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WIRTSCHAFT/2236: Beschluss des SPD-Parteivorstandes - Die Energiewende jetzt umsetzen


SPD-Pressemitteilung 34/12 vom 13. Februar 2012

Beschluss des SPD-Parteivorstandes: Die Energiewende jetzt umsetzen


Der SPD-Parteivorstand hat in seiner Sitzung am 13. Februar 2012 folgenden Beschluss gefasst:

Nachdem die Energiewende von der schwarz-gelben Bundesregierung 2010 mit der Laufzeitverlängerung zunächst ausgehebelt wurde, hat sich im Sommer 2011 der Deutsche Bundestag mit einstimmigem Beschluss für die Fortsetzung der unter Rot-Grün beschlossenen Energiewende entschieden. Dieser Entscheidung sind leider keine Taten gefolgt, die den Prozess der Energiewende in Deutschland voran bringen. Das muss sich endlich ändern.

Die Bundesregierung hat für die Energiewende definiert:

- Steigerung der Energieeffizienz bis 2020 um 20 Prozent,
- Verdoppelung der Sanierungsrate für Gebäude auf 2 Prozent pro Jahr,
- Steigerung der erneuerbaren Energie bis 2020 auf 18 Prozent,
- Minderung der Treibhausgase bis 2020 um 40 Prozent,
- Minderung des Energieverbrauchs im Verkehr bis 2020 um 10 Prozent.

Auf keinem der genannten Felder hat die Bundesregierung nennenswerte Maßnahmen ergriffen, um diesen Zielen einen Schritt näher zu kommen. Im Bereich der Energieeffizienz streiten sich die Ressorts derart, dass eine aktive Rolle Deutschlands bei der Revision der Energieeffizienz-Richtline unmöglich wird. Wenn die Energiewende gelingen soll, muss Deutschland aber genau diese Führungsrolle in Europa übernehmen. Im Bereich der Erneuerbaren steuert Bundesminister Rösler eine Marktprämie an, die den Kern des EEG, die "Einspeisevergütung" aushebelt. Eine solche Marktprämie wird keinen erkennbaren Mehrwert erzeugen oder Anreize für die Entwicklung und den Ausbau und die Entwicklung moderner Speichertechnolgien setzen. Der Klima- und Energiefonds stellt sich nach der vorläufigen Aussetzung der von der Koalition Variante der Kernbrennstoffsteuer infolge mehrerer Gerichtsverfahren als unterfinanziert heraus und wird zugleich mit zusätzlichen Verpflichtungsermächtigungen beladen. Auch beim Ausbau der Netze, beim Neubau von Kraftwerken und bei der Entwicklung von smart grids entspricht die Entwicklung nicht den Notwendigkeiten der Energiewende. Dies sind nur einige Punkte einer verheerenden Bilanz der Bundesregierung.

Die SPD unterstützt die beiden Vorschläge der Ethikkommission zur institutionellen Begleitung der Energiewende:

- "Nationales Forum für die Energiewende" zur Beteiligung der Unternehmen und der Zivilgesellschaft und

- "Parlamentarischer Beauftragter für die Energiewende" zum Monitoring, Controlling und Management.

Im Energiekonzept der SPD, das beim Bundesparteitag im Dezember 2011 verabschiedet wurde, sind diese institutionellen Maßnahmen verankert. Von der Bundesregierung wurden diese Vorschläge nicht aufgegriffen, sie beschäftigen aber aktuell den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages. Ohne eine solche institutionelle Absicherung der Energiewende kann das GEMEINSCHAFTSWERK ENERGIEWENDE nicht gelingen.

Die Energiewende droht zu kippen; mit der fatalen Folge, dass eine Verlängerung der Laufzeiten der AKW?s unausweichlich erscheint und die Chancen der Energiewende für die deutsche Wirtschaft fahrlässig verspielt werden. Die Mahnungen der Betroffenen sprechen deswegen eine klare Sprache. Einige Beispiele:

- BDI: Eindeutige Verantwortlichkeiten, die bislang fehlen. Beendigung des Konkurrenzkampfes innerhalb der Bundesregierung. Aufbau eines Kontrollzentrums Energiestrategie Deutschlands.

- IGBCE: Es fehlt der Bundesregierung an Koordination und Entscheidungen. Wenn das so weitergeht wie bisher, dann wird das nichts mit der Energiewende.

- Wirtschaftsverband Baustoffe, Steine und Erden: Die Energiewende verlangt ein vorausschauendes Projektmanagement.

