Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → ERNÄHRUNG

FISCHEREI/261: Pakistan - Großes Fischereipotenzial kaum genutzt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 5. November 2014

Pakistan:
Großes Fischereipotenzial kaum genutzt

von Zofeen Ebrahim

Bild: © Zofeen Ebrahim/IPS

Fischerboote im Hafen von Karachi
Bild: © Zofeen Ebrahim/IPS

Karachi, 5. November (IPS) - In der südpakistanischen Stadt Karachi liegen etwa 2.000 große und kleinere Boote in grauem, schlammigen Wasser vor Anker. Überall riecht es nach Fisch. Zwischen 100.000 und 150.000 Männer arbeiten im Hafen. Morgens, wenn die Händler ihren Fisch verkaufen, geht es hier besonders laut und turbulent zu. Das Be- und Entladen der Schiffe geht ununterbrochen bis zum Nachmittag weiter. Vor dem Ablegen werden Vorräte, Treibstoff, Wasser und Eis an Bord verstaut und Netze, Seile und Motoren kontrolliert.

Bild: © Zofeen Ebrahim/IPS Bild: © Zofeen Ebrahim/IPS

links: Im Hafen von Karachi arbeiten ausschließlich Männer
rechts: Söhne von Fischern helfen ihren Vätern
Bilder: © Zofeen Ebrahim/IPS

An einem Ende des Hafens entstehen riesige hölzerne Schiffsrahmen. In der Nähe werden Fischernetze geknüpft oder repariert. Ein mittelgroßes, etwa 15 Meter langes Boot fährt mit 20 bis 25 Fischern an Bord für gut einen Monat auf die hohe See hinaus. Der Verdienst der Männer hängt von der Menge ab, die sie fangen. In günstigen Fällen kommen monatlich 145 US-Dollar zusammen - doch eine Garantie gibt es nicht.

Bild: © Zofeen Ebrahim/IPS Bild: © Zofeen Ebrahim/IPS

links: Täglich fahren etwa 2.000 Fischerboote vom Hafen Karachi aus aufs Meer
rechts: Herstellung hölzerner Schiffsrahmen
Bilder: © Zofeen Ebrahim/IPS

Das südasiatische Land hätte das Potenzial, ein großer Produzent von Fisch und Meeresfrüchten zu werden, nicht nur für den Eigenbedarf, sondern auch für den Weltmarkt. Derzeit sind fast 440.000 Menschen direkt im Fischereisektor beschäftigt, weitere 600.000 arbeiten in Zulieferbetrieben.

Bild: © Zofeen Ebrahim/IPS

Etwa 400.000 Menschen sind direkt im Fischereisektor beschäftigt
Bild: © Zofeen Ebrahim/IPS

Obwohl dieser Wirtschaftszweig Pakistan wertvolle Deviseneinnahmen bringt und viele Arbeitsplätze bietet, trägt er lediglich ein Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. Im Zeitraum 2013 bis 2014 beliefen sich die jährlichen Exporteinnahmen auf 367 Millionen Dollar. Hauptabnehmer sind unter anderem China, die Vereinigten Arabischen Emirate, Thailand, Saudi-Arabien, Malaysia, Indonesien und Korea.

Bild: © Zofeen Ebrahim/IPS

Fischer bei den letzten Vorbereitungen vor dem Auslaufen ihrer Boote
Bild: © Zofeen Ebrahim/IPS

Jährlich werden im Hafen von Karachi durchschnittlich etwa 600 Tonnen der mehr als 200 für den Handel wichtigen Fisch- und Schalentierarten umgeschlagen. Ein Teil davon wird aus anderen Regionen wie Belutschistan an der südwestlichen Küste Pakistans nach Karachi geliefert, um von dort aus im Inland verkauft oder exportiert zu werden, wie Sagheer Ahmed, Sprecher der Fischerei-Hafenbehörde von Karachi (KFHA), berichtet.


