Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → AUSLAND

LATEINAMERIKA/1012: Kolumbien aktuell - März 2009 (ask)


Kolumbien-aktuell Nr. 483 vom 13. März 2009

Inhalt:
1. Interview mit Regisseur Juan José Lozano
2. Kommentar: Ein magersüchtiges Land
3. Podium: Das Reich


1. Menschenrechte: Filmequipe des Westschweizer Fernsehens TSR und ARTE verlässt Kolumbien aufgrund von Drohungen - Interview mit dem Regisseur Juan José Lozano


Interview von swissinfo von Patricia Islas Züttel, publiziert am 3. März 2009

Zehn Stunden vor dem geplanten Interview mit einem paramilitärischen Chef ging die Drohung auf dem mail von Juan José Lozano ein, welcher in Kolumbien mit den Dreharbeiten zum Dokumentarfilm "Straflosigkeit", einer Ko-Produktion des Westschweizer Fernsehens TSR und dem deutsch-französischen Kanal ARTE, beschäftigt war. Es war die zweite Drohung, welche Lozano aufgrund dieses Dokumentarfilmes erhielt. Die erste Drohung erreichte ihn im Dezember 2008.


swissinfo: Worum geht es in diesem Dokumentarfilm und was löste den Abbruch der Dreharbeiten aus?

Juan José Lozano: Wir arbeiteten seit sieben Monaten an diesem Dokumentarfilm. Es ist eine Recherche in Zusammenarbeit mit der Generalstaatsanwaltschaft Kolumbiens, welche für die Umsetzung des Gesetzes verantwortlich ist, nach dem paramilitärische Chefs und auch Guerillaführungsleute abgeurteilt werden sollen, welche in den letzten 20 Jahren Verbrechen in Kolumbien verübt haben. Es handelt sich um das Gesetz 975 mit der Bezeichnung Gesetz Gerechtigkeit und Frieden. Dieses Gesetz soll dazu dienen, Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung zu erreichen.

Der Dokumentarfilm handelt von diesem Prozess und begleitet ihn. Er möchte zeigen, wie diese Personen abgeurteilt werden. Wir stellen den Prozess gegen zwei paramilitärische Chefs ins Zentrum. Beide Angeklagten befinden sich im Gefängnis und es läuft ein Prozess gegen sie. Einer von ihnen steht unmittelbar vor der Auslieferung an die USA, weil er des Drogenhandels angeklagt ist. Mitten in den Vorbereitungen für das Interview mit diesem paramilitärischen Chef erreichte uns zehn Stunden vor dem geplanten Interview eine unmissverständliche Drohung. Darin wird gesagt, dass wir bei diesem Interview sehr aufpassen müssten. Nachdem wir mit verschiedenen Stellen über die Drohung gesprochen hatten, waren wir uns einig, dass ein Risiko bestand, wenn wir das Interview realisierten. Wir entschieden, die Arbeiten abzubrechen.

Diese Drohung zerstört sieben Monate Arbeit, in der es uns gelungen war, das Vertrauen der Behörden und auch des inhaftierten paramilitärischen Chefs zu erlangen.

swissinfo: In der Pressemitteilung von TV TSR und ARTE, Koproduzenten des Dokumentarfilms, wird darauf hingewiesen, dass Sie und Ihr Produzent Intermezzo Films mit Sitz in Genf, "schwere Drohungen erhielten und die Sicherheit der Filmequipe nicht mehr gewährleistet war". Könnten Sie uns Details zu diesen Drohungen nennen?

Juan José Lozano: Die Drohung besteht aus einem e-mail von sechs Linien - die Behörden haben mich angewiesen, den genauen Wortlaut nicht zu sagen - woraus klar wird, dass sie unsere Telefone abhörten, die e-mails anzapften und genau wussten, welches unsere Bewegungen waren. Es wurde eine Auflistung unserer geplanten Schritte gemacht.

swissinfo: Da wir keine Details erfahren können, können Sie bestätigen, dass Ihnen konkret vorgeworfen wird, ihre Filmequipe mache vermeintlich in Europa Propaganda gegen das Regime des kolumbianischen Präsidenten Alvaro Uribe?

Juan José Lozano: Ja, in diesem Sinne.

swissinfo: Der Unterbruch der Dreharbeiten erfolgte am 19. Februar 2009. Sie haben danach sowohl in Kolumbien wie auch in Genf eine Anklage eingereicht. Stimmt das?

