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BERUF/1708: MINT Nachwuchsbarometer 2015 - Berufliche Ausbildung kämpft mit Imageproblemen (idw)


Körber-Stiftung - 12.11.2015

MINT Nachwuchsbarometer 2015: Berufliche Ausbildung kämpft mit Imageproblemen

Praktika und Berufsberatung stärken, Lehrerberuf attraktiver machen


Wenig Kontakt mit Menschen, ein gefährlicher - und dazu noch kalter - Arbeitsplatz und körperlich anstrengende Aufgaben: So stellen sich viele Schülerinnen und Schüler die Arbeit in MINT-Berufen vor. Dieses negative Image sowie Defizite in der Berufsberatung tragen laut dem MINT Nachwuchsbarometer 2015 von acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften und der Körber-Stiftung wesentlich dazu bei, dass Jugendliche sich vermehrt gegen eine berufliche Ausbildung im MINT-Bereich entscheiden. Dabei klaffen Vorstellung und Realität weit auseinander: Von MINT-Auszubildenden wird ein Großteil der durch die Schüler genannten Vorurteile nicht bestätigt. Um den Trend umzukehren, sind eine verbesserte Berufsorientierung und vor allem praktische Erfahrung von zentraler Bedeutung. Für über 60 Prozent der MINT-Azubis war ein Betriebspraktikum wichtigste Entscheidungshilfe bei der Wahl einer technischen Ausbildung.


Zahl der Ausbildungsverträge sinkt, Mädchen wird abgeraten

Während es bei den MINT-Studienanfängern, insbesondere in den Ingenieurwissenschaften, einen leicht positiven Trend gibt, ging die Zahl neu abgeschlossener MINT-Ausbildungsverträge binnen 10 Jahren um 8 Prozent zurück. Zugleich fiel die Zahl der bestandenen MINT-Ausbildungsabschlüsse um 21 Prozent. Ohne Gegenmaßnahmen wird die vom Institut der deutschen Wirtschaft für 2015 diagnostizierte Lücke von rund 78.000 beruflich qualifizierten Fachkräften weiter wachsen.

"Wir müssen jungen Menschen klar machen, dass MINT-Ausbildungen viel attraktiver sind, als sie glauben", fordert Prof. Dr. Ortwin Renn, Mitglied des acatech Präsidiums und wissenschaftlicher Leiter der Studie.

"Das negative Image hält selbst MINT-affine Jugendliche von entsprechenden Ausbildungen ab." Vor allem Schülerinnen sind skeptisch; ihr Anteil in MINT-Ausbildungsberufen stagniert bei rund 10 Prozent. "Für junge Frauen ist der Einstieg nach wie vor schwer. Eltern und Bekannte raten ihnen fünfmal häufiger von einer MINT-Ausbildung ab als Männern", erläutert Matthias Mayer, Leiter des Bereichs Wissenschaft bei der Körber-Stiftung.

Auch im Berufsalltag haben sie zu kämpfen: "Jeder fünfte Kollege hält weibliche Azubis für weniger geeignet. Vorurteile in den Betrieben müssen abgebaut, MINT-interessierte Mädchen ermutigt und durch weibliche Vorbilder gestärkt werden."


Mangel an MINT-Lehrkräften spitzt sich weiter zu

Die Nachwuchssituation bei den Lehrkräften für naturwissenschaftliche und technische Fächer ist ebenfalls alarmierend - das gilt für allgemeinbildende Schulen, aber ganz besonders für Berufsschulen. Hatten 2004 noch knapp 17 Prozent der Lehramtsabsolventen für Berufsschulen ein technisches Fach studiert, waren es 10 Jahre später nur noch 9 Prozent.

Helfen könnte beim Berufsschullehramt der verstärkte Quereinstieg von pädagogisch motivierten Auszubildenden, Betriebspraktikern und Fachhochschülern. Insgesamt bleibt es eine Kernaufgabe der Politik, den Lehrerberuf im MINT-Bereich attraktiver zu machen. Gut ausgebildete Lehrkräfte sind von zentraler Bedeutung, um die Qualität der Ausbildung in Deutschland für die Zukunft zu sichern und Jugendliche bereits in der Schule für MINT zu begeistern.


Über das MINT Nachwuchsbarometer
Das MINT Nachwuchsbarometer erforscht individuelle Motivationen und gesellschaftliche Entwicklungen bei MINT-Studiengängen und -Berufen. Vorliegende Datenquellen werden umfassend ausgewertet und systematisch in einer Metastudie zusammengeführt. Der Bericht wird seit 2014 gemeinsam von acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften und der Körber-Stiftung herausgegeben. Die Studie wird vom Forschungsinstitut Dialogik erstellt. Sie unterstützt den gesellschaftlichen Dialog zur Nachwuchssicherung, dient als Frühwarnsystem, Planungs- und Entscheidungshilfe für Politiker, Pädagogen und Projektmacher.

Infografiken zu ausgewählten Studienergebnissen zum Download:
• Image und Realität von MINT-Berufen klaffen auseinander
• Praktika sind wichtigste Entscheidungshilfe für MINT-Ausbildung

acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften vertritt die deutschen Technikwissenschaften im In- und Ausland in selbstbestimmter, unabhängiger und gemeinwohlorientierter Weise. Als Arbeitsakademie berät acatech Politik und Gesellschaft in technikwissenschaftlichen und technologiepolitischen Zukunftsfragen. Darüber hinaus hat es sich acatech zum Ziel gesetzt, den Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu unterstützen und den technikwissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern.

Die Körber-Stiftung stellt mit ihren operativen Projekten, Netzwerken und Kooperationspartnern derzeit fünf aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen in den Fokus: MINT-Förderung, Dialog mit Asien, Umgang mit Geschichte, Potenziale des Alters und Musikvermittlung. 1959 vom Unternehmer und Anstifter Kurt A. Körber ins Leben gerufen, ist die Stiftung heute von ihren Standorten Hamburg und Berlin aus national und international aktiv.

Weitere Informationen unter:
http://www.koerber-stiftung.de/Nachwuchsbarometer
http://www.acatech.de/MINT-Nachwuchsbarometer

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution856

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Körber-Stiftung, Eeske Anne Wykhoff, 12.11.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. November 2015

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