- Unternehmen: Sie klagen über politische Unbeständigkeit, fehlende Planungssicherheit und Missachtung der wirtschaftlichen Chancen der Energiewende.

- Deutscher Mieterbund: Er fordert verlässliche Rahmenbedingungen und eine stete Förderpolitik.

- Die Oberbürgermeister aus der Initiative "Nachhaltige Stadt": Mit den bisherigen Entscheidungen der Bundesregierung ist die angestrebte Sanierung der Gebäude nicht machbar.

Es darf bei der Energiewende nicht bei blossen Lippenbekenntnissen der Bundesregierung bleiben. Scheinbar ist die Kanzlerin unfähig, die richtigen Taten folgen zu lassen, um die Energiewende glaubhaft fortzuführen. Darüber muss JETZT gesprochen werden. Und nicht erst dann, wenn das Scheitern der Energiewende zur Wirklichkeit wird.

Wir wollen, dass die Energiewende gelingt.
Wir verstehen die Energiewende als ein Gemeinschaftswerk.
Wir sehen die Energiewende als eine Chance für unser Land.
Wir wollen, dass die Energiewende zum Exportschlager wird.

Darum fordern wir die Bundesregierung auf, endlich gegenzusteuern. Es geht um eine glaubwürdige Umsetzung der einstimmigen Beschlüsse des Deutschen Bundestages. Dieser Prozess der Umsetzung verlangt Kompetenz, Konsistenz und Transparenz und zwar mindestens in drei Bereichen:

1. Als erstes und wichtigstes muss Ordnung innerhalb der Bundesregierung geschaffen werden. Der koalitionspolitisch motivierte Konkurrenzkampf zwischen verschiedenen Ressorts muss aufhören. BMU und BMWI werden wechselseitig zum Bremser für die Energiewende. Die Kompetenzen in der Energiepolitik aus dem Wirtschafts-, Umwelt- und Verkehrsministerium müssen gebündelt werden. Die SPD unterstützt ein eigenes Energieministerium, das aus einem Guss das für Gesellschaft und Industrie überlebenswichtige Projekt der Energiewende umsetzt.

2. Die Energiewende ist eine gemeinsame Herausforderung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Sie kann nur als Gemeinschaftswerk gelingen - mit einem Zusammenwirken aller Beteiligten und Interessierten. Vertrauen in den Prozess ist Voraussetzung für ein Gelingen. Das kommt nicht von alleine, das muss organisiert werden - in einem Nationalen Forum Energiewende. Die SPD wird für eine Beteiligung aller Akteure in einem solchen Nationalen Forum Energiewende werben.

3. Die Energiewende besteht aus einer Vielzahl von Einzelentscheidungen, die von ganz unterschiedlichen Akteuren getroffen werden: Teilweise von der Bundesregierung, zu einem großen Teil von Unternehmen, teilweise von Landesregierungen, teilweise von der Wissenschaft, auf wichtigen Gebieten von Kommunen und nicht zuletzt von den Menschen, den Bürgerinnen und Bürgern, die als Konsumenten, als Mieter oder Hausbesitzer und als Verkehrsteilnehmer ihre eigenen Entscheidungen treffen. Ob das alles zueinander passt und zu der angestrebten Energiewende führt, bedarf der sorgfältigen Beobachtung und Überprüfung, ob die getroffenen Entscheidungen tatsächlich zum Ziel führen und ob auf einzelnen Gebieten nachgesteuert werden muss. Die verschiedenen Informationen müssen an einer Stelle zusammenfließen. Die Auswertung kann nur dann zu einem konsistenten Gesamtbild führen, wenn die Verantwortung in einer Hand liegt. Die Architektur für dieses Management kann nur die Bundesregierung schaffen. Hier muss die Bundesregierung endlich gestalten.

Die Energiewende ist seit der Wiedervereinigung das größte und anspruchsvollste Projekt in Deutschland. Dieses Gemeinschaftswerk verlangt ganz wesentliche Veränderungen unserer Infrastruktur, die Modernisierung unserer Industrie und zugleich eine breite Akzeptanz in der Gesellschaft. So wie das in den letzten Monaten von der Bundesregierung behandelt wurde, kann und darf es nicht weitergehen. Wir sind heute von einem Gemeinschaftswerk "Energiewende" weiter entfernt als zum Zeitpunkt der Entscheidung für eine Energiewende.


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Quelle:
SPD-Pressemitteilung 34/12 vom 13. Februar 2012
Herausgeber: SPD Parteivorstand, Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Februar 2012