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ASIEN/1006: Trong besucht Xi Jinping - Neue Phase der Beziehungen zwischen Vietnam und China eingeleitet (Gerhard Feldbauer)


Generalsekretär der KP Vietnams besuchte Xi Jinping

Parteichefs wollen "neue Phase der Beziehungen" einleiten

von Gerhard Feldbauer, 2. November 2022


Der Generalsekretär der Kommunistischen Partei Vietnams, Nguyen Phu Trong, hat am Dienstag einen dreitägigen Besuch beim Chef der Kommunistischen Partei Chinas und Präsidenten Xi Jinping beendet. Eine Woche nach Abschluss des 20. Nationalkongresses der KPCh, der Xi Jinping zum dritten Mal zum Generalsekretär wählte, war Nguyen Phu Trong der erste ausländische Führer, der auf dessen Einladung mit einer hochrangigen Delegation in Peking weilte. Damit wird Bundeskanzler Scholz, der in dieser Woche nach Peking aufbricht und der dieses Privileg gern beansprucht hätte, die Schau gestohlen.

Beide Seiten berieten die Entwicklung der Beziehungen zwischen ihren Parteien und Ländern, die sich während des Kampfes für Unabhängigkeit und nationale Befreiung gegenseitig wertvolle Hilfe geleistet haben, und wollen diese im Erneuerungs-, Reform- und Öffnungsprozess fortsetzen, dazu ihren Erfahrungsaustausch intensivieren, zum gegenseitigen Nutzen zusammenarbeiten und den der Situation des jeweiligen Landes angemessenen sozialistischen Weg fortzusetzen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Vietnam News Agency (VNA). Die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua hob hervor, dass in den letzten Jahren "wichtige Übereinstimmungen bei der Lenkung der Entwicklung der Beziehungen zwischen China und Vietnam vollständig umgesetzt und bemerkenswerte Ergebnisse erzielt wurden".

In einer gemeinsamen Erklärung bekunden beide Seiten, ihre strategische Kooperationspartnerschaft fortzusetzen, weiter zu fördern und zu vertiefen. Sie bekräftigten die Führung der Kommunistischen Partei bei der Verfolgung des sozialistischen Weges. Zur Bilanz einer "stabilen Entwicklung mit positivem Trend" gehören, wie es bei VNA weiter hieß, "hochrangige Kontakte und Mechanismen der Zusammenarbeit und des Austauschs zwischen den Zentralkomitees der Parteien". Ein 2006 gebildeter gemeinsamer Lenkungsausschuss für die bilaterale Zusammenarbeit, der seitdem 14-mal tagte, habe "mit vielen konkreten Ergebnissen" die wirtschaftliche Zusammenarbeit "nachhaltig gefördert" und dazu beigetragen, dass "die chinesisch-vietnamesischen Beziehungen florieren", bilanzierte Radio Stimme Vietnams.

Seit 2016 ist Vietnam in der ASEAN Chinas größter Handelspartner und seit 2020 Chinas sechstgrößter weltweit, während China seit 18 Jahren in Folge Vietnams größter Handelspartner ist. Der Handel mit China umfasste 2021 165,9 Milliarden Dollar und erreichte im August 2022 mit 117,4 Milliarden Dollar einen Zuwachs von 10,8 % gegenüber dem Vorjahr. Bei Investitionen steht China in Vietnam mit einem Gesamtkapital von 22,42 Milliarden US-Dollar weltweit an 6. Stelle. Bei der Bekämpfung von COVID-19 hat China bis Ende 2021 7,3 Millionen Impfstoffdosen an Vietnam gespendet und etwa 45 Millionen Dosen kommerziell geliefert. Der Besuch hat die konsequente Politik Vietnams bekräftigt, dass die Beziehungen zu China Priorität in seiner Außenpolitik haben.

Ergebnis des Besuches, den Vietnam als Erfolg für sich verbuchen kann, sind 13 Vertragsdokumente, darunter über die Zusammenarbeit zwischen den Kommissionen der Parteiführungen für Außenbeziehungen, für Innere Angelegenheiten, für Politik und Recht, in der Wirtschaft die Sicherstellung der Lieferketten, die Abfertigung der Zollverwaltungen, Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Ökologie und Umwelt. Weitere betreffen die Freundschaftsgesellschaften beider Länder und die Partnerschaft zwischen Hanoi und Peking, Kultur, Sport und Tourismus.

Der Besuch hat dazu beigetragen, Spannungen, die es in den vergangenen Jahren vor allem wegen der Besitzansprüche beider Seiten über die Spratley-Inseln im Golf von Tonkin im Südchinesischen Meer gab, weiter abzubauen. Der zur Delegation gehörende Außenminister Bùi Thanh Son hatte laut VNA dazu geltend gemacht, Meinungsverschiedenheiten im Geiste der Freundschaft und im Einklang mit dem Völkerrecht, einschließlich des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen von 1982 (UNCLOS), zufriedenstellend beizulegen. Jedenfalls vermerkte VNA im Ergebnis der Gespräche in Peking, die Situation im Golf von Bac Bo (vietnamesische Bezeichnung für Tonkin) "ist grundsätzlich stabil". Die Zusammenarbeit erfolge "auf Regierungsebene gemäß den vereinbarten Mechanismen".

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Quelle:
© 2022 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 4. November 2022

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