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FORSCHUNG/994: Ressourcenschutz - Experten entwickeln umweltschonendere Milchverarbeitung (idw)


Universität Hohenheim - 09.11.2015

Ressourcenschutz: Experten entwickeln umweltschonendere Milchverarbeitung

Wissenschaftler der Universität Hohenheim wollen den Wasser- und Energiebedarf der Molkereibranche senken - Ein Werkstattbericht


Die Branche ist groß und verschlingt beträchtliche Mengen Wasser und Energie: Die Milchindustrie trägt bislang wenig zur Schonung dieser Ressourcen bei. Dass es auch anders geht wollen die Wissenschaftler im EU-Projekt EnReMilk zeigen. 30 Prozent Wasser und 20 Prozent Energie soll es einsparen, wenn man die Prozessabläufe ändert. Am Institut für Lebensmittelwissenschaft und Biotechnologie an der Universität Hohenheim starten die ersten Versuche. Die Hochschule erhält aus dem EU-Projekt 543.450 Euro, womit es zu den Schwergewichten der Forschung an der Universität Hohenheim zählt.


Die Molkereibranche ist durch einen enormen Wasser- und Energiebedarf gekennzeichnet: Für jede Tonne verarbeiteter Milch benötigt man bis zu 6,47 Megawattstunden Strom und 60 Kubikmeter Wasser.

"Betrachtet man die gesamte Prozesskette, ergibt sich bei der Produktion von Milcherzeugnissen ein gewaltiges Einsparpotenzial", zeigt sich Projektleiter Prof. Dr. Jörg Hinrichs von der Universität Hohenheim überzeugt.

Seit Anfang letzten Jahres arbeitet er deshalb gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Dr. Reinhard Kohlus am EU-Projekt EnReMilk: "Das Vorhaben will Wassereinsparungen von 30 Prozent erreichen. Im Bereich Energie strebt es eine Absenkung des Bedarfs um 20 Prozent an." Die Wissenschaftler der Universität Hohenheim arbeiten in EnReMilk eng mit dem Fraunhofer IGB in Stuttgart sowie weiteren Forschungs- und Firmenpartnern im In- und Ausland zusammen.


Mehr Nachhaltigkeit bei der Milchverarbeitung

Um den Energie- und den Wassereinsatz zu optimieren, betrachten die Forscher zwei typische Produktionsprozesse: die Milchpulver-Herstellung und die Mozzarella-Produktion.

"Die Erzeugung von Milchpulver ist sehr energieintensiv", erläutert Prof. Dr. Kohlus. "Hier steht daher die Energieeffizienz im Mittelpunkt." Bei der Käseverarbeitung liege dagegen der Fokus mehr auf dem Wasserverbrauch, zumal fast nur Trinkwasser eingesetzt werde.

Ein Problem ist die Qualität der Produkte: "Wenn wir an Stellschrauben zur Energieminimierung drehen, können sich auch die Produkteigenschaften wie Farbe, Geschmack oder Inhaltsstoffe ändern", erklärt der Experte, "und das ist natürlich nicht erwünscht."


Weniger Energie zur Milchpulver-Produktion

Eine Möglichkeit zur Energieeinsparung könnte zum Beispiel die Verwendung von überhitztem Dampf statt Luft zur Trocknung von Milchpulver darstellen. "Dies ermöglicht eine bessere Wärmerückgewinnung. Durch den geringeren Sauerstoffgehalt verlangsamen sich außerdem chemische Reaktionen, was günstig sein kann", erläutert Prof. Dr. Kohlus. Das Qualitätsproblem gelte es jedoch auch hier zu lösen.


Wassereinsparung bei der Mozzarella-Herstellung

Zur Wassereinsparung betrachten die Forscher unter anderem die Verschaltung von Wasserströmen: Trinkwasser solle nur dort zum Einsatz kommen, wo es wirklich nötig ist. Und eine weitere Stellschraube ist im Visier: "Wir untersuchen, ob die Produktionszyklen verlängert werden könnten. Das würde Reinigungsvorgänge mit Trinkwasser einsparen.


Testanlagen in den Startlöchern

Eine Mozzarella-Pilotanlage steht bereits, und auch für die Milchpulver-Produktion wurden die Anlagenmodifikationen durchgeführt. Die Versuche sollen bald starten.

Dabei stellt Ressourcenschonung für die beteiligten Wissenschaftler nicht nur ein Forschungsziel dar, sondern gelebte Realität: Die Milch für die Versuche hat den kürzest möglichen Transportweg - sie stammt von Kühen des universitätseigenen Meiereihofs.


Hintergrund: Projekt EnReMilk
EnReMilk ist die Abkürzung für "Integrated engineering approach validating reduced water and energy consumption in milk processing for wider food supply chain replication". Das Projekt läuft vom 1.1.2014 bis 31.12.2017. Beteiligt sind außer der Universität Hohenheim das federführende Fraunhofer IGB (Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik) sowie weitere Forschungs- und Firmenpartner im In- und Ausland. EnReMilk wird aus Mitteln der EU finanziert. Die Universität Hohenheim erhält 543.450 Euro und zählt es daher zu ihren Schwergewichten der Forschung.

Hintergrund: Schwergewichte der Forschung
Über 30 Millionen Euro an Drittmitteln akquirierten Wissenschaftler der Universität Hohenheim 2014 für Forschung und Lehre. In loser Folge präsentiert die Universität Hohenheim in der Reihe "Schwergewichte der Forschung" herausragende Forschungsprojekte mit einem finanziellen Volumen von mindestens 250.000 Euro bei den Experimental- bzw. 125.000 Euro bei den Sozial- und Gesellschaftswissenschaften.

Text: Elsner / Töpfer

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution234

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Hohenheim, Florian Klebs, 09.11.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. November 2015

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