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ASIEN/839: Sri Lanka - Krieg zu Ende, Gewalt geht weiter (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 24. April 2013

Sri Lanka: Krieg zu Ende, Gewalt geht weiter

von Amantha Perera


Bild: © Amantha Perera/IPS

Die neue UN-Resolution legt nahe, dass der internationale Druck auf Sri Lanka fortgesetzt wird
Bild: © Amantha Perera/IPS

Colombo, 24. April (IPS) - In Sri Lanka haben gewaltsame Übergriffe die Hoffnungen auf ein friedliches Neues Jahr, das nach dem tamilischen Kalender am 14. April angelaufen ist, empfindlich getrübt. Die Vorfälle zeigen, dass ein Ende des Krieges nicht notwendiger Weise ein Ende der Gewalt bedeuten muss.

Am 13. April kam es zu Anschlägen auf Druckereien der tamilischsprachigen Zeitung 'Uthayan' mit Sitz in Jaffna. Das war der 37. Übergriff auf das Blatt oder seine Mitarbeiter. 2006 hatten Unbekannte zwei Angestellte der Zeitung erschossen, und in der letzten Phase des Bürgerkrieges Anfang 2009 trauten sich Uthayan-Journalisten aus Angst vor Repressionen nicht mehr, die Redaktionsräume zu verlassen.

Zwei Wochen vor dem jüngsten Anschlag war die Uthayan-Verteilungsstelle angegriffen worden. Kritikern zufolge steht die Zeitung, die einem oppositionellen tamilischen Abgeordneten gehört, tamilischen Separatisten nahe. Die Regierung bezeichnete den Schaden, der in dem Verteilungszentrum angerichtet wurde, als selbst verursacht, was die Verleger zurückwiesen.

Weiter südlich hat eine Gruppe buddhistischer Extremisten, die sich selbst 'Bodu Bala Sena' (BBS) nennt, eine Hasskampagne gegen Muslime losgetreten. Die Mitglieder rufen zu Angriffen auf muslimische Geschäfte und Unternehmen auf. Anfang April nahmen die Spannungen zu, als die Polizei eine Mahnwache vor dem BBS-Hauptbüro auflöste. Die Demonstranten, die nach eigenen Angaben für Frieden warben, wurden entweder festgenommen oder von den Sicherheitskräften verbal attackiert.


Neue UN-Resolution

Die Vorfälle ereigneten sich knapp einen Monat nach der Verabschiedung der zweiten von den USA vorangebrachten Resolution des UN-Menschenrechtsrats in Genf gegen Sri Lanka. Darin wird die Regierung in Colombo aufgefordert, "eine unabhängige und glaubwürdige Untersuchung der Verstöße gegen die internationalen Menschenrechte und gegen internationales Recht" durchzuführen, die zum Ende des Konflikts mit der tamilischen Separatistenbewegung Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) 2009 begangen wurden. Strafmaßnahmen sind allerdings nicht vorgesehen, sollte die Regierung der Aufforderung nicht Folge leisten.

Menschenrechtsorganisationen und Augenzeugen der letzten Gefechte, die den Bürgerkrieg in dem südasiatischen Land beendeten, hatten berichtet, dass durch die Kämpfe mehr als 200.000 Menschen vertrieben und mindestens 40.000, vorwiegend Zivilisten, getötet worden waren. Die Regierung indes beharrt darauf, dass es keine zivilen Opfer gegeben hat.

Die diesjährige Resolution verdeutlicht nach Ansicht lokaler Analysten mehr denn je die tiefe Sorge der internationalen Gemeinschaft über die fortgesetzten Menschenrechtsverletzungen und der Notwendigkeit nach einer unabhängigen Untersuchung der Vorwürfe, um das zutiefst versehrte Land auszusöhnen.

Im Mai 2010 hatte Sri Lankas Staatspräsident Mahinda Rajapakse die sogenannte 'Versöhnungskommission Lektion gelernt' (LLRC) ins Leben gerufen, die das Verhalten der Sicherheitskräfte im Krieg untersuchen sollte. Die LLRC legte Rajapakse im November 2011 ihren Abschlussbericht vor. Nach Angaben der UN-Menschenrechtshochkommissarin Navi Pillay hat die Regierung die Empfehlungen der Kommission nur "selektiv" umgesetzt.

