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LIBYEN/006: Friedensverhandlungen statt Waffenlieferungen (IPPNW)


IPPNW-Presseinformation vom 28.6.2011
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland

Friedensverhandlungen statt Waffenlieferungen

Libyenkrieg: Flüchtlingen helfen


Laut Medienbericht hat die deutsche Bundesregierung in Aussicht gestellt, der NATO Technik und Bauteile für Bomben für den Libyenkrieg zu liefern. "Dieses Zugeständnis konterkariert eine Verhandlungslösung des Konflikts", kritisiert der IPPNW-Vorsitzende Matthias Jochheim. Wir fordern Bundesaußenminister Guido Westerwelle auf, seinen Vorsitz im UN-Sicherheitsrat ab Juli dafür zu nutzen, um eine sofortige Waffenruhe entsprechend der UN-Resolution 1973 herbeizuführen. Zudem sollte er die Friedensbemühungen der Afrikanischen Union unterstützen und sich für einen Stopp von Waffenlieferungen an Libyen und die gesamte Region einsetzen.

Bisher ist Deutschland allerdings Europameister bei den Rüstungsexporten. Zu den Empfängern deutscher Waffen und Lizenzen zählen selbst Diktaturen und autoritäre Regime. So genehmigte die Bundesregierung laut Rüstungsexportbericht im Jahr 2009 die Lieferung von Kommunikationsausrüstung sowie Störsendern nach Libyen in Höhe von 53.154.423 Euro. Störsender können verwendet werden, um die Kommunikation der Widerstandsbewegung per Handy, Twitter oder Facebook zu unterbinden. Mercedes Benz lieferte 2010 25 Panzertransporter in das Land. "Deutschland darf nicht länger mit seinen Waffenlieferungen zur weltweiten Gewalteskalation beitragen. Wer die Wahrung von Menschenrechten einfordert, macht sich unglaubwürdig, wenn er gleichzeitig mit Waffenlieferungen Konflikte schürt", so Matthias Jochheim. Deshalb beteiligt sich die IPPNW an der Kampagne "Aktion Aufschrei: Stoppt den Waffenhandel", deren Ziel ein im Grundgesetz verankertes Verbot deutscher Rüstungsexporte ist.

Zudem fordert die Ärzteorganisation die deutsche Bundesregierung auf, sich für eine großzügige humanitäre Hilfe für die Kriegsopfer und Flüchtlinge in Europa einzusetzen. Nach Angaben des UN-Flüchtlingskommissars Antonio Guterres sind seit dem Beginn des Aufstands gegen Machthaber Muammar al Gaddafi über 400.000 Menschen verschiedener Nationalitäten aus Libyen in das Nachbarland Tunesien geflohen. Bisher hat sich die Bundesregierung allein zur Aufnahme von 150 Flüchtlingen aus Malta durchgerungen. "Das ist angesichts der dramatischen Zahlen und der großzügigen Aufnahme durch die Nachbarländer ein Hohn. Es ist eine Schande, dass die europäischen Staats- und Regierungschefs am 23. Juni in Brüssel vereinbart haben, die Kompetenzen der Grenzschutzagentur Frontex zu erweitern, statt Flüchtlinge aufzunehmen", so Matthias Jochheim.

Nach Hinweisen von Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen wurden im Rahmen von Frontex-Einsätzen immer wieder Menschen- und Flüchtlingsrechte verletzt. Seit Anfang des Jahres sind mehr als 1.600 schutzsuchende Menschen aus Libyen im Mittelmeer gestorben.


Weitere Informationen zu der Kampagne "Aktion Aufschrei: Stoppt den Waffenhandel", an der sich die IPPNW beteiligt, finden Sie unter:
www.aufschrei-waffenhandel.de


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Quelle:
Pressemitteilung vom 28. Juni 2011
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland
Körtestr. 10, 10967 Berlin
Tel. 030/69 80 74-0, Fax: 030/69 38 166
E-Mail: ippnw@ippnw.de
Internet: www.ippnw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juni 2011