Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE


SCHLESWIG-HOLSTEIN/2221: Wege aus der Wohnungsnot (Der Landtag)


Der Landtag - Nr. 03 / September 2018
Die Parlamentszeitschrift für Schleswig-Holstein

Wege aus der Wohnungsnot
Debatte über sozialen Wohnungsbau und Verfassungsergänzung


Bezahlbare Wohnungen sind vielerorts ein knappes Gut. Insbesondere in Kiel und Lübeck, im Hamburger Rand und auf Sylt sind viele Menschen auf der Suche nach einer Bleibe. Der Landtag debattierte im Juli, wie die Politik die Wohnungsnot bekämpfen kann. Jamaika verweist auf Erfolge im sozialen Wohnungsbau, SPD und AfD wollen das "Recht auf angemessenen Wohnraum" in der Landesverfassung verankern. Die Sozialdemokraten übernahmen wörtlich den Vorschlag einer Volksinitiative von Sozialverband und Mieterbund (s. Kasten).


Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) verwies auf "große Erfolge" im sozialen Wohnungsbau. In der Förderperiode 2015 bis 2018 werden 530 Millionen Euro in den Neubau und die Renovierung von mehr als 4.000 Wohnungen fließen, so der Minister. Für die kommenden drei Jahre seien jeweils 150 Millionen Euro eingeplant.

Jörg Nobis (AfD) wies darauf hin, dass die vom Bund 2015 eingeführte Mietpreisbremse "wirkungslos" geblieben sei. Da das Recht auf Wohnen aber ein "international verbrieftes Menschenrecht" sei, sei das Land nun in der Pflicht, das Anrecht auf eine "sichere, angemessene und dauerhaft finanzierbare Wohnung" in seiner Verfassung festzuschreiben.

Peter Lehnert (CDU) strich heraus, dass der Bau neuer Mietswohnungen nicht der einzige Weg sei: "Die private Wohneigentumsbildung ist in Deutschland im Vergleich zum europäischen Ausland deutlich unterdurchschnittlich." Neben dem Neubau schlug er zudem den Umbau von Bürogebäuden und den Ausbau von Dachgeschossen vor.

Özlem Ünsal (SPD) merkte an, "dass die reine Aufnahme in die Landesverfassung das Problem nicht löst". Es sei aber "eine klare politische Ansage, wohin die Reise gehen muss". Die SPD habe deswegen "als einzige Partei" die Volksinitiative für mehr Wohnraum "seit ihrem Beginn mit allen Kräften unterstützt".

Andreas Tietze (Grüne) hielt "den Zeitpunkt für eine Änderung der Landesverfassung jetzt nicht für gegeben". Denn ein neuer Verfassungsartikel werde "die Wohnungsnot im Moment nicht lindern". Stattdessen gelte es, die vorhandenen "Instrumente" zu nutzen und den Landesentwicklungsplan und die Landesbauordnung nachzubessern.

Jan Marcus Rossa (FDP) hielt eine Verfassungsergänzung für überflüssig, weil es "ein entsprechend gravierendes Problem und Bedürfnis" nicht gebe. Lediglich ein Zehntel des jährlichen Mehrbedarfs von 15.000 Wohnungen falle in den Bereich des staatlich geförderten Wohnungsbaus. Rossa warnte daher vor einer "Überdramatisierung".

Lars Harms (SSW) war ebenfalls gegen eine Verfassungsänderung: "Faktisch wird damit keine einzige Wohnung geschaffen." Er warb für den barrierefreien Umbau von leerstehenden Häusern auf dem Land und für ein "Wohnraumschutzgesetz", das die Umwandlung in Ferienwohnungen reglementiert.


KASTEN
Wohnraum-Initiative sammelt weiter Unterschriften

Ende September hat die von Sozialverband und Mieterbund gestartete Volksinitiative für bezahlbaren Wohnraum nach eigenen Angaben 25.000 Unterschriften gesammelt. Das sei "ein sehr schöner Erfolg", heißt es bei den Organisatoren der im Februar gestarteten Initiative. In den kommenden Monaten wolle man weitere Unterstützer mobilisieren. Nötig sind zwar nur 20.000 gültige Unterschriften, damit sich der Landtag mit den Forderungen befasst. Mit einer höheren Zahl solle aber "der Druck auf die Politik" erhöht werden. Die Initiative war bereits im Juli Thema im Parlament (s. Artikel oben).

Die Initiatoren beklagen, dass insbesondere in den Großstädten sowie im Hamburger Umland Studenten, Alleinerziehende, Menschen mit schlecht bezahlten Jobs sowie Arbeitssuchende und Rentner um das knapper werdende Angebot auf dem Wohnungsmarkt konkurrieren. Sozialverband und Mieterbund wollen in der Verfassung festschreiben, dass das Land "die Schaffung und Erhaltung von bezahlbarem Wohnraum" fördert - "insbesondere durch Maßnahmen des sozialen Wohnungsbaus, durch Mieterschutz und Mietzuschüsse". Zudem soll eine Wohnung nur geräumt werden dürfen, "wenn Ersatzwohnraum zur Verfügung steht".

*

Quelle:
Der Landtag, Nr. 03 / September 2018, S. 18
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages
Schleswig-Holsteinischer Landtag
Referat für Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement
Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel
Tobias Rischer (V.i.S.d.P.)
Telefon: (0431) 988-0
E-Mail: registratur@landtag.ltsh.de
Internet: www.sh-landtag.de
 
Abonnement und Versand sind kostenfrei.


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. November 2018

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang