Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → AUSLAND

SPANIEN/006: Austeritätspolitik in Europa - Spanien (FES)


Friedrich-Ebert-Stiftung
Internationale Politikanalyse

Austeritätspolitik in Europa: Spanien

von Lothar Witte, August 2012



• Die von der Sozialistischen Partei im Mai 2010 initiierte und von der konservativen Regierung unter Rajoy seit Anfang 2012 verschärfte Austeritätspolitik konzentriert sich bisher vor allem auf Ausgabenkürzungen im öffentlichen Sektor, mit deutlich negativen Folgen für die dort Beschäftigten. Die Systeme der sozialen Sicherung sind bislang weniger betroffen.

• Die Strukturreform des Arbeitsmarktes stärkt die Position der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern, erleichtert Entlassungen und schwächt die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften.

• Die spanische Wirtschaft wird voraussichtlich auch in den Jahren 2012 und 2013 weiter schrumpfen. Die Arbeitslosigkeit wird auf dem sehr hohen Niveau von ca. 25 Prozent verharren, die soziale Ungleichheit wird zunehmen und die Sanierung der Staatsfinanzen nur langsam voran schreiten.

• Die politische Situation bleibt zunächst stabil. Die konservative Partido Popular dominiert das politische Geschehen und in den nächsten drei Jahren stehen keine Wahlen an. Der wachsenden Unzufriedenheit fehlt noch ein gesellschaftspolitischer Akteur, der ihr über vereinzelte Protestaktionen hinaus Ausdruck verleihen könnte.

*

Seit Monaten sind Schlagzeilen zur spanischen Krise ein immer wiederkehrendes Element der deutschen und europäischen Medienlandschaft. Die Palette reicht von den Schwierigkeiten der spanischen Banken über die enorm hohe Arbeitslosigkeit bis zur Austeritätspolitik der Regierung Rajoy und ihren möglichen Konsequenzen für den sozialen Frieden. In der Regel werden diese Berichte garniert mit den Gefahren, die sich aus der spanischen Situation für die Eurozone und den europäischen Integrationsprozess ergeben.

Aus spanischer Perspektive sind die Themen ähnlich, aber die Blickrichtung ist anders. Hier wird eher die Frage gestellt, welche Gefahren von Europa ausgehend auf Spanien zukommen, welche Auswirkungen die »europäische Rezeptur« auf das Land hat. Die Regierung und die befreundeten Medien haben bereits die Schlagzeilen präsentiert, Spanien habe jetzt seine Hausaufgaben gemacht; nun warte man darauf, dass auch Europa endlich seinen Verpflichtungen nachkomme.

Europa - das war für Spanien lange Zeit ein Versprechen. Der spanische Philosoph Ortega y Gasset hatte zu Beginn des 20. Jahrhundert noch postuliert: »Wenn Spanien das Problem ist, ist Europa die Lösung.« Aber für viele Spanier ist Europa heute nicht mehr die Lösung, sondern das Problem. Aus dem Versprechen ist für viele eine Bedrohung geworden, eine Bedrohung all dessen, was die spanische Gesellschaft in den vergangenen drei Jahrzehnten erreicht hat. Und bald werden möglicherweise nicht nur Einzelne auf die Idee kommen, das Zitat umzudrehen und »das wahre Spanien« als Lösung zu postulieren. Ach, Europa ...


Politische Rahmenbedingungen: Dominanz der konservativen Partido Popular

Nachdem von 2004-2011 die PSOE (Partido Socialista Obrero Español/PSOE, Spanische Sozialistische Arbeiterpartei) die nationale Regierung stellte, setzte sich im Jahre 2011 die konservative Volkspartei (Partido Popular/PP) unter Ministerpräsident Mariano Rajoy flächendeckend durch. Im nationalen Parlament genießt die Partei eine komfortable absolute Mehrheit, während die PSOE auf ein historisches Minimum abgerutscht ist. Auch in den meisten Regionen ist gegenwärtig die PP am Ruder. Zudem regiert sie in drei der vier größten Städte (Madrid, Valencia, Sevilla). Die PSOE führt die Regierung nur in Andalusien und in Asturien, jeweils unterstützt von der linken Izquierda Unida, sowie im Baskenland (in einer von der PP halbherzig unterstützten Minderheitsregierung). In Katalonien sowie auf den Kanarischen Inseln sind regionale Parteien an der Regierung (Convergència i Unió, CiU, respektive Coalición Canaria).


Ökonomische Rahmenbedingungen: Zu lange auf Sand gebaut

Im Jahrzehnt vor Ausbruch der Krise schien Spanien auf dem besten Weg, die Wohlstandslücke zu den am weitesten entwickelten Volkswirtschaften Europas zu schließen. Die Wachstumsraten übertrafen den Durchschnitt der EU deutlich, die Beschäftigung nahm rasant zu, der Staatshaushalt verzeichnete von 2005 bis 2007 kräftige Überschüsse, das Verhältnis von öffentlichem Bruttoschuldenstand und Bruttoinlandsprodukt (BIP) sah jedes Jahr freundlicher aus. Das Pro-Kopf-Einkommen erreichte ab 2006 das italienische Niveau und verfehlte nur knapp das französische. Seit 2009 änderte sich dieses Bild - und zwar drastisch: Das Volkseinkommen ging zurück (und tut dies immer noch), die Arbeitslosigkeit erreichte rasch 20 Prozent (und steigt weiter an), das Haushaltsdefizit betrug über zehn Prozent (und liegt heute nur wenig darunter) und die Staatsverschuldung stieg erheblich.[1]

Was ist passiert? Genau das, was einige Beobachter schon Jahre vorher angemerkt hatten, ohne dass daraus ein konsequenter Politikwechsel erfolgt wäre: Das im wahrsten Sinne des Wortes auf Sand gebaute Kartenhaus des spanischen Immobilienbooms ist in sich zusammengefallen. Und da der spanische Wirtschaftsboom in erster Linie auf diesem hypertrophen Bausektor beruhte, der seit 2004 jedes Jahr mehr als zehn Prozent zur spanischen Bruttowertschöpfung beitrug und in Spitzenzeiten mehr als 2,7 Millionen Personen beschäftigte, ist die gesamte Volkswirtschaft davon betroffen. Inklusive des Staates, dessen Einnahmen in den Jahren des Immobilienbooms zu sehr hohen Anteilen auf der Besteuerung von Immobiliengeschäften beruhten.

Zwar gibt es eine ganze Reihe spanischer Unternehmen, die international konkurrenzfähig sind, angefangen bei der Banco Santander über Telefónica bis hin zum Bekleidungsunternehmen Inditex (Zara), dessen Eigentümer Amancio Ortega gerade Warren Buffet als drittreichsten Erdenbürger abgelöst hat. Aber der Erfolg dieser Unternehmen hat inzwischen nur noch wenig mit der spanischen Ökonomie zu tun. Es handelt sich dabei um international aufgestellte Unternehmen, deren Profit in erheblichem Maße auf Märkten außerhalb Spaniens erwirtschaftet wird. Insgesamt ist die spanische Wirtschaft geprägt von kleinen und mittleren Betrieben in mehr oder weniger traditionellen Branchen, die nur geringes Eigenkapital aufweisen und auf Kreditfinanzierung angewiesen sind. Diese Firmen, die in der Regel wenig effizient und vor allem wenig innovativ produzieren, sind vor allem auf den spanischen Markt ausgerichtet. Wenn dieser Markt zusammenbricht, weil eine der für die Beschäftigung und damit für die Binnennachfrage wichtigsten Branchen auf eine hausgemachte Überakkumulationskrise zusteuert, und wenn gleichzeitig die internationale Finanzkrise dazu führt, dass der gesamten Wirtschaft der Kredithahn abgedreht wird, dann ist man schnell am Ende der Illusionen angelangt.


Mai 2010 bis Juli 2012: Die Austeritätspolitik im Zeitraffer

Die im Mai 2010 eingeleitete und seitdem in immer kürzeren Abständen verschärfte Austeritäts- und Reformpolitik soll zum einen zur Sanierung der Staatsfinanzen beitragen, und zum anderen die Strukturprobleme der spanischen Wirtschaft überwinden helfen.

Den ersten Schritt vollzog die PSOE-Regierung im Mai 2010 mit einem Sparpaket, das Einsparungen von etwa 15 Milliarden Euro anvisierte. Die Gehälter im öffentlichen Dienst wurden um durchschnittlich fünf Prozent gekürzt und für das Jahr 2011 eingefroren. Die öffentlichen Investitionen für die Jahre 2010 und 2011 wurden um mehr als sechs Milliarden Euro reduziert. Hohe symbolische Bedeutung hatten dabei die Rücknahme der erst kurze Zeit zuvor eingeführten »Babyprämie« von 2500 Euro und die Einsparungen bei der Entwicklungshilfe (600 Millionen Euro), da es sich hier um einstige Vorzeigeprojekte der PSOE-Regierung handelte. Im Herbst 2010 legte die Regierung mit einer ersten Reform des Arbeitsmarktes nach. Diese sollte vor allem die finanziellen Anreize für befristete Einstellungen reduzieren und stattdessen den Abschluss unbefristeter Verträge fördern. Nur ein Jahr später jedoch erleichterte die Regierung angesichts der weiter steigenden Arbeitslosigkeit erneut befristete Einstellungen. Auf diese - im Nachhinein wenig kohärent erscheinende - Arbeitsmarktreform folgte Anfang 2011 eine Reform des Rentensystems. Diese sieht eine allmähliche Erhöhung des Rentenalters von 65 auf 67 Jahre (Übergangszeit von 2015 bis 2027) und eine deutliche Ausweitung der Beitragsjahre, die für die Berechnung der Rente berücksichtigt werden, vor (von 15 auf 25 Jahre mit einem Übergangszeitraum 2013 bis 2022).

Die seit Weihnachten 2011 amtierende PP-Regierung legte bereits innerhalb der ersten Woche ihrer Amtszeit ein Paket von Sofortmaßnahmen auf den Tisch, das der Staatskasse unter dem Strich ca. 15 Milliarden Euro einbringen sollte. Davon sollten neun Milliarden auf Kürzungen und sechs Milliarden Euro auf zusätzliche Einnahmen entfallen. Die Kürzungen betrafen flächendeckend die meisten Ministerien, öffentliche Unternehmen (Bahn, Fernsehen) sowie Parteien und Sozialpartner, deren Subventionen um 20 Prozent reduziert wurden. Die Gehälter des öffentlichen Sektors blieben eingefroren, die Arbeitszeiten wurden von 35 Stunden auf 37,5 Stunden angehoben. Die Einkommenssteuersätze stiegen um 0,75 Prozent bis sieben Prozent, mit prozentual stärkerer Wirkung in den höheren Einkommensgruppen. Auch die Steuern auf Kapitalerträge stiegen um zwei bis sechs Prozent. Theoretisch treffen diese Maßnahmen eher die Besserverdienenden - in der Praxis gibt jedoch lediglich 0,1 Prozent aller Steuerzahler ein Einkommen an, bei dem die siebenprozentige Erhöhung zur Anwendung käme.

Fielen diese Sofortmaßnahmen noch einigermaßen ausgewogen aus, so verdient die im Februar 2012 vorgestellte Arbeitsmarktreform selbst nach Ansicht der Regierung das Prädikat »radikal«. Die Reform stärkt die Verhandlungs- und Entscheidungsmacht der Arbeitgeber deutlich. Diese können nun Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten ohne große Umstände ändern und sogar die Gehälter kürzen, sofern dies der Produktivitätssteigerung dient und die Umsätze über zwei Quartale rückläufig waren. Umsatzeinbußen über neun aufeinander folgende Monate gelten bereits als ausreichender Grund für eine gerechtfertigte Kündigung. Gleichzeitig wurden die Abfindungszahlungen für ungerechtfertigte Kündigungen um fast 30 Prozent gesenkt. Darüber hinaus erhalten betriebliche Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern nun Vorrang vor Einigungen auf regionaler oder sektoraler Ebene.

Mit dem Mitte April im Parlament verabschiedeten Haushalt für das Jahr 2012 musste die PP-Regierung dann endgültig Farbe bekennen. Die Regierung hatte ursprünglich einen Haushalt mit einem Defizit von 5,8 Prozent des BIP vorlegen wollen, konnte aber in den Verhandlungen mit der Europäischen Kommission zunächst nur erreichen, dass das ursprünglich vereinbarte Defizitziel für 2012 von 4,4 Prozent auf 5,3 Prozent abgeschwächt wurde. Gegenüber dem Vorjahr bedeutete dieser Haushalt eine Ausgabenreduzierung um über 13 Milliarden Euro oder ca. 17 Prozent. Besonders drastisch wurde der Etat des Außenministeriums gekürzt (fast 55 Prozent). Auch in den Bereichen Infrastruktur (Ministerio de Fomento, ca. 35 Prozent) und Industrie-Energie-Tourismus (32 Prozent) waren die Kürzungen weit überdurchschnittlich. Auch das Ministerium für Arbeit und Soziales war mit ca. 1,6 Milliarden Euro Einsparungen betroffen. Hierbei handelt es sich vor allem um Einsparungen im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Auch Sozialausgaben wurden gekürzt, zum Beispiel für die Betreuung von Pflegebedürftigen. Allerdings wurden weder die Renten noch die Arbeitslosenversicherung noch die Gehälter im öffentlichen Dienst angetastet. Auf der Einnahmenseite sollen Steuererhöhungen der Staatskasse mehr als zwölf Milliarden Euro zusätzlich zuführen, wobei gut fünf Milliarden Euro auf eine veränderte Unternehmensbesteuerung entfallen (Wegfall von Abzugsmöglichkeiten) und ca. vier Milliarden Euro auf die Veränderungen der Einkommensteuer.

Nur wenige Tage nach Verabschiedung des Haushalts kündigte die Regierung dann weitere Sparmaßnahmen an, diesmal im Bildungs- und Gesundheitswesen. Diesmal ging es um Einsparungen in Höhe von drei Milliarden respektive sieben Milliarden Euro. Da hier regionale Kompetenzen im Spiel sind, müssen die Regionalregierungen entscheiden, wie sie diese Vorgabe umsetzen wollen. Für das (steuerfinanzierte) Gesundheitswesen ist zum Beispiel im Gespräch, den Kreis der Empfänger einzuschränken. »Gesundheitstouristen« und sin papeles, illegal eingereiste Migranten, sollen nicht mehr wie bisher umsonst behandelt werden. Eine breitere Wirkung dürfte die Erhöhung von Zuzahlungen haben und eine stärkere Konzentration des Leistungskatalogs auf das medizinisch Notwendige. Im Bildungswesen sollen die Studiengebühren ebenso erhöht werden wie die Schülerzahlen pro Klasse und das Lehrdeputat. Für beide Politikfelder wurde angekündigt, dass die Erhöhungen stärker zu Lasten derjenigen gehen werden, die höhere Einkommen aufweisen.

Der eigentliche Paukenschlag folgte am 11. Juli 2012. An diesem Tag stellte Regierungschef Rajoy im Kongress ein Maßnahmenpaket vor, das dem spanischen Staatssäckel in den Jahren 2012 und 2013 mit insgesamt 65 Milliarden Euro zugutekommen soll. Den größten Anteil dürfte dabei die von der PP bislang stets abgelehnte Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes von 18 Prozent auf 21 Prozent haben. Diejenigen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, die pro Monat mehr als 963 Euro verdienen, werden auf die im Dezember fällige Sonderzahlung in Höhe eines Monatsgehaltes verzichten müssen. Dies bedeutet im Endeffekt eine Reduzierung des Jahresgehaltes um 1/14 bzw. gut sieben Prozent. Außerdem wird die Anzahl der Tage, die sie aus persönlichen Gründen ohne weitere Begründung frei nutzen konnten, von sechs auf drei reduziert. Die Arbeitslosen werden ab dem siebten Monat der Arbeitslosigkeit einen geringeren Anteil ihres letzten Gehaltes beziehen als bisher, und die Quellensteuer für Freiberufler wird von 15 Prozent auf 21 Prozent erhöht. Als »Belohnung« für diese Reformen und unter Berücksichtigung der weiterhin schwierigen wirtschaftlichen Lage ließ sich die Europäische Kommission darauf ein, das Defizitziel für das laufende Jahr von 5,3 Prozent auf 6,3 Prozent abzumildern und die Rückführung auf die eigentlich angestrebten drei Prozent für das Jahr 2014 statt bereits für 2013 vorzusehen.

Nach Beschluss dieser Maßnahmen herrscht gerade eine kurze Verschnaufpause, bis die Regierung nach Rückkehr aus der Sommerpause wieder ein Stück an der Reformschraube drehen wird - Austeritätspolitik als work in progress. Aber trotz des iterativen Charakters dieses Reformwerkes sind die großen Konturen der spanischen Austeritäts- und Reformpolitik nach insgesamt gut zwei Jahren mittlerweile zu erkennen:

• Bei der Austeritätspolitik dominieren Ausgabenkürzungen, die immer stärker zu Lasten der Beschäftigten im öffentlichen Dienst gehen (Stichwort »Lohnkürzungen«), komplementär begleitet von erhöhten Anforderungen (Stichwort »Arbeitszeiterhöhung«), während die Einnahmenseite (Stichwort »Steuererhöhungen«) bislang eine geringere Rolle spielt.

• Die Programme der sozialen Sicherung sind bislang wenig betroffen; erste Kürzungen monetärer Leistungen in der Arbeitslosenversicherung sowie die Verschärfung der Zugangs- bzw. Anspruchsberechtigung in der Kranken- und Rentenversicherung sind jedoch erfolgt oder im Gespräch.

• Die Strukturreform der Arbeitsmarktverfassung zielt eindeutig auf eine Stärkung der Position der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern, durch Erleichterung der internen Flexibilität (unilaterale Anpassung von Arbeitsbedingungen und Löhnen), ihrer externen Variante (Kostensenkungen bei Kündigungen, administrative und rechtliche Erleichterungen) sowie durch veränderter Spielregeln für die Tarifverhandlungen (Vorrang der betrieblichen vor übergreifenden Vereinbarungen).


Wie wird die Austeritätspolitik begründet?

Der bei Ausbruch der Finanzkrise amtierende Regierungschef Zapatero brauchte einige Zeit, um überhaupt auf die Krise zu reagieren. Zunächst leugnete er ihre Existenz, anschließend versicherte er über Monate hinweg, ihre Bewältigung werde nicht zu Lasten der Schwächeren gehen. Dieses Ziel wollte er mit einer expansiven Haushaltspolitik gewährleisten, woraufhin das Haushaltsdefizit des Jahres 2010 auf über elf Prozent anstieg. Im Mai 2010 jedoch vollzog Zapatero dann eine dramatische Kehrtwendung hin zur Austeritätspolitik. Begründet wurde dies mit der Notwendigkeit, »die Märkte« zu beruhigen und den Erwartungen der EU gerecht zu werden.

Die neue PP-Regierung hatte es dagegen argumentativ einfacher, da sie das Ruder mitten in der Krise übernahm. Auch ideologisch entspricht die Austeritätspolitik eher ihren Vorstellungen. Dass diese Politik im Wahlprogramm nicht explizit angekündigt war, ist dabei kein Hindernis: Wie in der Politik üblich, wurde nach der gewonnenen Wahl argumentiert, man habe ja nicht ahnen können, dass die Vorgänger-Regierung ein derart schwer zu verwaltendes Erbe hinterlassen würde. Aber die großen Linien ihrer Politik hatte die PP in ihrem Wahlprogramm durchaus skizziert: staatliche Austeritätspolitik bei gleichzeitiger Liberalisierung der Ökonomie, Privatisierung des Sozialstaates, Stärkung der zentralen Ebene gegenüber den Regionen und Bewahrung traditioneller Werte und Institutionen - (neo-) klassische konservative Positionen, die dem »Markenkern« der Partei gerecht werden. Nur von Steuererhöhungen war in dem über 200 Seiten umfassenden Programm an keiner Stelle die Rede.

Allerdings hatte die PP auch erwartet, dass »die Märkte« bereits den Wahlerfolg der PP an sich belohnen würden. Nachdem dies nicht geschah, setzte die Regierung zunächst darauf, dass die in Angriff genommenen Strukturreformen »die Märkte« und das Tandem Merkel-Sarkozy besänftigen würden. Aber auch dieser positive Effekt trat nicht wie erhofft ein. Seitdem stellt auch die Rajoy-Regierung die Austeritätspolitik überwiegend als ein von außen auferlegtes Pflichtprogramm dar. Die nächsten Monate werden zeigen, inwieweit diese Argumentation beibehalten wird oder ob ideologische Argumente in Zukunft wieder offensiver vertreten werden. Denn daran, dass die PP-Regierung die Rolle des Staates in der Wirtschaft, im Bildungs- und Gesundheitswesen stärker beschränken möchte, lässt sie auch unabhängig von der gegenwärtigen Situation der öffentlichen Haushalte wenig Zweifel.


Welche gesellschaftlichen Gruppen stehen hinter dieser Politik?

Es war der »sanfte« Druck der Verhältnisse - insbesondere ein Haushaltsdefizit im zweistelligen Bereich und eine steigende Risikoprämie, dazu Signale aus den europäischen Institutionen und Ländern - der Regierungschef Zapatero im Mai 2010 auf den Austeritätskurs einschwenken ließ. Zuvor hatte er eine solche Politik über Monate abgelehnt und noch einige Tage vorher als schädlich für die Wachstumsperspektiven des Landes bezeichnet. Weder in der eigenen Partei noch unter deren Anhängern gab es für derartige Austeritätsmaßnahmen eine Mehrheit.

Auch die PP kritisierte die Austeritätspolitik zunächst und lehnte die von der PSOE vorgeschlagenen Maßnahmen im Parlament zumeist ab. Erst als es im zweiten Halbjahr 2011 in Richtung Wahlen ging und die PP ahnte, dass die angespannte Haushaltslage andauern würde, änderte sie ihren Kurs. Im September 2011 stimmte sie dafür, eine Schuldenbremse in die spanische Verfassung aufzunehmen. Seit der Übernahme der Regierungsverantwortung verliert die Partei zunehmend die Scheu vor der eigenen Courage und vertritt Austeritätspolitik und Strukturreformen als alternativlos. Gleichzeitig hat sie aber (mit Erfolg) daran gearbeitet, für die Umsetzung dieser Politik Zeit zu gewinnen und die vereinbarte Rückführung des Defizits etwas hinauszuzögern.

Die PSOE und die anderen im Parlament vertretenen Parteien lehnen die derzeitige Regierungspolitik ab. Dabei macht die PSOE allerdings klar, dass sie das Bemühen der PP unterstütze, eine EU-Intervention mit den daraus resultierenden Auflagen zu vermeiden. Die katalanische Regionalpartei CiU verweigert der PP zwar die parlamentarische Unterstützung, betreibt jedoch in Katalonien selbst eine harte Sparpolitik. Die einzige Region, die ernsthaft versucht, trotz einer schwierigen Haushaltslage Alternativen zur Austeritätspolitik zu entwickeln, ist Andalusien, wo die PSOE zusammen mit der linken Izquierda Unida regiert. Dagegen ist im Baskenland, wo ebenfalls die PSOE regiert, die Austeritätspolitik aufgrund einer positiven Ausnahmesituation (relativ gute Wirtschaftsdaten, geringe Arbeitslosigkeit, hohes regionales Steueraufkommen, mäßige Verschuldung) kaum ein Thema.

Außerhalb der Sphären von Regierung und Parlament sind es insbesondere die Gewerkschaften, die ihrem Missfallen über die Austeritätspolitik und die Strukturreformen (Arbeitsmarkt, Rentensystem) Ausdruck verleihen. Neben den Dachverbänden Unión General de Trabajadores (UGT) und Confederación Sindical de Comisiones Obreras (CC.OO.) machen vor allem die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes und des Bildungswesens gegen die Regierungspolitik mobil. Die Arbeitgeberseite ist dagegen mit dem Reformkurs der PP weitgehend einverstanden. Die Medienlandschaft ist stark politisch geprägt, die Meinungen sind entsprechend polarisiert. Einigkeit herrscht aber in der Einschätzung, dass beide Parteien in der Umsetzung und der Erläuterung ihrer Politik viele Wünsche offen gelassen haben und dass zu viel Unsicherheit und Intransparenz herrsche.

Ein Sonderthema ist die Frage ausländischer Akteure. Solange die PSOE regierte, war klar, dass die Austeritätspolitik gegen die eigentlichen Überzeugungen und unter Druck von außen entwickelt und umgesetzt wurde. Die PP-Regierung betonte dagegen lange, dass sie die Angelegenheit im Griff habe und niemand auf sie Druck ausüben könne oder würde - eine Position, die in der Erklärung von Regierungschef Rajoy gipfelte, dass nicht etwa die EU oder Angela Merkel Druck auf ihn ausgeübt hätten, bevor er die europäischen Partner um Unterstützung in der Lösung der Bankenkrise gebeten habe, sondern dass der Druck von ihm ausgegangen sei. Mittlerweile ist aber auch die PP dazu übergegangen, die politischen Kosten der Austeritätspolitik dadurch minimieren zu wollen, dass diese als eine Reaktion auf von außen vorgegebene Zwänge dargestellt wird.


Wirtschaftliche und soziale Konsequenzen: Keine Trendwende in Sicht

Da die Austeritätspolitik und die Strukturreformen bis zum Jahresende 2011 nur zögerlich umgesetzt wurden und die großen Einschnitte und Reformen erst in den vergangenen Wochen erfolgten, ist eine Beurteilung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen zum gegenwärtigen Zeitpunkt schwierig. Aber eines steht fest: Weder die Situation der öffentlichen Haushalte noch die Entwicklung der spanischen Wirtschaft bieten Anlass zur Euphorie, und die Austeritätspolitik ist zumindest kurzfristig als Wachstumsbremse einzuschätzen.

Das Haushaltsdefizit lag im Jahre 2011 mit 8,9 Prozent deutlich über den anvisierten sechs Prozent. Vor allem auf regionaler Ebene wurde das Defizitziel von maximal 1,3 Prozent des regionalen BIP klar verfehlt, unter anderem in den besonders wichtigen, da bevölkerungsreichen und wirtschaftsstarken Regionen Katalonien und Valencia. In diesen beiden Regionen beträgt die Verschuldung jeweils fast 20 Prozent des regionalen BIP (im innerspanischen Vergleich ein Spitzenwert) und ihre Schulden machen zusammen über 40 Prozent der gesamten regionalen Verschuldung aus. Beide Regionen sahen sich im Juli gezwungen, die nationale Regierung um Unterstützung zu bitten, da sie ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen konnten. Dies hat nun zur Folge, dass im Verhältnis zwischen Nationalstaat und Regionen in Spanien genau das eintreten wird, was Spanien gegenüber der EU vermeiden möchte: eine Intervention der »höheren« Ebene, verbunden mit Auflagen, deren Details zurzeit diskutiert werden.

Bei der Staatsverschuldung gehörte Spanien im Jahre 2011 mit einem öffentlichen Bruttoschuldenstand von 68,5 Prozent des BIP weiterhin zu den best performers in Westeuropa, mit weitem Abstand zu den anderen südeuropäischen Krisenstaaten. Die Gesamtausgaben des Staates liegen in Spanien mit 43,6 Prozent des BIP im Vergleich der EU-15 am unteren Ende. Für das Jahresende 2012 ist jedoch mit dem Anstieg der Staatsverschuldung auf ca. 80 Prozent des BIP zu rechnen. Außerdem sind in diesen Zahlen die möglichen Belastungen, die aus der Bankenrettung resultieren könnten, nicht berücksichtigt.

Mit der spanischen Wirtschaft geht es derweil weiter langsam bergab, ohne dass für die kommenden eineinhalb Jahre Besserung in Sicht wäre. Nachdem das Bruttoinlandsprodukt nach einem ersten Einbruch bis einschließlich des zweiten Quartals 2011 wieder leichte Zuwächse verzeichnete, ist es seitdem erneut rückläufig. Für 2012 wird mit einem Rückgang von 1,5 Prozent bis zwei Prozent gerechnet, und 2013 dürfte das BIP weiter (leicht) schrumpfen. Die Investitionsquote, die 2002-2008 zwischen 26,3 Prozent und 30,7 Prozent des BIP gelegen hatte, erreichte 2011 nur noch 21,7 Prozent. Sie wird auch 2012 voraussichtlich weniger als 22 Prozent betragen. Lediglich die Exporte haben sich positiv entwickelt.

Die Beschäftigung ist (absolut) seit 2007 in jedem Jahr zurückgegangen, von 20,7 Millionen auf 18,4 Millionen Personen im Jahre 2011. Die Arbeitslosenquote erreichte im Juni 2013 den Rekordwert von 24,8 Prozent (saisonbereinigt). Für die Altersgruppe von 15 bis 25 Jahren wurden 52,7 Prozent verzeichnet. Die Erwerbstätigenquote betrug zum Jahresende 2011 nur noch 57,7 Prozent - 2007 hatte sie mit 65,6 Prozent ihren Höchststand erreicht (Altersgruppe 15-64). Angesichts der schlechten Wachstumsperspektiven und der Erleichterung von Entlassungen durch die Arbeitsmarktreform muss man davon ausgehen, dass die Belegschaften weiter reduziert werden. Eine Arbeitslosenrate von 25 Prozent ist in Sichtweite, der Anstieg der absoluten Zahl auf sechs Millionen Arbeitslose nicht auszuschließen.

Die Einkommensverteilung hat sich parallel zum Anstieg der Arbeitslosigkeit verschlechtert. Der Gini-Index, der im Zeitraum 2006-2008 bei ca. 31,3 lag, stieg bis 2010 auf 33,9 an, der höchste Wert Westeuropas (vergleichbare Daten für 2011 liegen noch nicht vor). Beim Einkommensquintilverhältnis (S80/S20) sieht die Entwicklung ähnlich aus. Für 2010 wurde ein Verhältnis von 6,9 erzielt, nach 6,0 im Jahre 2009 und 5,4 im Zeitraum 2006-2008. Seitdem dürfte sich die soziale Ungleichheit noch verstärkt haben. Nach vorläufigen Daten des Nationalen Statistischen Instituts ist der Anteil der Personen, deren Einkommen weniger als 60 Prozent des Mittelwertes (Median) der Einkommen beträgt, von 19,5 Prozent im Jahre 2009 über 20,7 Prozent im Jahre 2010 auf 21,8 Prozent im Jahre 2011 angestiegen.

Wenn man berücksichtigt, dass das Pro-Kopf-Einkommen seit 2006 deutlich gefallen ist, liegt es bei steigender Ungleichheit nahe, dass nicht nur die relative Armut steigt, sondern auch die absolute. Zur Jahresmitte 2012 erhielten zum Beispiel nur noch gut 65 Prozent der Arbeitslosen Arbeitslosengeld, im Jahre 2009 waren es noch 76 Prozent gewesen. In einer zunehmenden Zahl spanischer Haushalte gibt es niemanden mehr, der überhaupt noch irgendein Einkommen erzielt, weder Arbeits- noch Transfereinkommen. Diese Haushalte sind tatsächlich auf Almosen angewiesen.

