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ASIEN/898: Sri Lanka - Der jungen Generation geht die nationale Versöhnung zu langsam vonstatten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. Mai 2014

Sri Lanka: Der jungen Generation geht die nationale Versöhnung zu langsam vonstatten

von Amantha Perera


Bild: © Amantha Perera/IPS

Junge Srilanker werfen der älteren Generation vor, den nationalen Versöhnungsprozess zu behindern
Bild: © Amantha Perera/IPS

Colombo, May 23. Mai (IPS) - In Sri Lanka sind fünf Jahre seit dem Ende des blutigen Bürgerkriegs vergangen, doch der nationale Versöhnungsprozess kommt nur schleppend voran. Jugendvertretern zufolge wird er erst dann eine wirkliche Chance haben, wenn die Regierung auf die Wünsche und Bedürfnisse der jungen Generation eingeht und diese an politischen Entscheidungen beteiligt.

Gut fünf Millionen Srilanker - das entspricht 26 Prozent der Bevölkerung - sind 15 bis 25 Jahre alt. Sie auszugrenzen mache jede Chance auf einen nachhaltigen Frieden unmöglich, warnt Milinda Rajapaksha, der den Nationaldienstleistungsrat für junge Leute leitet. Gnerell seien die Jungen im Lande ungeachtet ihrer ethnischen Zugehörigkeit zur Zusammenarbeit bereit.

Die größte Jugendorganisation im Lande hat landesweit etwa 20 Versöhnungsprogramme durchgeführt. "Eine vollständige Versöhnung erfordert gegenseitiges Verständnis und Zusammenarbeit", unterstreicht Rajapaksha. "Das gilt umso mehr, als dass tausende junge Leute aktiv am Krieg teilgenommen haben - entweder als Soldaten der Mehrheitsbevölkerung der Singhalesen oder als Zwangsrekrutierte der Separatisten der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE)."

Ramzi Zain Deen zufolge wird die zunehmende Alterung der srilankischen Gesellschaft den Wandel weiter erschweren. Waren 2011 zehn Prozent der srilankischen Bevölkerung über 60 Jahre, werden es laut UN-Bevölkerungsprogramm (UNFPA) im Jahr 2025 20 Prozent sein.

Pradeep Dharmalingam ist 20 Jahre alt. Er lebt im Norden, der bis 2009 von der inzwischen besiegten LTTE kontrolliert wurde. Einmal die Woche reist er von Jaffna in die 360 Kilometer entfernte Hauptstadt Colombo. "In Jaffna wird viel über den politischen Wandel gesprochen, in Colombo über Entwicklung und Geld", berichtet er. "Es gibt einfach nichts dazwischen, und die Generation unserer Eltern schweigt, wenn es darum geht, Antworten auf die Frage zu finden, wie wir die Zerrissenheit im Lande überwinden können."


"Wir müssen die Vergangenheit hinter uns lassen"

Anil Dassanayake ist der Meinung, dass die älteren Generationen endlich damit aufhören sollten, sich gegenseitig die Schuld für den 30-jährigen Konflikt zu geben. "Es wird Zeit, dass wir die Vergangenheit hinter uns lassen", meint der 21-jährige Programmierer. Er räumt zwar ein, dass der Krieg mit 100.000 Toten sehr viel Leid verursacht hat, doch "müssen wir nun unser Bestes tun, um zu einem Land zusammenzuwachsen".

Wie Deen erläutert, betrachten die älteren Generationen Versöhnung und Entwicklung als zwei unterschiedliche Dinge, die in den Augen der Jungen zwei Seiten einer Medaille sind, die es parallel voranzubringen gelte. "Für uns alle ist es wichtig, dass wir das Konzept des harmonischen Miteinanders begreifen", betont er. "Die junge Generation hat längst erkannt, dass Frieden und Harmonie maßgeblich von Entwicklungserfolgen abhängen."

Doch erforderlich ist vor allem ein nachhaltiges Entwicklungsverständnis. Benislos Thushan, einem jungen Tamilen zufolge, der ebenfalls im Norden des Landes lebt, haben die staatlich geförderten Mega-Infrastrukturprojekte wenig bewirkt, um die Lebensverhältnisse der Lokalbevölkerung zu verbessern. Dafür macht er vor allem den fortgesetzten Rassismus gegen die tamilische Minderheit verantwortlich. "Es werden zwar große Straßen gebaut, doch die Menschen in der Provinz sind nach wie vor arm und arbeitslos."

Der Regierung zufolge wurden allein in der Nordprovinz vier Milliarden US-Dollar in Großprojekte investiert. Dennoch ist die Erwerbslosenrate dort doppelt so hoch wie im landesweiten Durchschnitt. "Er gibt hier keine Managementstellen", kritisiert der Leiter des lokalen Bildungsministeriums, Sivalingam Sathyaseelan. "Das einzige, was wir hier zu bieten haben, sind Jobs für Tagelöhner. Doch die meisten jungen Leute wollen Alternativen." (Ende/IPS/kb/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/05/sri-lankan-youth-desperate-change/

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IPS-Tagesdienst vom 23. Mai 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Mai 2014