Die neue UN-Resolution drängt die Regierung, die die Warnungen der internationalen Gemeinschaft als Einmischung in die srilankische Politik zurückweist, nun erneut zum Handeln. Allerdings sieht sie vor, dass die Rajapakse-Administration die Vorfälle "auf der Grundlage internationaler Standards" selbst untersucht. Ursprünglich war vorgesehen, eine Besuchsgenehmigung für Pillay einzuholen, damit diese den Vorwürfen über die fortgesetzten Menschenrechtsverstöße vor Ort nachgehen kann.

Doch der Resolutionstext wurde auch an anderer Stelle verwässert. So wurden die Passagen über den "ungehinderten" Zugang von UN-Sonderberichterstattern durch die Aufforderung an die srilankische Regierung ersetzt, mit den UN-Mandatsträgern zu kooperieren und auf bereits vorliegende Besuchsanfragen endlich zu reagieren. Alle acht UN-Sonderberichterstatter warten derzeit auf Einladungen, das Land besuchen zu dürfen.

Menschenrechtsaktivisten zufolge ist es mehr als unwahrscheinlich, dass sich die Situation in Sri Lanka in nächster Zeit verbessern wird. Sie sind der Meinung, dass der internationale Druck nur dann Resultate erzielen wird, wenn er kontinuierlich aufrechterhalten wird.


US-Botschafterin: "Wir werden die Lage weiter im Auge behalten"

Die US-Botschafterin in Sri Lanka, Michele J. Sison, erklärte gegenüber einer Gruppe von Journalisten am 8. April, dass die USA als Hauptunterstützer der UN-Resolution, die Lage in dem südasiatischen Land weiter im Auge behalten werden. Für den Fall, dass Rajapakse auf die Forderungen der internationalen Gemeinschaft nicht angemessen reagieren werde, kündigte sie "ernster zu nehmende" Maßnahmen an. "Die USA sind auch weiterhin besorgt über die Drohungen gegen und die Angriffe auf die Medien in Sri Lanka", erklärte sie mit Blick auf den Anschlag auf Uthayan.

Alan Keenan, der Sri Lanka-Konfliktforscher der 'International Crisis Group' (ICG), erklärte im Gespräch mit IPS, dass der Druck auf die Regierung in Colombo zunehmen werde, sollte diese die internationalen Warnungen weiterhin in den Wind schlagen.

"Die Resolution bestätigt die fortgesetzten Menschenrechtsverletzungen und fordert die srilankische Regierung auf, mehr als bisher zu tun. So sollen Minderheiten ebenso wie die Zivilgesellschaft und unabhängige Experten in die Untersuchungen über die Verstöße gegen internationale Menschenrechte einbezogen werden", meinte Ruki Fernando vom 'Rights Now Collective' in Colombo. Er empfahl die Forderungen, die aus der letzten Resolution gestrichen wurden, in künftige Resolutionen wiederaufzunehmen.

Die Entschlossenheit der internationalen Gemeinschaft, Sri Lanka auf die Einhaltung globaler Menschenrechtsstandards zu verpflichten, soll auch auf dem in Colombo geplanten Novembertreffen der Commonwealth-Staaten betont werden. Es gibt bereits Forderungen nach einem Boykott des Treffens beziehungsweise nach der Wahl eines alternativen Veranstaltungsortes.

Großbritannien, das Sri Lanka in seinem letzten Menschenrechts- und Demokratiebericht als "bedenkliches Land" eingestuft hat, will nach eigenen Angaben alles dafür tun, um Sri Lanka auf Kurs zu bringen, was die Einhaltung der Commonwealth-Standards in Bezug auf Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit betrifft. (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://www.hrdreport.fco.gov.uk/wp-content/uploads/2011/01/2012-Human-Rights-and-Democracy.pdf
http://www.rightsnow.net/
http://www.ohchr.org/EN/HRBodies/SP/Pages/Themes.aspx
http://www.ipsnews.net/2013/04/troubled-new-year-begins-in-sri-lanka/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 24. April 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. April 2013