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WESTSAHARA/058: Marokko gefährdet die ohnehin instabile Lage in Nordafrika (Polisario)


Vertretung der Frente Polisario für die Schweiz und bei den Vereinten Nationen

Presseerklärung - Genf, 3. März 2011


Erneut haben marokkanische Polizei und Streitkräfte in El-Aaiun, der besetzten Hauptstadt Westsaharas, der letzten Kolonie Afrikas, das friedliche Sit-in einer Gruppe saharauischer Organisationen, der Familien der Opfer von Gewalt und Rechtsbruch sowie arbeitsloser Berufsausbildungsabsolventen gewaltsam unterdrückt. Der Angriff hatte mindestens zehn Verletzte zur Folge; unter ihnen befindet sich der 81jährige Großvater Deida Yazid.

An den vier dem vorausgegangenen Tagen von Sonnabend, dem 26., bis Mittwoch, den 2. März, animierten die marokkanischen Behörden Gruppen marokkanischer Siedler in der besetzten Stadt Dakhla (im Süden Westsaharas) zu einer allgemeinen Hetzjagd auf saharauische Familien und ließen zu, daß sie deren Habe zerstörten, 34 Häuser verwüsteten und in Brand setzten, 80 Autos zerstörten und Dutzende Zivilisten dabei verletzten.

Bis zum jetzigen Zeitpunkt sind die saharauischen Zivilisten in der Stadt Dakhla einer sehr restriktiven, militärischen Belagerung unterworfen, werden eingeschüchtert und sind nicht in der Lage, ihr Alltagsleben normal zu bestreiten. Verläßliche Informationen aus der Stadt bestätigen, daß bewaffnete marokkanische Soldaten die marokkanischen Angreifer beschützen. Andere Zeugen versichern, daß der marokkanische Gouverneur, Hamid Shabbar, selbst dabei beobachtet wurde, daß er diese animierte, eine gewalttätige, bewaffnete Miliz zu bilden, und ihnen für die "Schmutzarbeit" dankte, die sie zur Einschüchterung der Saharauis leisteten.

Darüber hinaus hält Marokko nach wie vor rund 200 saharauische politische Häftlinge in unterschiedlichen Gefängnissen interniert. 20 von ihnen sollen vor einem Militärgericht erscheinen, und zahlreiche Gefangene geben an, daß sie gefoltert, vergewaltigt und mißhandelt wurden und sich unter schwersten Bedingungen in Haft befinden, die nicht einmal minimalste Anforderungen erfüllen. Eine Liste der Opfer, die offiziell vom Marokkanischen Königlichen Beirat für Menschenrechte angenommen wurde, bestätigt die Verantwortung der marokkanischen Regierung für den Tod von 350 saharauischen Gefangenen zwischen 1975-1992, eine Tatsache, die zuvor offiziell immer abgestritten wurde.

Die saharauische Vertretung in Genf ist zutiefst besorgt über die ernste Situation für die Menschenrechte in den besetzten Westsahara-Gebieten und verurteilt diese offizielle Besatzungs- und Segregationspolitik Marokkos gegenüber den saharauischen Zivilisten sowie die gewaltsame Unterdrückung energisch und appelliert dringlich an die internationalen Medien, Nichtregierungsorganisationen, die zuständigen UN-Organe und die UN-Staaten aufzumerken und auf diese Entwicklungen zu reagieren, die die Region in eine gefährliche Entwicklung und Gewalt stürzen könnten. Die aktuellen Ereignisse in Tunesien, Ägypten, Libyen und anderenorts stellen sehr aufschlußreiche Entwicklungen dar, die die internationale Gemeinschaft dazu veranlassen sollten, den Forderungen und Hoffnungen der Völker auf Freiheit, Demokratie und Würde Gehör zu schenken.

Daß Marokko weiterhin darauf besteht, die bürgerlichen, wirtschaftlichen und politischen Rechte des saharauischen Volkes zu verletzen, ist inakzeptabel und gefährlich und sollte mit Sanktionen belegt werden, weil es eine Bedrohung für die Stabilität des bereits destabilisierten Nordafrika darstellt.

Marokko unterwirft die besetzten Westsahara-Territorien hinter einer 2700 km langen militärischen Sperrmauer einer militärischen Belagerung und verhängt eine schändliche Mediensperre über sie, während viele internationale Menschenrechtsorganisationen zugleich ganz klar seine Verantwortung für gröbste Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit bestätigten, deren letzte im militärischen Überfall auf friedliche Demonstranten im Lager "Gdeim Izik" im November 2010 bestand. Dennoch scheint die internationale Gemeinschaft taub zu sein für die Hilferufe der saharauischen Opfer, und die EU ist anscheinend sogar bereit, Marokko dabei zu helfen, die Naturressourcen der besetzten Gebiete auszubeuten, ungeachtet des Gutachtens des UN-Vizegeneralsekretärs für Rechtsfragen, Hans Corell, über die Unrechtmäßigkeit dieser Nutzung und trotz der Opposition des Europaparlaments gegen eine Verlängerung des rechtswidrigen Fischereiabkommens, das Europa gegen den Willen der Saharauis mit Marokko abschließt.

Die Menschenrechte sind unteilbar und universell, und wenn wir wirklich eine Welt errichten wollen, die auf der Achtung der Menschenwürde gründet, ist es umso entscheidender, das Völkerrecht zu respektieren und zu schützen. Jede Art von Verstoß ist zu bestrafen und zu verurteilen, und es darf kein doppelter Maßstab akzeptiert oder toleriert werden, anderenfalls sehen die Menschheit und die Zivilisation einer düsteren Zukunft entgegen.

Vertretung der Frente Polisario für die Schweiz und bei den Vereinten Nationen


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Quelle:
Presseerklärung, 03.03.2011
Vertretung der Frente Polisario für die Schweiz und bei den Vereinten Nationen
Rue de Vermont 9, 1202 Genf, Schweiz, Tel./Fax: 0041-227403439
E-Mail: polisario.swiss@bluewin.ch
In einer Übersetzung des Schattenblick aus dem Englischen


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. März 2011