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LATEINAMERIKA/1484: Bolivien - Klarer Sieg für Evo Morales (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 42 vom 17. Oktober 2014
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Auf Augenhöhe
Bolivien: Klarer Sieg für Evo Morales

von Günter Pohl



Ganz bedeutungslos ist die Festlegung eines Wahltermins auf einen 12. Oktober in einem lateinamerikanischen Land nicht. Am wenigsten vielleicht noch in Bolivien, dem Land Amerikas mit dem höchsten Anteil an Ureinwohnerschaft. Die Spanische Krone hatte den 12. Oktober (an dem 1492 "Amerika" von Kolumbus "entdeckt" wurde) als Día de la Raza, als Tag der Rasse, eingeführt.

Die "Rasse" schlägt seit Anfang des Jahrtausends in Kämpfen und Wahlen zurück. Evo Morales ist am Sonntag zum zweiten Mal wiedergewählt worden. Genaue Ergebnisse sollten erst ab Donnerstag vorliegen, aber die Nachwahlbefragungen ließen schon am Montag keinen Zweifel: Um die sechzig Prozent bedeuten den Sieg für den beliebten Präsidenten schon im ersten Wahlgang. In acht von neun Departements lag Morales vorn. Auf Platz 2 landete der Unternehmer Samuel Dorina mit geschätzt 25 Prozent, der in einer ersten Stellungnahme zusammenfasste, was Morales größtes Verdienst gewesen sei, nämlich "die Einbeziehung eines wichtigen Teils der Indigenen in das nationale Leben in Bolivien als sein wichtigster Beitrag." Damit gestand der Zementhersteller Dorina gleichzeitig ein, dass die Jahrhunderte alte Politik der Weißen nicht nur falsch, sondern bei einem Indigenenanteil von über siebzig Prozent auch nicht mehr wiederholbar ist. Denn die Völker begegnen sich in Bolivien jetzt auf Augenhöhe. Dritter wurde mit knapp 10 Prozent weit abgeschlagen Jorge Quiroga, rechtsgerichteter Ex-Präsident des Landes.

Nach 53,7 Prozent im Dezember 2005 und 64,1 Prozent im Dezember 2009 schaffte Evo Morales, selbst Aymara-Indianer, zum dritten Mal eine absolute Mehrheit. Nachdem 2009 eine neue Verfassung verabschiedet wurde, ist diese Wahl jedoch offiziell die erste Wiederwahl - Evo Morales ist damit bis Anfang 2020 gewählt und wird dann vierzehn Jahre an der Spitze des Staates gestanden haben. Sein Stellvertreter bleibt der Intellektuelle Álvaro García Linera. Evo Morales erklärte nach der Wahl, dass er die Opposition einbeziehen möchte. Zu den herausragenden Erfolgen der Linksregierung zählen die Reduzierung der Armutsrate, die Nationalisierung der Vorkommen von Gas und Öl sowie die antiimperialistische Außenpolitik. Entsprechend widmete Morales den Sieg Fidel Castro und dem Gedenken an Hugo Chávez. Auch an anderer Flanke konnte Morales punkten: der Rohstoffverkauf bescherte Bolivien ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum. So stiegen das Bruttoinlandsprodukt von 2005 bis 2013 von 1.010 auf 2.757 US-Dollar.

Im Wahlkampf konnte der Präsident sich sogar die Offenheit leisten den Einstieg in die Nukleartechnik anzukündigen - eigentlich ein Widerspruch. Denn dass ein Atomkraftwerk mit den Interessen der "Pachamama" (Mutter Erde) in Einklang zu bringen ist, kann wohl mit Fug und Recht bezweifelt werden. Eher schon mit dem Konzept des "Buen Vivir", dem "Guten Leben", wenn auch die atomausstiegsorientierte Linke in Europa Schwierigkeiten damit haben dürfte, dass vierundzwanzig Stunden täglich Strom zu haben durchaus einen Eindruck von gutem Leben vermittelt. Worauf in Europa deshalb auch niemand verzichten mag.

Außer dem Präsidenten wurden auch die 130 Abgeordneten und die 36 Senatsmitglieder bestimmt. Nach ersten Umfragen lag die regierende "Bewegung zum Sozialismus" (MAS) von Evo Morales auch hier weit vorn, mit der Möglichkeit einer Zwei-Drittel-Mehrheit.

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 46. Jahrgang, Nr. 42 vom 17. Oktober 2014, Seite 6
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Oktober 2014