Juan José Lozano: Als die Drohung einging, habe ich zuerst die schweizerischen Behörden konsultiert, denn der Film wird auch im Auftrag des offiziellen schweizerischen TV-Sender TSR realisiert und ich bin auch Schweizer Bürger. Ich habe auch die Staatsanwaltschaft Kolumbiens konsultiert, da wir mit ihr zusammenarbeiteten und habe dort eine Anklage gegen Unbekannt eingereicht. Ich habe auch mit dem kolumbianischen Vizepräsidenten gesprochen, der für die Einhaltung der Menschenrechte zuständig ist, denn ich wollte auch seine Meinung hören.

In der Schweiz angekommen, habe ich auch eine Anklage hier eingereicht, da das e-mail an mein Büro in Genf geschickt wurde und ich bereits im Dezember 2008 eine Drohung in Zusammenhang mit diesem Dokumentarfilm erhalten hatte. Ich reichte bereits im Dezember 08 Klage ein, machte dies aber nicht öffentlich. Jetzt reichte ich eine zweite Klage ein, damit die Ermittlungen weiter gehen.

swissinfo: Welches Ziel haben diese Anklagen?

Juan José Lozano: Wir halten gegenüber den Behörden fest, was geschehen ist, denn es handelt sich um ein Verbrechen. Wir sind Opfer eines Verbrechens geworden.

swissinfo: Sie haben auch einen Dokumentarfilm über den kolumbianischen TV-Journalisten Hollman Morris gedreht. Hollman Morris ist im Jahr 2007 mit dem Preis von Human Rights Watch ausgezeichnet worden. Kürzlich wurde er als vermeintlicher Komplize des Terrorismus bezeichnet.

Juan José Lozano: Für ihn, Hollman Morris, ist die Situation sehr kompliziert, denn er arbeitet in Kolumbien. In den letzten Wochen gab es eine eigentliche Stigmatisierung gegen ihn, wobei gesagt wurde, seine journalistische Arbeit sei eine Verherrlichung des Terrorismus, der Guerilla. Er verteidigt sich im Moment so gut es geht, mit Anwälten und indem er aufzeigt, dass es in seiner Arbeit keinerlei Verherrlichung der Gewalt gibt, noch der Guerilla, noch des Terrorismus. Es handelt sich ganz einfach um die Anklage der Menschenrechtsverletzungen, die in Kolumbien geschehen. Die Situation für ihn ist sehr kritisch.

Eine Drohung bewirkt, dass du zurück weichst und deine Arbeit einstellst. Du musst deine ganze Energie auf deine Verteidigung konzentrieren und kannst nicht mehr arbeiten. Ich habe nicht das Niveau des Engagements eines Hollman Morris. Er ist Journalist, lebt in Kolumbien und der Journalismus ist seine Arbeit. Er hat viele Drohungen bekommen und lebt damit seit fünf Jahren. Für ihn ist dies eine Drohung mehr und er muss damit arbeiten. Für uns, als Equipe des Schweizer Fernsehens, ist es eine neue Situation und die Bedingungen sind vollkommen verschieden.

swissinfo: Was sagen Sie als Regisseur mit kolumbianischen Wurzeln zu all dem?

Juan José Lozano: Ich würde einen Aufruf zur Vorsicht machen und verhindern, dass solche Verleumdungen und Stigmatisierungen gegen Leute gemacht werden, die ihre journalistische Tätigkeit ausüben, oder als Richter beim Obersten Gerichtshof engagiert sind oder sich einfach dafür einsetzen, dass die Wahrheit in Kolumbien ans Licht kommt und die Verantwortlichen der Verbrechen bestraft werden. Es ist ein schlechtes Vorgehen einer Regierung, welche all diese Personen als Komplizen der Guerilla verleumdet, als ob es sich bei diesen Personen um Terroristen und Feinde des Vaterlandes handeln würde. Ich würde zur Vorsicht ermahnen, und dass die Arbeit und die Würde dieser Personen respektiert werden. Wenn es Beweise gegen eine dieser Personen gibt - seien es Richter des Obersten Gerichtshofes, JournalistInnen oder Direktoren von Medien - so sollen diese Beweise vor die Richter gebracht und Ermittlungen aufgenommen werden, wie es in jedem demokratischen Land der Fall ist.


