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GAZA/048: Waffengang und Widerstand - ethnozide Gewalt ... (WSWS)


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Lehnt die israelische Invasion in Gaza ab!

Erklärung des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (18. Juli 2014)



Das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI) verurteilt die Bodenoffensive gegen Gaza durch die israelische Armee. Hier entwickelt sich ein kalkuliertes Kriegsverbrechen gegen eine wehrlose Bevölkerung von 1,8 Millionen Palästinensern, die in einem winzigen Streifen Land von weniger als 520 Quadratkilometern gefangen ist. Alle Zugänge im Norden und Osten werden vom zionistischen Staat blockiert und im Süden vom ägyptischen Regime.

Alle Beteuerungen herrschender Kreise, dass der Angriff eine berechtigte Antwort auf die primitiven Raketen sei, die von der islamistischen palästinensischen Hamas auf Israel abgefeuert werden, disqualifizieren sich selbst. Lediglich ein Israeli ist den Angriffen der Hamas zum Opfer gefallen, während durch israelische Luftschläge Dutzende Hamas-Anhänger und Hunderte palästinensischer Zivilisten, darunter viele Frauen und Kinder, ums Leben gekommen sind.

Den ganzen Juni über nutzten die israelischen Streitkräfte die Suche nach drei vermissten Jugendlichen als Vorwand, die Westbank gewaltsam zu durchsuchen. Sie nahmen mehr als 600 angebliche Hamas-Mitglieder fest und terrorisierten die palästinensische Bevölkerung. In den letzten beiden Wochen ließ Israel Tod und Zerstörung auf den Gazastreifen regnen. Sein Militär griff nicht nur 1.000 Wohnhäuser an, sondern auch Cafes, Moscheen, Gesundheitseinrichtungen, klar gekennzeichnete Fahrzeuge, in denen Medienvertreter unterwegs waren, sowie Wasser- und Klärwerke.

Auch die Behauptung, die Invasion in Gaza sei durch die Ablehnung des von Ägypten vermittelten Waffenstillstands provoziert worden, verdient nur Verachtung. Der so genannte Waffenstillstand ging auf keine der grundlegenden Forderungen der Palästinenser ein, vor allem die Aufhebung der Wirtschaftsblockade des Gazastreifens und die Freilassung der in der Westbank Inhaftierten und anderer politischer Gefangener. Der Waffenstillstand wurde nur deshalb angeboten, damit er von den Palästinensern zurückgewiesen wird. Dieses Scheinangebot sollte den USA, den europäischen Mächten und den arabischen Staaten helfen, den israelischen Angriff propagandistisch zu rechtfertigen.

Der Wohnungsbauminister der Hamas, Moufeed al-Hasainah, erklärte gestern: "Wir wollen einen Waffenstillstand, aber keinen Waffenstillstand um jeden Preis. Wir sind keine Tiere. Was bedeutet ein Waffenstillstand ohne offene Grenzübergänge? Ohne Löhne? Ohne Arbeitsplätze?"

Vor der Bodenoffensive waren schon mindestens 243 Palästinenser in Gaza getötet und mehr als 1.800 verwundet worden. Das Blutvergießen wird jetzt deutlich zunehmen.

Armeesprecher Brigadegeneral Motti Almoz erklärte, dass ab 22.00 Uhr am Donnerstagabend "zahlreiche Bodentruppen mit starker Luft- und Seeunterstützung begonnen haben, Ziele in Gaza zu übernehmen und gegen Tunnel, Terroraktivisten und Infrastruktureinrichtungen vorzugehen."

Die israelische Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ordnete gestern die Mobilisierung weiterer 18.000 Reservisten an. Die nur leicht bewaffneten palästinensischen Kämpfer werden versuchen, ihr Volk gegen über 60.000 israelische Truppen zu verteidigen, die mit US-Panzern, schwerer Artillerie, Kampfflugzeugen, Kampfhubschraubern, bewaffneten Drohnen und modernstem Personenschutz ausgerüstet sind.

Journalisten, die über Twitter und andere Portale die ersten Stadien des Angriffs beschreiben, schildern schon jetzt Terrorszenen aus den Städten Beit Lahiya und Al Atatra im Norden Gazas. Die palästinensische Seite der Grenze wird mit Panzer- und Artilleriefeuer, Luftangriffen und Geschützfeuer von israelischen Kriegsschiffen vor der Küste belegt. Der Strom ist abgestellt, das ganze Gebiet in totaler Finsternis, nur unterbrochen von den Blitzen der Explosionen.

