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SCHLESWIG-HOLSTEIN/2124: Handy an der Schule - Zur Pause darf es klingeln (Landtag)


Der Landtag - Nr. 04 / Dezember 2015
Die Parlamentszeitschrift für Schleswig-Holstein

PLENUM
Handy an der Schule: Zur Pause darf es klingeln


Handys für Kinder und Jugendliche sind ein Streitthema. Eltern und Lehrer finden, sie lenken ab, rauben Zeit und stören - deswegen hätten die Mobiltelefone in Schulen auch nichts zu suchen. Doch "ein generelles Handy-Verbot ist rechtswidrig und unverhältnismäßig", stellte Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) in der November-Tagung klar. Allerdings obliege es jeder Schule, über Nutzungseinschränkungen, etwa im Unterricht oder bei Prüfungen, eigenverantwortlich zu entscheiden.


Angestoßen wurde die Debatte von den Piraten, nachdem der Wissenschaftliche Dienst des Landtages zuvor ebenfalls ein pauschales Handy-Verbot als unzulässig eingestuft hatte (siehe unten). "Wir wollen, dass moderne Medien und deren Einsatz in Schulen positiv betrachtet und gewinnbringend in die pädagogischen Konzepte der Schulen eingebracht werden", begründete der schulpolitische Sprecher der Oppositionsfraktion, Sven Krumbeck, den Vorstoß. Seine zusätzliche Forderung an Ministerin Ernst: Sie soll die Schulen auffordern, umgehend ein medienpädagogisches Konzept zu entwickeln, denn "Schule als Lernort kann nur gelingen, wenn wir aus ihr keine konstruierte weltfremde Welt machen". Die Ministerin antwortete umgehend: Die Hälfte der Schulen im Land habe so ein Konzept bereits. Vorschreiben wolle sie es der anderen Hälfte aber nicht.

Trotz grundsätzlicher Einigkeit in der Sache gab es von den anderen Fraktionen Kritik am Piraten-Antrag. Ihr sei keine einzige Lehranstalt im Land mit einem generellen Handy-Verbot bekannt, betonte Heike Franzen (CDU). Sie forderte zugleich: "Wir sollten die Schulen nicht mit weiteren Konzepten überziehen, denn sie haben ganz andere Probleme." In die gleiche Richtung argumentierte Kai Vogel (SPD). Schulen sollten selbst ihre Schwerpunkte festsetzen und das Problem der Handy-Nutzung über die Schulkonferenz intern lösen, sagte er.

Für Anita Klahn ist es vor allem Sache der Eltern, ihren Kindern "einen vernünftigen Umgang mit dem Handy" beizubringen. Zudem verwies die FDP-Bildungsexpertin auf den staatlichen Erziehungsauftrag, der einen störungsfreien Unterricht vorschreibe. Anke Erdmann von den Grünen hob hervor, dass es in den Pausen um echte, persönliche und nicht um virtuelle Begegnungen gehe. Auch Eltern müssten lernen, dass ihre Kinder nicht jederzeit für sie erreichbar sind.

Jette Waldinger-Thiering (SSW) erklärte, die Schule der Zukunft müsse technische Innovationen integrieren und nicht verbieten. Es mache Sinn, die verschiedenen Funktionen eines Handys auch im Schulalltag zu nutzen.

Der Bildungsausschuss berät den Antrag weiter. Unter anderem soll dann auch das Thema Cyber-Mobbing erörtert werden. Darunter versteht man Diffamierung, Belästigung, Bedrängung und Nötigung anderer Menschen mit Hilfe elektronischer Kommunikationsmittel.

(Drucksache 18/3522)



Das Gutachten: Grundrechte kontra Spickzettel

Schulen dürfen nach Ansicht des Wissenschaftlichen Dienstes zwar kein generelles Handy-Verbot aussprechen. Sie dürfen aber die Nutzung einschränken, in begründeten Einzelfällen auch verbieten. Während des Unterrichts sollen die Telefone grundsätzlich ausgeschaltet bleiben, um den Schulbetrieb nicht zu stören - es sei denn, der Lehrer fordert zum Gebrauch auf. In den Pausen kann die Nutzung in Ausnahmefällen beschränkt werden, in Freistunden sowie vor und nach dem Unterricht jedoch nicht. Hier würde ein Verbot in Grundrechte wie das Allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Eigentumsgarantie und die Meinungs- und Informationsfreiheit eingreifen. Klare Vorgaben macht das Gutachten bei Klassenarbeiten, Klausuren, Tests und Abschlussprüfungen. Das Mitführen eines Mobiltelefons könne als Täuschungsversuch gewertet werden, da das Telefon als "elektronischer Spickzettel" genutzt werden könnte. Zieht die Schule ein Handy als erzieherische Maßnahme ein, so muss der Schüler sein Gerät noch am selben Tag zurückerhalten.

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Quelle:
Der Landtag, Nr. 04 / Dezember 2015, S. 18
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. März 2016

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