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LATEINAMERIKA/1467: Kolumbien - Santos und Zuluaga in der Stichwahl (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 22 vom 30. Mai 2014
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

20 Millionen Enthaltungen
Kolumbien: Santos und Zuluaga in der Stichwahl

von Günter Pohl



Erwartungsgemäß gehen zwei rechtsgerichtete Kandidaten in die Stichwahl um das Präsidentenamt in Kolumbien. Bei der Wahl am vergangenen Sonntag kam Amtsinhaber Jan Manuel Santos mit 25,7 Prozent nur auf Platz 2 hinter dem Kandidaten von Ex-Präsident Uribe, der Paramilitärs und eines Teils der Goßgrundbesitzer, Óscar Zuluaga (29,3 Prozent). Die Stichwahl findet am 15. Juni statt.

Marta Ramírez (Konservative Partei) wurde Dritte mit 15,5 Prozent knapp vor Clara López (15,2 %), die für den linken Alternativen Demokratischen Pol kandidierte und von der Patriotischen Union und der Kommunistischen Partei unterstützt wurde. Clara López wurde dabei von fast 2 Millionen Menschen gewählt und kam überraschend nah an das für die kolumbianische Linke historisch zu nennende Ergebnis von 2006 heran, als Carlos Gaviria 2,6 Millionen Stimmen (22,0 %) erreichte. Auf den fünften und letzten Platz kam mit 8,3 Prozent Enrique Peñalosa für das "Grüne Bündnis". Sechs Prozent der abgegebenen Stimmzettel, also gut 770.000, waren leer, was als Protest gewertet werden kann. Hinzu kommen weitere 330.000 ungültige Zettel.

Auf einem neuen Tiefpunkt ist die Wahlbeteiligung angelangt: Nur 40 Prozent der Berechtigten stimmten ab, womit Santos weniger als ein Zehntel der Kolumbianerinnen und Kolumbianer erreichen musste, um in die Stichwahl zu gelangen. Santos rief in einer ersten Stellungnahme die drei Verlierer/innen auf ihn jetzt zu unterstützen, vor allem im Kampf gegen die Korruption, bei der Bildung und bei der Bewältigung des "Postkonflikts". Damit bezieht er sich auf den Verhandlungsprozess mit den FARC in Havanna. Obwohl bei Weitem noch nicht vom Erreichen einer Nachkriegsphase die Rede sein kann, trifft er damit allerdings ins Schwarze: Denn Óscar Zuluage, Gefolgsmann von Álvaro Uribe, unter dessen Präsidentschaften (2002 bis 2010) der Krieg ins Unermessliche gesteigert wurde, kritisiert die Verhandlungen und setzt stattdessen auf eine harte Hand gegen die Aufständischen. Juan Manuel Santos, selbst als Kriegsminister unter Uribe Ideengeber für jene Politik, steht nun für einen Erfolg der Verhandlungen, für den er eine zweite Amtszeit brauche: "Es gilt zwischen Angst und Hoffnung zu wählen!"

Dabei spricht einiges dafür, dass hinter den Kulissen Gespräche zwischen beiden Anwärtern geführt werden, um die FARC durch Hinhalten gleichzeitig militärisch so zu schwächen, dass sie am Ende in Havanna Bedingungen akzeptieren müssen, die ihr Ende einleiten sollen. Aber die FARC-Kommandanten haben das im Blick und sammeln parallel Pluspunkte: Während die Guerillas (neben den FARC auch das ELN) wegen der Wahlen eine einwöchige Angriffspause verkündet hatten, ist die Regierung zum wiederholten Male nicht darauf eingegangen. Das nach der Schlappe bei den Parlamentswahlen nun überraschend gute Ergebnis der Linken mag mit der veränderten Wahrnehmung, wer in Havanna für was steht, zu tun haben.

Dennoch ist es dieses Mal mehr als eine Wahl zwischen Pest und Cholera: Auf Santos lässt sich ein gewisser Druck ausüben, aber mit Zuluaga, dem im Wahlkampf Kontakte zu einem Geheimdienstler, der die FARC-Vertreter in Havanna bespitzelt hat, nachgewiesen wurden, dürften dem Land viele weitere Jahre Krieg bevorstehen. Und der bedeutet Verarmung und Verelendung und zudem Überdruss gegenüber einem Staat, dessen Wahlfarcen bereits 20 Millionen der 33 Millionen Wahlberechtigte nichts mehr abgewinnen können.

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 46. Jahrgang, Nr. 22 vom 30. Mai 2014, Seite 7
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juni 2014