen mit dem Haushalt das 2,2 Milliarden Euro schwere Sondervermögen "Impuls 2030" beschlossen. Das Geld soll ab 2018 in die Verkehrswege sowie das Bildungs- und Gesundheitswesen fließen.

Verwaltung: Beauftragte und Krisen-PR

Die Koalition hat eine Ombudsperson für die Kinder- und Jugendhilfe und einen Polizeibeauftragten etabliert. Beide sollen der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten, Samiah El Samadoni, zugeordnet werden. Sie erhält fünf zusätzliche Stellen. Dafür sind 205.000 Euro vorgesehen. Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben wehrte sich gegen die Kritik am Polizeibeauftragten: "Warum soll die Bundeswehr einen Wehrbeauftragten haben, aber die Polizei nicht?" In Rheinland-Pfalz habe sich dieser Posten bewährt. Heiner Garg (FDP) kritisierte hingegen das "Misstrauensvotum" gegen die Ordnungshüter.

Die Landesregierung hat außerdem ihre Repräsentationsmittel erhöht und 200.000 Euro für "Krisenkommunikation" veranschlagt. Auch hier ging Garg auf Gegenkurs. Statt einer "luxuriösen PR-Ausstattung" empfahl er dem Kabinett "eine bessere Politik".

Schuldenbremse: der 39-Millionen-Puffer

Die Neuverschuldung steigt auf 272 Millionen Euro. Im Juli waren noch 52 Millionen Euro vorgesehen. Damit verfehlt Schleswig-Holstein zum ersten Mal die strengen Landesvorgaben zur Schuldenbremse, die seit 2009 in der Verfassung verankert ist. Die weniger strikte Bundesvorschrift wird jedoch eingehalten. Hier gibt es einen Puffer von 39 Millionen Euro zur erlaubten Obergrenze.

Die Koalition nutze ihre "gegebenen Handlungsmöglichkeiten" für eine "solide, aber nicht unsoziale Politik", argumentierte SPD-Fraktionschef Ralf Stegner. Torge Schmidt (Piraten) sah die Haushaltsentwicklung hingegen als Alarmsignal und forderte einen strikten Sparkurs: "Alle Ausgaben müssen auf den Prüfstand."

(Drucksache 18/3597)

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Quelle:
Der Landtag, Nr. 04 / Dezember 2015, S. 17
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. März 2016

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