*


2. Kommentar: Ein magersüchtiges Land

Von Gabriel Bustamante Peña, Berater von Viva la Ciudadanía


Ein Psychiater kann Kolumbien besser erklären, als ein Politologe oder ein Ökonom, denn wir müssen ein sehr gravierendes mentales Problem haben. Während die Mehrheit unter Mangelernährung leidet, wähnt sich das Land im Überfluss. Diese nervöse Magersucht wird nur mit einer Dosis Fernsehkonsum über eine falsche Sicherheit behandelt. Darin wird erklärt, warum unter der Finanzkrise die Bürokraten damit prahlen, dass es der Wirtschaft gut gehe, während Millionen von KolumbianerInnen ins Elend und die extreme Armut abgestürzt sind, 10% der Bevölkerung durch die Gewalt zu Vertriebenen wurden und die Selbstmorde aufgrund von Verschuldung alarmierend zunehmen. Doch die soziale und humanitäre Krise ist noch nie im Fernsehen gezeigt worden und noch viel weniger ist sie Grund, dass der Präsident den Notstand erklären würde.

Das Zerrbild, das uns vom Land präsentiert wird, stellt die Billionen-Gewinne des Bankensektors als grossen Erfolg dar, versteckt aber die Vertreibung von Tausenden von Familien, die in den letzten sechs Jahren auf der Strasse landeten. Es wird die hohe private Investition in Kolumbien gezeigt, aber die Gewalt verschwiegen, mit der diese den indigenen und Schwarzengemeinschaften aufgezwungen wird. Kolumbien wird uns als eine Agrarexport-Macht präsentiert, aber die Tragödie einer zur Entwurzelung gezwungenen Bauernschaft wird verdeckt, die Hunger leidet und von der Gewalt der Guerilla, den Paramilitärs und dem Staat bedrängt wird. Mit Stolz werden uns die Gewinne der grossen Unternehmen vorgestellt, aber geflissentlich verschwiegen, dass deren wenige Besitzer aufgrund der erbarmungslosen Ausbeutung von Tausenden von KolumbianerInnen (durch die Verneinung der Arbeitsrechte und -garantien), durch die Subventionen, Steuererleichterungen und weiteren von der Regierung verliehenen Begünstigungen zu Multimillionären geworden sind. Und es wird uns ein Präsident gezeigt, der nur arbeitet und arbeitet und arbeitet. Aber niemand sagt uns, für wen der Präsident arbeitet.

Diese verzerrte und wahnsinnige Wahrnehmung unserer harten Realität macht, dass wir uns dick und wohlhabend sehen, über die Strassen zu Landgütern fahrend, die wir nicht haben, und dies in Autos, die immer schwieriger zu halten sind, aufgrund des absurden Preises des Benzins und den hohen Strassenzollabgaben. Wir begrüssen mit Patriotismus geschwellter Brust die Helden, die es in Kolumbien wirklich gibt und entschuldigen die "falschen Erfolgsmeldungen", die Massenverhaftungen Unschuldiger und die Tragödie der Verschwundenen damit, dass die Strasse nach Cartagena gut bewacht ist. Und wenn wir dann in das heroische Cartagena kommen, ist unsere Pathologie derart gross, dass wir nicht einmal merken, dass die Stadt auf die Dollars und Euros ausgerichtet ist und jemand mit den wertlosen Pesos eines Minimallohnes hier nichts zu suchen hat.

Fast 7% des Bruttoinlandproduktes BIP wird für die Sicherheit aufgewendet. Nicht für die Sicherheit der Armen, sondern für jene der Grossunternehmer, für die Sicherheit auf den Strassen, auf denen sie ihre Ware transportieren und für ihre Wirtschaftsenklaven. Gegen 4% des BIP wird für Subventionen, Steuererleichterung und Vorzugsbehandlung für die Reichsten des Landes ausgegeben, darunter Bankiers, das Konglomerat Santodomingo oder die Gruppe Ardila Lülle. Ardila Lülle erhält beispielsweise gegen 80 Mio. US-Dollar durch die Subventionierung der Ethanolproduktion.

