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GENTECHNIK/567: Neue Gentechnik-Verfahren als Gentechnik regulieren (AbL)


Gemeinsame Pressemitteilung von
AbL, Bioland, BÖLW, BUND, Demeter, GeN, IG Saatgut
Berlin, Hamm, Göttingen, 20. September 2017

Neue Gentechnik-Verfahren als Gentechnik regulieren!

Gesellschaftliche Debatte führen statt Aushöhlung des EU-Rechts forcieren


Aus aktuellem Anlass fordern die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), die Bioverbände Bioland und Demeter, der BUND, das Gen-ethische Netzwerk und die IG-Saatgut von der Bundesregierung, sich für eine strikte Regulierung neuer Gentechnik-Verfahren nach Gentechnikrecht einzusetzen. Erst in der vergangenen Woche war ein Vorschlag der niederländischen Regierung bekannt geworden, der die aktuelle Diskussion um die neuen Gentechnik-Verfahren in der EU erneut anheizt. Das Bundeslandwirtschaftsministerium bietet unterdessen einen "Dialog"-Prozess an - ihrem Anspruch, offen und transparent zu sein, sind die Veranstalter jedoch in keiner Weise gerecht geworden.

"Die niederländische Regierung will, dass Pflanzen, die mit den neuen Gentechnik-Verfahren hergestellt wurden, am Ende aber keine "Fremd"-DNA mehr enthalten, als genauso sicher eingestuft werden, wie konventionelle Züchtungen. Deshalb sollen sie von der EU-Gentechnik-Regulierung ausgenommen werden. Diesen Versuch jetzt schnell Pflöcke einzuschlagen und den neuen Gentechnik-Verfahren die Tore zu öffnen, weisen wir aus wissenschaftlichen, juristischen und politischen Gründen entschieden zurück. Das Vorsorgeprinzip ist zu stärken und die neuen Gentechnik-Verfahren gehören auf den Prüfstand", so Annemarie Volling von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V.

In Deutschland versucht das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) die Zivilgesellschaft mit einem Dialogprozess zu beruhigen. Im Rahmen dieses Prozesses sollen auch Kriterien entwickelt werden, die als Grundlage zur Positionierung des BMEL gegenüber der EU-Kommission dienen sollen. "Eine zukunftsfähige und für die Gesellschaft akzeptable Landwirtschaft braucht keine neuen Gentechnik-Experimente, sondern nachhaltige Konzepte wie z. B. die ökologische Züchtung. Die Bundesregierung muss Wachstumsmärkte wie Bio oder konventionell gentechnikfrei durch eine konsequente Regulierung vor Kontaminationen schützen und darf auch im Forschungsbereich nicht einseitig auf eine umstrittene Risikotechnologie setzen", unterstreicht Peter Röhrig vom BÖLW.

Eva Gelinsky von der Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit ergänzt: "Neue Gentechnik-Verfahren wie CRISPR werden Organismen in Zukunft möglicherweise viel grundlegender verändern, als dies bisher möglich war. Sie können zum Beispiel in Kombination oder mehrfach hintereinander angewendet werden. Es geht also nicht nur um vermeintlich harmlose Punktmutationen. Bevor behauptet werden kann, dass von den neuen Verfahren und Produkten keine Risiken für Mensch, Tier und Umwelt ausgehen, benötigen wir aussagekräftige Untersuchungen. Erforderlich ist also eine umfassende und wissenschaftlich unabhängige Risikobewertung - und kein politischer Freifahrtschein des BMEL."

Heike Moldenhauer vom BUND betont: "Auch die neuen Gentechnik-Verfahren sind Gentechnik. Deshalb müssen sie und die damit hergestellten Produkte nach dem EU-Gentechnikrecht reguliert werden. Bevor sie auf den Markt und damit in die Umwelt und die Lebensmittelkette gelangen, müssen Nachweisverfahren, Kennzeichnung, Rückverfolgbarkeit und Monitoring festgelegt werden. Nur durch diese Kontrollmechanismen kann verfolgt werden, wie sich eine Pflanze in freier Natur verhält und ob sie möglicherweise negative Folgen für die menschliche Gesundheit hat. Nur so könnte sie theoretisch aus dem Verkehr gezogen werden, wenn doch eine Gefahr von ihr ausgeht. Werden weder Nachweis- und Kontrollverfahren noch Kennzeichnung festgelegt, dann würde der Bevölkerung in der EU die sprichwörtliche Katze im Sack verkauft - mit allen möglichen Risiken."

Christof Potthof vom Gen-ethischen Netzwerk fügt hinzu: "In den bisher veröffentlichten Diskussionsergebnissen des Dialogprozesses des Bundeslandwirtschaftsministeriums ist die Perspektive der Zivilgesellschaft nur in völlig unzureichender Weise abgebildet. Wir kritisieren den Versuch, die Zivilgesellschaft als Feigenblatt zu benutzen, um einen «Dialog» vorzutäuschen. Bundesminister Schmidt wird unsere Argumente durch Verschweigen nicht beseitigen."

Der Verbändebrief findet sich unter:
www.abl-ev.de/presse/

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Quelle:
Pressemitteilung vom 20. September 2017
AbL - Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft
Bahnhofstraße 31, 590067 Hamm
Telefon: 02381/49 22 20, Fax: 02381/49 22 21
E-Mail: info@abl-ev.de
Internet: www.abl-ev.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. September 2017

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