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LANDWIRTSCHAFT/1500: Limpurger Rinder - Neue Heimat für eine alte Rasse (PROVIEH)


PROVIEH Heft 2/2011
Magazin des Vereins gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.

Neue Heimat für eine alte Rasse

von Susanne Aigner


Limpurger Rinder fühlen sich nicht nur in ihrem Ursprungsland im Nordosten Baden-Württembergs wohl. Demeter-Bauer Volker Kwade, seit April 2011 zweiter Vorsitzender von PROVIEH, lebt und arbeitet auf dem Archehof Hörsten bei Eutin in der Hügel- und Seenlandschaft im Osten Schleswig-Holsteins. Vor einigen Jahren holte er einige Rinder der selten gewordenen Rasse auf seinen Hof.


Der gelernte Landwirt hat eine Ausbildung zur Physiotherapie mit Pferden absolviert und anschließend ein Studium für klassische Tierhomöopathie begonnen. Dieser nicht alltägliche Lebenslauf passt zu seiner Leidenschaft für Vielfalt auf dem Bauernhof. Volker Kwade hält sechs Nutztierrassen: Thüringer Waldziegen, Schwarzwälder Kaltblut, Bayerische Landgänse, Sachsenenten, Goldbrakel-Hühner und Limpurger Rinder. Ab Herbst diesen Jahres sollen zwei Rotbunte Husumer Sauen als siebente Rasse dazukommen. Alle Rassen - mit Ausnahme der Enten - stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Nutztierrassen. "Das Konzept für den Hof war von Anfang an ökologisch und nachhaltig", erklärt Kwade. "Die alten Rassen sind ideal geeignet, eine enorme Leistung aus dem Grundfutter herauszuholen." Das bedeutet, die Tiere fressen Gras im Sommer und viel Heu im Winter, dazu jeweils eine Handvoll der hofeigenen Hafer-Erbsen-Mischung als Kraftfutter. "Auf dieser Grundlage geben die Limpurger Kühe eine Milchleistung von durchschnittlich 4.500 kg im Jahr."

Kommen die Limpurger mit dem rauen Klima des Nordens denn zurecht? "Vorher waren Shorthorn-Rinder auf dem Hof. Mit ihnen war ich nicht so zufrieden", erinnert sich Kwade. "Ich wollte eine Kuh, die vielseitig und nett im Umgang ist und nicht so spezialisiert. Diesen Anspruch haben die Limpurger Rinder erfüllt." Die Tiere haben sich an die leichte Hügellandschaft mit den Knicks (Wallhecken) gewöhnt und sich gut an das Klima angepasst. "Einmal waren sie sogar einen ganzen Winter auf der Weide. An der Rundraufe stand ihnen beliebig viel Heu zur Verfügung". Im Winter stoßen sich die Rinder ihre Klauen auf dem Betonlaufhof ab, weshalb sie bisher nicht geschnitten werden mussten. Auch sonst erfreuen sich die Tiere bester Gesundheit.

19 Hektar Weideland stehen den vier Limpurger Kühen mit Kälbern, den drei Kaltblutpferden, acht Ziegen mit Lämmern und drei Böcken von Mai bis November zur Verfügung. Für Volker Kwade ist diese Mischbeweidung ein Erfolgskonzept. Die Tiere kommen gut miteinander aus, und die Weide wird optimal genutzt: Pferde können Gras tiefer abfressen als Rinder und finden auch dort Nahrung, wo Rinder schon geweidet haben. Die Ziegen dagegen verbeißen die Büsche und fressen gezielt schmackhafte Kräuter. Eine Verwurmung wird auf ökologische Weise weitgehend vermieden, weil die Endoparasiten der Wiederkäuer nicht auf Pferde gehen und umgekehrt. Allerdings können Kühe und Ziegen von den gleichen Parasiten befallen werden.

In den Wintermonaten sind die Tiere bisher in einer kleinen provisorischen Scheune untergebracht. Doch die Bauanträge für den lange geplanten neuen Stall und die Käserei liegen bereits beim Bauamt. Gebaut werden soll ein neuer Offenfrontstall. "Rinder, Ziegen und Pferde werden in diesem Stall gemeinsam stehen. Sie haben dauernden Zugang zum Auslauf und zur Weide. Frischluft und Bewegung tragen zu einer stabilen Gesundheit und einer wesensgerechten Haltung bei", erläutert Kwade. Schrittweise sollen sich die Herden vergrößern. Die Ziegenherde zum Beispiel soll auf 60 Milchziegen aufgestockt werden. Die Limpurger Herde wird schon in naher Zukunft aus acht Kühen und einem Bullen bestehen. Dann wird auch das Fleisch der Limpurger vermarktet: Vier Familien können sich einen Ochsen bestellen, der drei Jahre auf der Weide gestanden hat. Geschlachtet wird er direkt auf dem Hof, so dass ihm ein langer, stressiger Transportweg erspart bleibt.

Die Limpurger auf dem Hof Hoersten tragen selbstverständlich Hörner. "Das ist eine Frage des vertrauens- und respektvollen Umgangs mit den Tieren", erklärt Volker Kwade. "Wir können unsere Nutztiere nicht einfach so zurechtstutzen. Alle Tiere haben im Stall genügend Platz. Durch die Hörner wird die Rangordnung dauerhaft festgelegt. So bleibt der Herdenverband stabil." Unfälle durch Hornstöße sind bisher nicht vorgekommen. Die Tiere zollen ihm Respekt. Das merkt er, wenn er zwischen seinen Kühen im Stall steht. Dann bewegen sie ihre Köpfe ganz vorsichtig. Besonders gefällt ihm an den Limpurgern, dass sie früher zur Arbeit auf dem Feld eingesetzt wurden. Auch auf dem Hof Hoersten soll demnächst ein acht Monate alter, besonders handzahmer Ochse als Zugtier angelernt werden.


INFOBOX

Hof Hoersten besteht seit 1999 und ist seit 2003 ein Demeter-Betrieb. Von den 21 Hektar Land werden 19 Hektar als Weide genutzt. Auf 2 Hektar werden Feldfrüchte wie Hafer, Kleegras, Gerste und Roggen angebaut. Der Betriebsleiter Volker Kwade bietet Führungen für interessierte Gruppen an.
Näheres erfahren Sie unter: www.hofhoersten-diearche.de


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Quelle:
PROVIEH Heft 2/2011, Seite 30-31
Herausgeber: PROVIEH - Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.
Küterstraße 7-9, 24103 Kiel
Telefon: 0431/248 28-0
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PROVIEH erscheint viermal jährlich.


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Januar 2012