Sowohl die millionenschwere Investition in die Sicherheit für Unternehmer, wie auch die teuren Subventionen, die mit unseren Steuergeldern bezahlt werden, haben nach den Aussagen der Regierung nur einen Zweck: Die Schaffung von Arbeitsplätzen. Doch, während sich die Vermögen der grossen Kapitalisten verdreifacht haben, ist Kolumbien heute das Land mit der höchsten Arbeitslosigkeit in Lateinamerika, mit erniedrigenden Bedingungen für Unterbeschäftigte und einer sozialen Verarmung, die im krassen Widerspruch zu den Gewinnen der vom System verwöhnten Familien stehen, die damit prahlen, zu den weltweit Reichsten zu gehören.

Die kolumbianische Magersucht führt uns zu einem sterbenden Staat. Wir schauen gebannt den drastischen Einschränkungen von Rechten und Garantien und den einschneidenden Kürzungen lebensnotwendiger Mittel für das Gesundheits- und Bildungswesen zu. Und um das pathologische Bild noch zu vervollständigen, sagt unsere Regierung, dass wir aufhören sollen, Lebensmittel anzubauen, denn Kolumbien werde eine Agrotreibstoff-Exportmacht sein. So ist der Weg für den Hungertod von Millionen von KolumbianerInnen frei, die keinerlei Möglichkeit haben, die importierten Lebensmittel zu kaufen. Und ihr Tod wird das Resultat unserer tragischen Magersucht sein.


*


3. Podium: Das Reich

Von José Hilario López Rincón, Abogado de la Corporación Utopía


Ich schwöre dir, Adolf Hitler, Führer und Reichskanzler, Treue und Mut. Ich verspreche dir und deinen von dir ernannten Vorgesetzten Gehorsam bis zum Tod. Möge Gott mir helfen.
(Schwur der Waffen SS)

Die umfassenden und schwierigen Ereignisse der letzten Tage zeigen, dass es nicht nur eine eigenartige Übereinstimmung von Namen gibt, sondern auch nur eine geringe Distanz zwischen dem Sicherheitsdienst DAS von Präsident Uribe und dem Sicherheitsdienst Das Reich von Hitler. Die Abteilung SS Das Reich entstand als erste vollständige militärische Einheit der Waffen SS und diese bildete sich aufgrund der Notwendigkeit von Hitler, eine ihm absolut ergebene Armee zu schaffen, die ganz im Dienst der Nazi-Doktrin stand.

In seiner Strategie zur Machtergreifung bildete Hitler die Nationalsozialistische Arbeiterpartei. In seinem Kopf hatte er jedoch stets die Bildung von Sondereinheiten, die für den Schutz der Führer zuständig waren.

Unter anderem gestützt auf die Soziale Partei der Nationalen Einheit erreichte Uribe eine illegitime Wiederwahl und sucht nun mittels eines Referendum, welches von der gleichen Partei lanciert wird, seine Wiederwahl und den Verbleib an der Macht. Seit seiner Machtübernahme hat er alle Anstrengungen unternommen, um aus dem DAS einen Geheimdienst zu machen, der ihm und seinen Umgebenden zu Diensten steht.

Für niemanden ist es ein Geheimnis, dass der DAS "unter der Führung des Präsidenten der Republik" steht und ihm unterstellt ist (Artikel 208 der Verfassung). Es ist auch kein Geheimnis, dass der Präsident den Direktor des DAS bestimmt und es diesem "obliegt, die entsprechende Politik zu entwerfen, die administrativen Angelegenheiten zu leiten und das Gesetz auszuüben". Die Nabelschnur zwischen dem DAS und dem Regierungspalast ist legal und offensichtlich, auch wenn dessen Praktiken geheim und kriminell sind.

Vor nur zwei Jahren wurde der "gute Bursche" (A.d.Ü. so bezeichnete ihn Uribe) Jorge Noguera Cotes, ein persönlicher Freund aus dem engsten Kreis von Uribe und ehemaliger Direktor des DAS, unter der Anschuldigung der Zusammenarbeit mit dem Paramilitarismus festgenommen.

Im Jahr 2006 wurde eine Kommission geschaffen, welche die Krise des DAS analysieren und Empfehlungen formulieren sollte. Doch all dies geriet in Vergessenheit und erneut wurde bekannt, dass der DAS Informationen an die Paramilitärs, die Guerilla, die Drogenhändler und andere kriminelle Banden verkauft. Doch was noch schwerwiegender ist - und dies versucht man runter zu spielen - ist, dass der DAS heute mehr denn je zu einer Sondereinheit umgewandelt wird, welche die Führungsleute der Demokratischen Sicherheit schützen und an der Macht behalten soll.