Das palästinensische Gesundheitsministerium berichtet über "Dutzende Menschen, die in Krankenhäuser im Norden eingeliefert wurden, weil sie aufgrund von irgendeinem Gas unter Erstickungsanfällen leiden". Schon vor der Bodenoffensive hatten Gesundheitsbehörden berichtet, dass die israelische Armee wieder illegale Munition mit weißem Phosphor einsetze, was sie bereits bei dem Krieg gegen Gaza von 2008-2009 getan hatte. 2004 hatten amerikanische Truppen diese Waffe bei der Belagerung von Falludscha im Irak eingesetzt.

Netanjahus Vertreter haben erklärt, das Ziel der Invasion sei nicht der Sturz der Hamas-Regierung, sondern viele Menschen zu töten und massenhafte Zerstörung anzurichten, sich dann zurückzuziehen und Gaza als rauchende Ruine zu hinterlassen. Im Norden des Gaza-Streifens wiesen aus der Luft abgeworfene Flugblätter die gesamte Bevölkerung von sechs Städten an, ihre Häuser zu verlassen und in Gaza Stadt Zuflucht zu suchen. Die Bewohner von vier Städten im Zentrum des Territoriums wurden angewiesen, nach Khan Younis zu fliehen, während im Süden die Menschen in zwei Städten aufgefordert wurden, nach Rafah zu flüchten.

Zehntausende Menschen konnten oder wollten diesen Anweisungen nicht folgen und sind jetzt dem israelischen Militär auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Die kommenden Tage werden erweisen, ob die Armee den Befehl hat, die betroffenen Gemeinden völlig dem Erdboden gleichzumachen. Als Vorwand dient die Zerstörung der unterirdischen Gänge von Gaza nach Israel, um den Hamas-Kämpfern die Möglichkeit zu nehmen, ihre praktisch wirkungslosen Raketen abzuschießen.

Das Vorgehen des Netanjahu-Regimes bezeugt den völligen moralischen Verfall der Verteidiger des Zionismus und die totale Sackgasse der reaktionären Perspektive eines auf religiöser Identität beruhenden jüdischen kapitalistischen Staates im Nahen Osten. Der Versuch der Zionisten, die enormen Klassenspannungen und sozialen Gegensätze in Israel in die Zerschlagung des jahrzehntelangen Widerstands der palästinensischen Bevölkerung umzulenken, nimmt jetzt die Dimension eines Völkermords an. Unabhängig davon, wie viele in Gaza in den nächsten Tagen und Wochen durch israelische Raketen und Kugeln sterben werden, ist das Leben von Hunderttausenden durch den praktischen Zusammenbruch der Wasserversorgung und der Klärwerke bedroht.

Die Netanjahu-Regierung könnte ihren Krieg gegen die palästinensische Bevölkerung nicht ohne ihre zahllosen Mittäter führen. Der US-Imperialismus gewährt Israel politische und militärische Hilfe ohne Einschränkung. Die europäischen Mächte gaben eine voraussehbare Erklärung ab, in der sie ihr "tiefes Bedauern über den Verlust unschuldiger Menschenleben" in Gaza kundtaten. Gleichzeitig bekräftigten sie, dass "Israel das Recht hat, seine Bevölkerung zu schützen".

Ägypten, die anderen arabischen bürgerlichen Regimes und die Palästinensische Autonomiebehörde von Präsident Mahmud Abbas machen die Weigerung der Hamas verantwortlich, weil sie ein betrügerisches Waffenstillstandsangebot nicht akzeptiert hat, das ihre Gegner im Bund mit Israel ausgeheckt hatten. Die Hamas-Führung selbst hat keine andere Antwort auf den Angriff, als an genau die arabischen bürgerlichen Kräfte und an die von den Imperialisten kontrollierten Vereinten Nationen zu appellieren, die das palästinensische Volk so unsäglich verraten haben.

Die Gräueltaten in Gaza werden die Abscheu und die Feindschaft von Arbeitern und Jugendlichen gegen ihre eigenen Regierungen und herrschenden Klassen in Israel, im ganzen Nahen Osten und weltweit vertiefen. Die Zukunft hängt vom Aufbau von Parteien des Internationalen Komitees der Vierten Internationale ab, wie wir in der WSWS-Perspektive vom 12. Juli[1] schrieben. Sie werden für das Programm des sozialistischen Internationalismus kämpfen, und sich für die Einheit der arabischen und jüdischen Arbeiterklasse und einen gemeinsamen Kampf gegen Kapitalismus und Imperialismus einsetzen.

Anmerkungen:
[1] http://www.wsws.org/de/articles/2014/07/15/isra-j15.html

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Quelle:
World Socialist Web Site, 19.07.2014
Lehnt die israelische Invasion in Gaza ab!
Erklärung des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (18. Juli 2014)
http://www.wsws.org/de/articles/2014/07/19/gaza-j19.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juli 2014