Überfischung

Nach Ansicht von Muhammad Moazzam Khan, eines ehemaligen Generaldirektors der Behörde für Meeresfischerei, könnte der Anteil des Fischereisektors am BIP gesteigert werden, wenn der Überfischung ein Riegel vorgeschoben würde. Früher war die Fischerei vor allem eine Beschäftigung indigener Fischer. Doch inzwischen weckt das einträgliche Geschäft große Begehrlichkeiten, die die Fischbestände gefährden.

Kamal Shah, Sprecher der lokalen Fischer, erklärt: "Die Indigenen wissen, wie sich das Leben im Meer wieder erholen kann. Sie respektieren die Natur und folgen den Grundsätzen eines auf Nachhaltigkeit bedachten Lebens, das denjenigen, die sich rasch bereichern wollen, völlig fremd geworden ist."

Khan, der zurzeit die Umweltorganisation WWF in Pakistan berät, warnt vor der Ausrottung mehrerer Arten von Meerestieren, unter anderem von Garnelen, Hummern, Umberfischen, Haien und Stachelrochen. "Diese Arten regenerieren sich nur langsam. Selbst wenn der Fischfang ganz eingestellt würde, könnte es Jahrzehnte dauern, bis sich die Bestände erholen."

Für Aktivisten wie Shah ist das größte Problem der an sich illegale Einsatz feinmaschiger Netze, in denen sich auch Jungfische verfangen. Diese sind für den Handel zwar uninteressant, für den Erhalt des Gleichgewichts des Meeresökosystems jedoch unverzichtbar.

Bild: © Zofeen Ebrahim/IPS

In engmaschigen Fischernetzen verfangen sich auch junge Fische
Bild: © Zofeen Ebrahim/IPS

Shah kritisiert zudem, dass Fabriken und Viehzuchtbetriebe Industrieabwässer und organische Abfälle ungefiltert ins Meer leiten. WWF-Pakistan zufolge werden täglich 1,5 Millionen Kubikmeter ungeklärte Abwässer aus Karachi ins Meer geleitet.

Bild: © Zofeen Ebrahim/IPS

Täglich fließen in Karachi riesige Mengen ungeklärter Abwässer ins Meer
Bild: © Zofeen Ebrahim/IPS


EU lockert Einfuhrverbot

Für den pakistanischen Fischereisektor gibt es aber auch gute Nachrichten. Nachdem die Europäische Union die Einfuhr von pakistanischem Fisch sechs Jahre lang blockiert hatte, strich Brüssel inzwischen zwei der mehr als 50 pakistanischen Fischereiunternehmen von der schwarzen Liste. In diesem Jahr könnte weiteren fünf Firmen grünes Licht gegeben werden. Nach Angaben von Ahmed gingen früher mehr als 20 Prozent der pakistanischen Fisch- und Meerestierexporte in EU-Länder.

Bild: © Zofeen Ebrahim/IPS

Fischer im Hafen von Karachi
Bild: © Zofeen Ebrahim/IPS

Brüssel begründete das Einfuhrverbot mit schlechter Hygiene und fehlender Herkunftsnachweise. Wie Ahmed erklärt, entsprachen zudem die Lagerräume auf den Booten nicht den erforderlichen Standards. Inzwischen seien aber fast 1.000 Boote nachgerüstet worden.

Bild: © Zofeen Ebrahim/IPS

Fischer auf einem Boot
Bild: © Zofeen Ebrahim/IPS

Unter anderem wird der Fang nun in Plastik- und nicht mehr in Holzkisten aufbewahrt. Die Fabriken, die den Fisch verarbeiten, bemühen sich zudem, die von der EU geforderten Herkunftsnachweise zu erbringen. Experten gehen aber davon aus, dass es noch lange dauern wird, bis sich Pakistan auf internationaler Ebene als wichtiger Fischproduzent etabliert haben wird. (Ende/IPS/ck/2014)


Link:
http://www.ipsnews.net/2014/11/inside-pakistans-untapped-fishing-industry/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 5. November 2014
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2014