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LATEINAMERIKA/1248: Kolumbien - Landrückgabe soll beschleunigt werden, Titel für Personengruppen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 16. März 2011

Kolumbien: Landrückgabe soll beschleunigt werden - Titel für Personengruppen

Von Helda Martínez


Bogotá, 15. März (IPS) - Kolumbien will die Vergabe von Landbesitztiteln beschleunigen. Wie Landwirtschaftsminister Juan Camilo Restrepo am 15. März in der Hauptstadt Bogotá bekannt gab, werden die Besitzurkunden künftig für ganze "Grundstücksblöcke" ausgegeben. Auch sollen anders als bisher auch Personengruppen um Landtitel ansuchen dürfen.

Der seit August letzten Jahres amtierende konservative Staatspräsident Juan Manuel Santos hat sich die Rückgabe der Grundstücke auf die Fahnen geschrieben, die armen Bauern im Verlauf des bereits seit mehr als 50 Jahren währenden Bürgerkrieges gewaltsam entrissen worden waren.


Ehrgeizige Pläne

Nach offiziellen Angaben sind 40 Prozent aller ländlichen Grundstücke - 1,2 Millionen Parzellen - nicht als Eigentum registriert. Ziel der Regierung ist es nun, im Rahmen ihres Nationalen Entwicklungsplans den rechtmäßigen Besitzer bis Ende des Jahres Landbesitztitel über insgesamt 500.000 Hektar Land auszustellen. Zwar stoßen die Regierungspläne im In- und Ausland auf Zustimmung, doch ist ihnen nicht zu entnehmen, wie die Rückgabe der gestohlenen Ländereien praktisch vonstatten gehen soll.

Nach Angaben von Staatspräsident Santos konnten in den letzten fünf Monaten Landtitel für eine insgesamt mehr als 290.000 Hektar große Fläche ausgegeben werden. Auch Indigene und Afrokolumbianer hätten von den Maßnahmen profitiert.

Am 10. März stellte Santos die Pläne seiner Regierung zur ländlichen, landwirtschaftlichen und technologischen Entwicklung von Orinoquia vor. Die fast 300.000 Quadratkilometer große Region, die sich von der östlichen Andenkordillere bis zur venezolanischen Grenze erstreckt, gliedert sich auf in die Departements Arauca, Meta, Casanare, Vichada, Guainía und Guaviare und ist Heimat von 1,1 Millionen Menschen.

Gemäß dem Nationalen Entwicklungsplan sollen hier, dem landwirtschaftlichen Außenposten Kolumbiens, Titel für 70.000 Hektar ausgestellt werden, wie Santos auf der Carimagua-Hazienda im Bezirk Puerto Gaitán in Meta erklärte.

Das 22.700 Hektar große Gut war bereits 1970 vom staatlichen Landwirtschaftsinstitut als Sitz eines Forschungszentrums erworben worden. Inzwischen befinden sich 2.000 Hektar im Besitz der Armee, 3.000 Hektar sind für Forschungszwecke und 500 Hektar für den Bau von Wohnungen vorgesehen. Der große Rest von mehr als 17.000 Hektar soll landwirtschaftlich genutzt werden.

Mit diesen Plänen unterscheidet sich die Santos-Administration deutlich von der Regierung des ehemaligen Staatspräsidenten Álvaro Uribe, die das gesamte Gelände privaten Investoren über einen Zeitraum von 50 Jahren zur Kultivierung von Ölpalmen verpachten wollte.

Auch das 15.000 Hektar große Land, das sich der Paramilitär Pedro Oliveiro illegal angeeignet hatte, soll seinen ursprünglichen Eigentümern zurückgegeben werden. Oliveiro war im Dezember 2010 bei einem Einsatz der Armee getötet worden. Die Paramilitärs und die linken Rebellen unter Führung der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) sind die beiden illegalen Kräfte des andauernden Bürgerkrieges. Auch die 38.000 Hektar Land, die sich der ehemalige Senator Habib Merhef widerrechtlich angeeignet hatte, sollen an die ursprünglichen Besitzer zurückgegeben werden.


Ursachenbekämpfung angemahnt

Die staatlichen Landrückgabepläne werden zwar grundsätzlich begrüßt, doch die Durchführbarkeit des Vorhabens angezweifelt. So warnte Absalón Machado, der Autor eines Berichts zum Thema 'Rurale Entwicklung und Ländereien' des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP), dass die Vorhaben nur dann erfolgreich sein werden, wenn das Gewaltproblem als Ursache der Enteignungen gelöst wird. Der Report wurde 2009 begonnen und soll im kommenden Mai vorliegen.

Eine Einschätzung, die durch den Tod der Menschen, die sich für die Rückgabe der gestohlenen Ländereien eingesetzt haben, nur noch bestätigt wird. Das Engagement für eine Rückgabe der enteigneten Territorien kostete im letzten Jahr 46 Menschen das Leben. 2011 wurden bereits acht ermordet, wie Staatspräsident Santos auf der Carimagua-Hazienda erklärt. Er kündigte bei dieser Gelegenheit die Entsendung einer Elitegruppe an, die die Verbrechen aufklären sollen. (Ende/IPS/kb/2010)


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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. März 2011