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AFRIKA/998: Kenia - Menschenrechtsaktivisten haben einen schweren Stand (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 19. Mai 2011

Kenia: "Nicht im nationalen Interesse" - Menschenrechtsaktivisten haben einen schweren Stand

Von Robbie Corey-Boulet


Nairobi, 19. Mai (IPS) - Auf ihrem Weg von Daressalam nach Nairobi kam Clara Gutteridge nicht weit: "Sie sind verhaftet", erklärten kenianische Grenzpolizisten an Nairobis internationalem Jomo Kenyatta-Flughafen der britischen Anwältin und Menschenrechtsexpertin. Nach einer Nacht in der Arrestzelle wurde die Aktivistin ausgewiesen.

Zu einer genauen Begründung der Abschiebung war Kenias Einwanderungsbehörde nicht bereit. In einer Erklärung hieß es lapidar: "Gutteridges Anwesenheit in Kenia ist unerwünscht. Sie liegt nicht im nationalen Interesse des Landes."

Die britische Juristin hatte im Auftrag der Menschenrechtsorganisation 'Open Society Justice Initiative' im tansanischen Daressalam die Hintergründe untersucht, die dort zur Verhaftung angeblicher tansanischer Terroristen geführt hatten.


Konzertierte Aktion ostafrikanischer Staaten

Nach Ansicht von Beobachtern stehen hinter der Ausweisung der unbequemen Menschenrechtsaktivistin die Bemühungen ostafrikanischer Regierungen, die Untersuchung anti-terroristischer Maßnahmen zu erschweren, erst recht nach dem verheerenden Bombenanschlag in Ugandas Hauptstadt Kampala. Dort waren am 12. Juli 2010 beim Public Viewing des Endspiels der Fußballweltmeisterschaft 76 Menschen getötet worden.

Im Gefängnis von Kampala wartet der Kenianer Al-Amin Kimathi seit September 2010 auf seinen Prozess. Die Anklage lautet auf Terrorismus, Mord und Mordversuch. Der Koordinator des 'Muslim Human Rights Forum' in Kenia war in die ugandische Hauptstadt gereist, um das Verfahren gegen mutmaßliche Beteiligte an dem Anschlag zu beobachten. Zu den Angeklagten gehörten auch sieben Kenianer, die ohne Rechtsgrundlage, wie Kenias Oberstes Gericht später befand, an Uganda ausgeliefert worden waren.

Auch Gutteridge war ins Visier ugandischer Behörden geraten. Sie wurde ausgewiesen, als sie im Dezember 2010 die Anhörung über die vorläufige Freilassung der verdächtigten Kenianer gegen eine Bürgschaft beobachten wollte. Im April wurde vier kenianischen Menschenrechtsaktivisten an der ugandischen Grenze die Einreise ohne Erklärung verwehrt, als sie zu einem zuvor vereinbarten Gespräch mit Benjamin Odoki, dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofs von Uganda, anreisten.

"Offenbar blocken Kenias und Ugandas Regierungen alle Bemühungen ab, Licht in diese Fälle zu bringen", stellte Rachel Nicholson von der zivilen Initiative 'East and Horn of Africa Human Rights Defenders Project' fest. "Man will Menschenrechtsaktivisten davon abbringen, den Umgang mit diesen Fällen genauer zu untersuchen."


Aktivisten von Militärs bedroht

Ähnlich besorgt zeigt sich auch Ben Rawlence von der Menschenrechtsorganisation 'Human Rights Watch' (HRW). "Die Entwicklung der Menschenrechte in Ostafrika ist sehr bedenklich", sagte er. Zu Gutteridges Ausweisung aus Kenia meinte er: "Sie wollte nur ihren Job machen und Fehler beim Umgang mit Terrorverdächtigen untersuchen." Ohnehin gehe man in Kenia mit Menschenrechtsaktivisten nicht gerade zimperlich um, klagte er. Etliche seien schon früher aus Kreisen der Sicherheitskräfte bedroht worden.

Wie Rawlence vermutet auch Gutteridge zwischen Uganda und Kenia eine verdeckte Komplizenschaft beim Vorgehen gegen Aktivisten, die seit dem Bombenanschlag in Kampala den Umgang der Strafverfolgungsbehörden mit terrorverdächtigen Angeklagten genauer untersuchen wollen. Die Anwältin bekräftigte: "Wir werden uns trotz aller Widerstände nicht davon abbringen lassen, diese Verfahren weiter zu beobachten." (Ende/IPS/mp/2011)


Links:
http://www.soros.org/initiatives/justice
http://www.hrw.org
http://www.defenddefenders.org/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=55689

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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Mai 2011