Soweit die nüchternen Fakten, die darauf schließen lassen, dass Spanien noch mindestens zwei harte Jahre bevorstehen. Aber wie sind die Perspektiven, die Talsohle danach schnell wieder zu verlassen? Darüber gehen die Meinungen stark auseinander. Einige verweisen auf die bereits erwähnten erfolgreichen Unternehmen, auf den Hoffnungsschimmer der steigenden Exporte - die allerdings von einem relativ niedrigen Niveau ausgehen - und auf die Tatsache, dass die Lohnstückkosten in den letzten Jahren gefallen sind und damit die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Ländern Europas gestiegen seien. Das Gegenargument lautet, dass die Austeritätspolitik nicht nur kurz- und mittelfristig das Wachstum hemme und die soziale Lage verschärfe, sondern dass die Kürzungen von Zukunftsinvestitionen im Zuständigkeitsbereich der Ministerien für Infrastruktur, Industrie und Energie den nötigen Übergang zu einem neuen, qualitativ höherwertigen Produktionsmodell erschweren werden. Damit werde Spanien auch langfristig dazu gezwungen, sich dem internationalen Wettbewerb in Segmenten zu stellen, in denen soziales und ökologisches Dumping gang und gäbe sind. Der Anschluss an die entwickelteren Volkswirtschaften Europas würde endgültig in weite Ferne rücken, und Spanien könnte im besten Falle noch in der Spitzengruppe der Mediterranean League mithalten.


Politische Konsequenzen: Noch herrscht relative Ruhe im Land

Als im Herbst 2008 die Finanzkrise ausbrach, hatte für die PSOE-Regierung unter Regierungschef Zapatero gerade die zweite Legislaturperiode begonnen. Nach drei Jahren Krisenmanagement, das weder hinsichtlich der Konzepte noch der Kommunikation überzeugte, wurde die PSOE im Jahre 2011 dann gleich doppelt abgestraft: zunächst bei den landesweiten Kommunalwahlen und den gleichzeitig fast überall stattfindenden Regionalwahlen am 22. Mai sowie erneut bei den (um einige Monate vorgezogenen) nationalen Parlamentswahlen am 20. November. Die PSOE sackte fast überall auf ein historisches Minimum ab. National fiel sie von 43,9 Prozent auf 28,7 Prozent ab, während die PP 44,7 Prozent der Stimmen erreichte, ausreichend für eine komfortable absolute Mehrheit bei der Sitzverteilung.

Diese absolute Mehrheit war aber kein Zeichen eigener Stärke der PP, sondern der Schwäche der PSOE, die gegenüber den vorangegangenen Parlamentswahlen fast 40 Prozent ihrer Wähler verlor. Stünden im Sommer 2012 Wahlen ins Haus, wäre die PP Opfer einer analogen Entwicklung: Aktuellen Umfragen nach würde die PP bereits sieben Monate nach Amtsübernahme mindestens acht Prozentpunkte gegenüber ihrem Wahlergebnis vom November 2011 einbüßen. Davon würde allerdings nicht die PSOE profitieren, sondern profitieren würden die kleineren Parteien, vor allem die linke Izquierda Unida und die liberale UPyD.

Angesichts der verbreiteten Unzufriedenheit mit den politischen Parteien - in Umfragen zum Ansehen der wichtigsten Institutionen des Landes nehmen die politischen Parteien inzwischen den letzten Platz ein, weniger als zehn Prozent der Befragten vertrauen ihnen - wäre es auch nicht überraschend, wenn rechtspopulistische Parteien oder Bewegungen diesen Trend für sich nutzen könnten. Dass es ein Potenzial für solche Parteien gibt, erkennt man schon daran, dass sich etwa ein Zehntel der Wähler der PP selbst als rechtsextrem einschätzen. Aber bislang führt die extreme Rechte ein Nischendasein, aufgesplittert in einer Vielfalt von kleinen und kleinsten Gruppierungen.

Relevanter ist die parteiübergreifende bzw. parteiferne Demokratiebewegung der Indignados, die im Mai 2011 über Spaniens Grenzen hinweg Aufmerksamkeit erregte, als sie sowohl »gegen die Krise« als auch gegen das etablierte politische System mobil machte. Sie ist zwar im öffentlichen Raum nicht mehr so präsent wie bei ihrem überraschenden Auftauchen im vergangenen Jahr, auf lokaler Ebene aber weiter aktiv. Gegenwärtig zeichnet sich die Entstehung eines neuen Bündnisses ab, der sogenannte Sozialgipfel, Cumbre Social. Bereits über tausend Organisationen gehören diesem Bündnis an, unter Beteiligung der Gewerkschaften, die im Vorjahr bei der Bewegung des 15. Mai nicht erwünscht waren. Möglicherweise entsteht hier eine Plattform, welche die verbreitete Unzufriedenheit kanalisieren und die Kräfte der traditionellen Organisationen und der neu entstandenen Bewegungen bündeln kann.