Unter dem Vorwand der Staatssicherheit und der Sicherheit des Präsidenten existieren geheime Büros des DAS, werden illegal Telefone abgehört und e-mails abgefangen, werden Beschattungen durchgeführt und es werden technische und menschliche Mittel für Ziele eingesetzt, die der Präsident und sein engster Kreis für notwendig erachten. Die politische Polizei des Regimes von Uribe hat alle Sektoren zu ihrem inquisitorischen Ziel gemacht. JournalistInnen, PolitikerInnen, RichterInnen, Kongressabgeordnete - alle sind verdächtig. Im Bestreben, ein den Doktrinen Uribes völlig höriges Grüppchen zu schmieden, wird "jede Person oder Institution, welche eine mögliche Gefahr für die Regierung darstellt, vom DAS überwacht", wie in der Zeitschrift Semana ein Funktionär des DAS meinte.

Das Abhören, die Beschattungen und die Feindseligkeiten gegenüber der Opposition, JournalistInnen und selbst gegen RichterInnen des Obersten Gerichtshofes dürfen nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Wir haben es nicht mit Haltungen zweit- und drittrangiger Funktionäre zu tun, welche bloss fremde Gespräche mithören wollten, wie uns das Regime Uribe weismachen will.

Wir haben es mit kriminellen Handlungen unkalkulierbaren Ausmasses zu tun, deren Ziel darin besteht, sich um jeden Preis an der Macht zu halten. Überwachen, verfolgen, bedrängen von JournalistInnen, Oppositionellen und RichterInnen ist nicht eine Eigenschaft von Demokratien. Es ist ein Vorgehen von Tyranneien, die sich bedroht fühlen.

Die Erklärungen des obersten Chefs des DAS sind unglaubwürdig. Zu sagen, dass er keinen Befehl gegeben habe, Telefone abzuhören, ist eine Lüge, die nur wenige glauben, denn die Tatsachen zeigen das Gegenteil. Wen denn sonst, wenn nicht ihn, interessiert die Verfolgung, Anfeindung und das Abhören des Richters Iván Velásquez, dem wichtigsten Ermittler der Verbindungen zwischen Paramilitärs und Politikern? Wer, wenn nicht er, ist daran interessiert, den Richter Valencia Copete zu bedrängen, zu verfolgen und abzuhören, hat er doch eine Klage wegen vermeintlicher Verleumdung gegen Valencia und dessen Anwalt Ramiro Bejarano eingereicht? Dies tönt nach einem schlechten Witz, war doch Bajarano vor 14 Jahren selber Direktor des DAS und gehörte der Kommission an, welche die Krise des DAS untersuchte und im Jahr 2006 ihre Empfehlungen ausarbeitete.

Der Oberste Gerichtshof hat Recht, wenn er ankündigt, er werde diese Situation bei der Organisation Amerikanischer Staaten OAS und bei der UNO anklagen. Die fortgesetzten Feindseligkeiten gegenüber den Richtern wird zu einer Bedrohung und einem Angriff gegen einen Bereich des öffentlichen Rechts. Zudem ist damit zu rechnen, dass die von der Generalstaatsanwaltschaft aufgenommenen Ermittlungen auf halbem Weg stecken bleiben werden. Viele Dokumente und Tonbandaufnahmen wurden bereits vernichtet und als die Kriminalpolizei die Gebäude des DAS durchsuchte, wurden ihr nicht alle Türen geöffnet.

Dass der DAS aufhört, Telefone abzuhören und dies inskünftig von der Polizei gemacht wird, ändert nichts Grundlegendes an der Sache. Was das Land braucht und verlangt, ist, dass gesagt wird wer, wann und warum Telefone angezapft und illegale Beschattungen gemacht hat. Dies, obwohl wir bereits die Schlüsse ziehen können, wer, wann und wozu beschatten liess.


*


Quelle:
Kolumbien-aktuell Nr. 483, 13.03.2009
Herausgeber: Bruno Rütsche, ask Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien
Fachstelle Frieden und Menschenrechte
Postfach 7004, CH-6000 Luzern 7 / Schweiz
Tel. / Fax 0041 41 210 64 68
E-Mail: fachstelle.luzern@askonline.ch
Internet: www.askonline.ch - www.agrotreibstoffe.ch


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. März 2009