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LATEINAMERIKA/2241: Mexiko - Friedensmarsch fordert Ende des Terrors der organisierten Kriminalität (Philipp Gerber)


Friedensmarsch in Mexiko fordert Ende des Terrors der organisierten Kriminalität

von Philipp Gerber, 19. September 2024


Tux­t­la Gu­tié­r­rez. Meh­re­re Tau­send Per­so­nen haben am Wo­chen­en­de [14./15.09.2024] im me­xi­ka­ni­schen Chia­pas gegen die zu­neh­men­de Ge­walt der or­ga­ni­sier­ten Kri­mi­na­li­tät de­mons­triert. Der Frie­dens­marsch in der Haupt­stadt Tux­t­la Gu­tié­r­rez, zu dem die ka­tho­li­sche Kir­che auf­ge­ru­fen hatte, fand brei­tes Echo. Die je nach Quel­le zwi­schen 10.000 bis 30.000 De­mons­tran­ten aus dem gan­zen Bun­des­staat, zu denen auch die in­di­ge­nen Maya-Völ­ker der Tzot­zil, Tzel­tal, To­jo­la­bal, Chol und Zoque ge­hör­ten, tru­gen weiße Fah­nen als Frie­dens­sym­bol und Trans­pa­ren­te mit Bot­schaf­ten wie "Frie­den für Chia­pas" und "Frie-

den ist ein Schrei, der es ver­dient, ge­hört zu wer­den".

Der be­kann­te Pfar­rer und Men­schen­rechts­ak­ti­vist Mar­ce­lo Perez von der Diö­ze­se San Cris­to­bal de Las Casas er­öff­ne­te den Marsch mit der Bot­schaft: "Chia­pas ist eine Zeit­bom­be. Es gibt viele Ver­schwun­de­ne, Ent­füh­run­gen und Morde auf­grund der Prä­senz des or­ga­ni­sier­ten Ver­bre­chens".

Ins­be­son­de­re in der Grenz­re­gi­on zu Gua­te­ma­la ist der Kampf der kri­mi­nel­len Ban­den um die Kon­trol­le

der Rou­ten für Dro­gen und Mi­gra­ti­on in den letz­ten Mo­na­ten es­ka­liert. Der Ter­ror und die Zwangs­re­kru­tie­run­gen führ­ten zur Flucht von zahl­rei­chen Dör­fern, ei­ni­ge flo­hen ins be­nach­bar­te Gua­te­ma­la.

Auf dem Frie­dens­marsch wurde auch an elf Men­schen aus dem Dorf Nuevo Mo­re­lia in der Ge­mein­de Chi­co­mu­se­lo er­in­nert, die im Mai mas­sa­kriert wur­den, weil sie die il­le­ga­le Aus­beu­tung einer Berg­bau­mi­ne an­ge­pran­gert hat­ten und sich wei­ger­ten, mit den Ma­fia­grup­pen zu kol­la­bo­rie­ren. Die Teil­neh­mer for­der­ten au­ßer­dem ein Ende die­ser Me­ga­pro­jek­te, denn die struk­tu­rel­le Ur­sa­che der Ge­walt liege in der "Ent­eig­nung der in­di­ge­nen Völ­ker", die durch Me­ga­pro­jek­te wie Berg­bau, Erd­öl­för­de­rung, den Bau von Au­to­bah­nen und der Pri­va­ti­sie­rung an­de­rer na­tür­li­cher Res­sour­cen wie Was­ser ge­för­dert werde, be­ton­ten die drei Diö­ze­sen von Tux­t­la Gu­tié­r­rez, Ta­pa­chu­la und San Cristóbal de Las Casas in ihrer ge­mein­sa­men Er­klä­rung.

Am Ende des zehn Ki­lo­me­ter lan­gen Pil­ger­mar­sches

wurde vor der Ka­the­dra­le im Stadt­zen­trum eine Messe zum Ge­den­ken an die Opfer der Ge­walt ze­le­briert und ein­mal mehr an die Re­gie­rung ap­pel­liert, die Dra­ma­tik des Ter­rors gegen die Be­völ­ke­rung in Chia­pas an­zu­er­ken­nen. Die Lo­kal­re­gie­rung wie auch Prä­si­dent An­drés Ma­nu­el López Ob­ra­dor haben die Si­cher­heits­kri­se in Chia­pas bis­her ver­harm­lost.

Wie dra­ma­tisch die Lage ist, zeig­te sich auch an­läss- lich des Un­ab­hän­gig­keits­ta­ges am 15. Sep­tem­ber, an dem in jeder Ge­mein­de Me­xi­kos die he­roi­sche Geste des Un­ab­hän­gig­keits­kamp­fes gegen die spa­ni­sche Ko­lo­ni­al­macht nach­ge­spielt wird. In den um­kämpf­ten Re­gio­nen Si­er­ra und Fron­te­ri­za in Chia­pas konn­te diese tra­di­tio­nel­le Feier nicht statt­fin­den. Auch in den Ge­mein­den Vil­laflo­res und Vil­la­cor­zo un­weit der Haupt­stadt wur­den die Ak­ti­vi­tä­ten ab­ge­sagt. Im Zen­trum von Tux­t­la Gu­tié­r­rez führ­te der chia­pane­ki­sche Gou­ver­neur Ru­ti­lio Escandón von der Par­tei More­na die Ze­re­mo­nie an. Doch in­mit­ten des pa­trio­ti­schen Ri­tu­als be­gann das Pu­bli­kum, die Pa­ro­le "Wir wol­len Frie­den" zu skan­die­ren.


Quellen:
https://www.chiapasparalelo.com/noticias/chiapas/2024/09/miles-marchan-en-chiapas-por-la-paz-contra-la-narcoviolencia-y-la-narcopolitica/
https://www.jornada.com.mx/2024/09/17/estados/028n1est


Erstveröffentlicht auf amerika21:
https://amerika21.de/2024/09/271536/demo-gegen-organisierte-kriminalitaet

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Quelle:
© 2024 by Philipp Gerber
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 24. Januar 2025

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