Dennoch erscheint die PP zurzeit in ihrer hegemonialen Position nicht ernsthaft gefährdet. Bis Mitte 2015 finden turnusmäßig keine für den Machterhalt der PP wichtigen Wahlen statt, so dass diese für die spanische Demokratie einzigartige Dominanz einer Partei auf Jahre Bestand haben dürfte. Die PP sieht die klaren Wahlerfolge als Beleg dafür, dass die spanischen Bürgerinnen und Bürger in der Krisensituation klare Verhältnisse schaffen wollten, und interpretiert diese Wahlerfolge auch als Ex-Ante-Votum für ihre derzeitige Politik. Vereinzelte Forderungen der Oppositionsparteien oder anderer gesellschaftlicher Gruppen, die PP-Regierung müsse ihre Politik durch Referenden neu legitimieren lassen, verhallen weitgehend ungehört.

So wird sich die interessierte spanische Öffentlichkeit auch in den kommenden Monaten jeden Freitagmittag vor dem Fernsehschirm versammeln können, um den Verlautbarungen der Vize-Regierungschefin Soraya Sáenz de Santamaría zu lauschen, wenn diese die jüngsten Entscheidungen des Kabinetts verkündet. Das nächste Mal wird dies wohl am 24. August geschehen. Dann wird es darum gehen, Maßnahmen zu ergreifen, mit denen das Land den Verpflichtungen aus dem Memorandum of Understanding nachkommen kann, das die Bedingungen für die Gewährung einer Bankenhilfe in Höhe von bis zu 100 Milliarden Euro durch den Rettungsfonds EFSF (Europäische Finanzstabilisierungsfazilität) festlegt.

Und ab September, wenn die Spanierinnen und Spanier aus dem Sommerurlaub zurückgekommen sind, könnte dem Land dann ein außergewöhnlich heißer Herbst blühen.


Wirtschaftsdaten im Überblick: Spanien 2000 - 2011 
 Quelle: epp.eurostat.ec.europa.eu

2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
Wachstumsrate des
realen BIP
Veränderung gegenüber
dem Vorjahr (%)
5.0



3.7



2.7



3.1



3.3



3.6



4.1



3.5



0.9



-3.7



-0.1



0.7



Beschäftigung
­1000 Personen
nd

nd

17359.3

17915.7

18564.8

19334.6

20104.7

20713.4

20676.4

19293.1

18790.3

18412.8

Erwerbstätigenquote
60.7
62.1
62.7
64.0
65.2
67.2
68.7
69.5
68.3
63.7
62.5
61.6
Arbeitslosenquote
11.7
10.5
11.4
11.4
10.9
9.2
8.5
8.3
11.3
18.0
20.1
21.7
Defizit/Überschuss
des Staates
Prozentanteil des BIP
-0.9


-0.5


-0.2


-0.3


-0.1


1.3


2.4


1.9


-4.5


-11.2


-9.3


-8.5


Öffentlicher Brutto-
schuldenstand
Prozentanteil des BIP
59.4


55.6


52.6


48.8


46.3


43.2


39.7


36.3


40.2


53.9


61.2


68.5


Gini-Koeffizient
32
33
31
31
30.7
31.8
31.2
31.3
31.3
32.3
33.9
nd
Einkommensquintil-
verhältnis (S80/S20)
5.4

5.5

5.1

5.1

5.1

5.5

5.3

5.3

5.4

6.0

6.9

nd

Über den Autor

Lothar Witte leitet das FES-Büro in Madrid, Spanien.


Anmerkung

[1] Siehe dazu den Überblick über ausgewählte Daten zur wirtschaftlichen Entwicklung im Anhang. Um die Vergleichbarkeit mit anderen Ländern sicherzustellen, werden in dieser Arbeit bei landesweiten Daten für die Jahre bis einschließlich 2011 ausschließlich Daten von Eurostat verwendet (sofern nicht anders angegeben). Für die regionale Ebene sowie für das Jahr 2012 wurden auch nationalen Quellen berücksichtigt.


Die FES veröffentlicht in den kommenden Wochen in loser Folge Studien zu den wirtschafts- und haushaltspolitischen Strategien, mit denen die Regierungen Europas auf die Finanzkrise und ihre Folgen reagiert haben.

Die Reihe startet mit zwei sehr unterschiedlichen Fällen - Spanien als ein Land mit harter Austeritätspolitik, und Polen als ein Land, in dem bisher die Rezepte der Austeritäts-Orthodoxie nicht zur Anwendung gekommen sind.

Papiere zur Entwicklung in der Slowakei, Portugal und Großbritannien sind in Vorbereitung.

Impressum

Friedrich-Ebert-Stiftung
Internationaler Dialog | Referat Mittel- und Osteuropa
Hiroshimastraße 28 | 10785 Berlin | Deutschland
Verantwortlich: Dr. Ernst Hillebrand, Leiter Referat
Mittel- und Osteuropa
Tel.: ++49-30-26935-6 | Fax: ++49-30-26935-9250
http://www.fes.de/international/moe
Bestellungen: info.moe@fes.de

Die in dieser Publikation zum Ausdruck gebrachten Ansichten sind nicht notwendigerweise die der Friedrich-Ebert-Stiftung.

ISBN 978-3-86498-242-2

*

Quelle:
Friedrich-Ebert-Stiftung
Internationale Politikanalyse | Referat Mittel- und Osteuropa
Hiroshimastraße 28 | 10785 Berlin | Deutschland
Verantwortlich: Dr. Ernst Hillebrand, Leiter Referat
Mittel- und Osteuropa
Tel.: ++49-30-26935-6 | Fax: ++49-30-26935-9250
www.fes.de/international/moe


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. August 2012