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NAHOST/450: Im Gazastreifen kommen nichtkonventionelle Waffen zum Einsatz (Press TV)


Press TV - Montag, 05. Januar 2009, 14:43:01 MEZ

Gegen die Gazabevölkerung kommen nichtkonventionelle Waffen zum Einsatz

Interview mit dem Arzt Dr. Mads Gilbert in Gaza,
von Akram al-Sattari, Press TV, Gaza


Doktor Mads Gilbert ist Mitglied eines Triage-Teams von Medizinern aus Norwegen, das sich im belagerten Gazastreifen aufhält. Das Team hat aufgedeckt, daß Israel in seinem Krieg nichtkonventionelle Waffen in dem verarmten Gebiet eingesetzt hat, das Heimat ist für 1,5 Millionen Palästinenser. Er hat die Bedingungen in Gaza in einem Exklusivinterview mit Press TV beschrieben.

Press TV: Was können Sie uns über die Uranfunde berichten?

Dr. Mads Gilbert: Zu den Erkenntnissen über Uran kann ich Ihnen nicht viel erzählen, aber ich kann berichten, daß wir deutliche Beweise dafür haben, daß die Israelis eine neue Art hochexplosiver Waffe einsetzen, die DIME (Dense Inert Metal Explosive) genannt wird und mit einer Wolframlegierung hergestellt ist.

Diese Waffen haben eine gewaltige Explosivkraft.

Die Heftigkeit der Detonation verebbt sehr schnell, und die Reichweite ist nicht groß, vielleicht 10 Meter, aber die Menschen, die von dieser Explosion getroffen werden, von dieser Druckwelle, werden in Stücke gerissen.

Sie wurde zum ersten Mal 2006 im Libanon benutzt, und sie wurde 2006 hier in Gaza benutzt, und bei vielen der Verletzungen, die wir jetzt hier in Schifa [im Krankenhaus] sehen, haben wir den Verdacht, und wir alle haben diesen Verdacht, daß sie durch DIME-Waffen, die die Israelis einsetzen, verursacht wurden.

Langfristig wird diese Waffe bei jenen, die es überleben, Krebs auslösen. Sie werden Krebs entwickeln, vermuten wir. Es hat kaum wissenschaftliche Untersuchungen dazu gegeben, aber man hat darüber unter anderem in den Vereinigten Staaten geforscht und ist zu dem Ergebnis gekommen, daß diese Waffen ein große Neigung dazu haben, Krebs zu verursachen. Sie töten also, und wer sie überlebt, hat das Risiko, an Krebs zu erkranken.

Press TV: Und was sagen Sie dazu?

Dr. Mads Gilbert: Alles, was hier zur Zeit in Gaza passiert, verstößt gegen internationales Recht, es ist gegen die Menschlichkeit, und ich bin der Meinung, daß es gegen das verstößt, was es heißt, ein anständiger Mensch zu sein.

Man geht so nicht mit anderen Menschen um. Auch dann, wenn man nicht seiner Meinung ist, auch wenn man vielleicht gegen ihn kämpft, man behandelt Zivilisten, Kinder und Frauen nicht auf diese Weise.

Und ich appelliere an die israelischen Ärzte und Krankenschwestern. Sie sind meine Kollegen. Wir gehören zu derselben internationalen Gemeinschaft, der medizinischen Gemeinschaft. Ich wünsche mir, daß die guten Ärzte und Krankenschwestern in Israel von ihrer Regierung fordern, diese Abscheulichkeiten zu beenden. Wir können damit nicht weitermachen. Wir unterscheiden uns vielleicht in unseren Ansichten, aber man kann die palästinensische Zivilbevölkerung nicht auf diese Weise behandeln.

Heute haben sie Gaza-Stadt bombardiert; wir haben 150 Verletzte aufgenommen und über 50 Tote.

Press TV: Nur in Schifa?!

Dr. Mads Gilbert: Ja, hier in Schifa. Ich habe einen zehnjährigen Jungen behandelt. Die ganze Brust war mit Fragmenten der Bombe gefüllt. In seinem Schoß lag das abgetrennte Bein eines anderen Menschen. Wir belebten ihn wieder und taten alles, was wir konnten, um sein Leben zu retten, aber er starb uns unter den Händen.

Dies ist eine so furchtbare Erfahrung, und hinter den Zahlen, über die Sie die ganze Zeit berichten, stecken Menschen, Familien, Frauen, Großmütter, Kinder. Das ist also die Realität in dieser Situation. Die, die den Preis für die israelischen Bombenangriffe zahlen, sind jetzt die einfachen Menschen, das palästinensische Volk.

Die Hälfte der Bevölkerung von Palästina ist unter 15 Jahre alt, und 80 Prozent der Menschen in Gaza leben unter der von der UNO festgelegten Armutsgrenze. Jetzt haben sie nichts zu essen, sie haben keinen Strom. Es ist kalt, und sie haben keine Wärme, und dann werden sie noch dazu umgebracht.

Das muß aufhören.

Press TV: Wieviele Menschen haben Sie gesehen, die von dieser Waffe verletzt wurden?

Dr. Mads Gilbert: Fast alle Patienten, die wir aufgenommen haben, weisen diese schwerwiegenden Verstümmelungen auf. Sie scheinen durch diese Art von Waffe verletzt worden zu sein. Natürlich haben wir viele Verletzte durch Bombensplitter und Verbrennungen, aber die, deren Beine abgetrennt wurden, machen einen ziemlich hohen Anteil aus.

Sie wissen, daß wir eine Menge zu tun haben. Palästinensische Ärzte, Krankenschwestern und Sanitäter leisten eine unglaublich heldenmütige Arbeit, um ihre Leute zu retten. Doktor Eric und ich sind nur ein kleiner Tropfen im Ozean, aber wir lernen von ihnen. Unglücklicherweise haben wir keine Zeit für die Forschung, wir müssen Menschenleben retten, aber diese Frage sollte von der internationalen Gemeinschaft erforscht werden.


Übersetzung aus dem Englischen: Redaktion Schattenblick

Orginalartikel unter:
http://www.presstv.ir/detail.aspx?id=80685&sectionid=3510302


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Quelle:
Press TV, 05.01.2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Januar 2009