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ASIEN/796: Malaysia - Mit Mindestlohn auf Wählerfang, Arbeitgeber warnen vor Jobverlusten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 27. März 2012

Malaysia: Mit Mindestlohn auf Wählerfang - Arbeitgeber warnen vor immensen Jobverlusten

von Baradan Kuppusamy


Kuala Lumpur, 27. März (IPS) - Die nächsten Wahlen vor Augen und die wirtschaftliche Konkurrenz asiatischer Nachbarländer im Nacken plant die malaysische Koalitionsregierung der Nationalen Front (NF) die landesweite Einführung eines Mindestlohns. Die Ankündigung treibt Unternehmer und Arbeitgeber auf die Barrikaden. Sie warnen vor der Schließung von fast 200.000 kleinen und mittleren Betrieben und dem Verlust von vier Millionen Jobs.

Arbeitsminister Subramaniam Sinnapan hat die Befürchtungen als "falschen Alarm" zurückgewiesen. Doch Regierungschef Najib Razak hat die Einführung der Mindestlöhne zunächst aufgeschoben. "Ich werde diese Angelegenheit gründlich untersuchen und meine Entscheidung am Tag der Arbeit, am 1. Mai, bekannt geben", zitierte die Tageszeitung 'The Star' Malaysias Ministerpräsidenten.

Im Bundesstaat Selangor, in dem die politische Opposition der Zentralregierung das Sagen hat, sollen Staatsangestellte vom 1. Januar an einen monatlichen Mindestlohn von umgerechnet 487 US-Dollar erhalten. Staatsfirmen, die ihn nicht aufbringen können, werden aus einem Hilfsfonds von fast 98 Millionen Dollar unterstützt.

Nach Angaben des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) ist Malaysia mit einer Bevölkerung von mehr als 28 Millionen Menschen eines der asiatischen Länder mit den größten Einkommensunterschieden. Spitzenverdiener machen 20 Prozent aus, während sich 60 Prozent mit den niedrigsten Löhnen begnügen müssen. Die restlichen 20 Prozent bilden die Mittelklasse und haben alle Mühe, ihre Häuser, Autos und Kreditkarten zu finanzieren.


Mindestlöhne in vielen Ländern Thema

Fabrikbesitzer wehren sich gegen den von der Koalitionsregierung geplanten Mindestlohn für Arbeiter von umgerechnet 293,60 Dollar. Sie behaupten, mit einer Gewinnmarge von drei bis sechs Prozent seien ihre Betriebe schon jetzt kaum überlebensfähig. Zudem würden sie mit höheren Lohnkosten nicht gegen die asiatische Konkurrenz vor allem in China und Indien mithalten können.

Doch in vielen mit Malaysia konkurrierenden Ländern werden bereits Mindestlöhne zur Stärkung des sozialen Netzes gezahlt. In Thailand und Indonesien ist zur Vermeidung sozialer Unruhen eine Lohnerhöhung für schlecht bezahlte Arbeiter im Gespräch, und in Bangladesch, Kambodscha und Sri Lanka verlangen Arbeitsaktivisten Verhandlungen über Mindestlöhne. Selbst in China sollen die Mindestlöhne im Laufe der nächsten fünf Jahre um 13 Prozent angehoben werden.

Malaysias Regierungschef Najib sieht in den vier Millionen Arbeitern, die in Klein- und Mittelbetrieben beschäftigt sind, ein wichtiges Wählerpotential. Viele von ihnen fallen mit ihren Hungerlöhnen unter die für Malaysia offiziell geltende Armutsgrenze von monatlich 247 Dollar. "Ein Mindestlohn von 293 Dollar wäre großartig. Daran ist abzulesen, wie verzweifelt die Regierung um Wähler kämpft und welche Macht die Wähler haben", stellte der Fabrikarbeiter Muniandy Ramasamy aus Kajang in der Nähe der Hauptstadt Kuala Lumpur fest. Der 42-Jährige stockt seinen Niedriglohn mit Überstunden auf und bringt monatlich dank zusätzlicher Vergütungen umgerechnet 390 Dollar nach Hause.

Denison Jayasooria, der Leiter der von der Regierung finanzierten 'Social Strategy Foundation', lobt die geplante Einführung von Mindestlöhnen als klugen Schachzug. "Sie unterläuft damit mögliche Arbeiterproteste und könnte sich dringend benötige Wählerstimmen sichern", sagte er. 2013 stehen in Malaysia die nächsten allgemeinen Wahlen an. (Ende/IPS/mp/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. März 2012