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MARKT/2154: Steigende Marktanteile für Veggie-Produkte (PROVIEH)


PROVIEH Magazin 4/2015
Magazin des Vereins gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.

Steigende Marktanteile für Veggie-Produkte

von Sandra Lemmerz und Ira Belzer


Wurst ist die Zigarette der Zukunft". Dieses Zitat stammt von Christian Rauffus, Firmenpatriarch der Rügenwalder Mühle. Es soll bedeuten, dass es bald verpönt sein werde, Fleisch zu essen. Die Rügenwalder Mühle, Wiesenhof und Vion - die Großkonzerne erkennen den Trend zur fleischfreien Ernährung. Auch wenn es heute noch viel Verbesserungsbedarf gibt, machen ihre neuen vegetarisch/veganen Produkte doch eines deutlich: Veggie hat eine Zukunft.

Rauffus gibt zu: Es ging ihm bei der Entwicklung einer vegetarischen Produktreihe nicht um die Tiere, sondern um rein kaufmännische Überlegungen.

Das Wissen um die Endlichkeit unserer lebensnotwendigen Ressourcen hat die Mitte der Gesellschaft erreicht. Bizarr wirkt hierbei die industrielle Tierhaltung, die geradezu verschwenderisch Ressourcen verbraucht. Viele Verbraucher suchen nach Konsumalternativen - und der Markt reagiert.

Nach Vion entdeckte Rügenwalder die Zukunftsfähigkeit des Veggie-Marktes. Ende 2016 sollen 30 Prozent des Gesamtumsatzes mit vegetarischen Produkten erzielt werden - vier Jahre vor dem ursprünglich geplanten Datum. Auch Wiesenhof hat den Trend erkannt und etabliert sich mit einer veganen Produktlinie auf dem Markt.

Der Boom drängt kleine, bislang erfolgreiche Unternehmen vom Markt und führt zu einer Auslistung der Produkte in den Supermärkten. Kürzlich wandte sich "Lord of Tofu" an die Öffentlichkeit und beklagte die Kooperation zwischen dem Vegetarierbund (VEBU) e.V. und Rügenwalder.

So profitiert Rügenwalder von dem Label des VEBU auf ihren Produkten. Der Vegetarier Bund erklärt seine Unterstützung folgendermaßen: "Der VEBU unterstützt und berät die Rügenwalder Mühle bei ihrem derzeitigen Vorhaben, vegetarische Produkte am Markt zu etablieren, weil der VEBU jedes Engagement in Richtung vegetarische Ernährung grundsätzlich begrüßt." Der VEBU lässt sich die Nutzung des Labels durch Rügenwalder nicht vergüten.

Kleinere Firmen jedoch, die bislang Vorreiterrollen auf dem vegetarisch/veganen Sektor eingenommen haben und ethisch vertretbar produzieren, werden im schlimmsten Fall durch diese Konzerne vom Markt gedrängt.


Einstiegshilfe

Der Vegetarierbund erhofft sich durch seine Unterstützung der Rügenwalder Mühle, die "breite Masse" für ihre Sache gewinnen zu können und von Fleischalternativen zu überzeugen. Sie wünschen sich mehr konventionelle vegetarische und vegane Produkte in den Supermärkten und sehen die Erweiterung des Angebots positiv. Je mehr Leute feststellen, dass das Ersatzprodukt auch ohne Fleisch schmeckt, desto stärker werden Berührungsängste abgebaut. Dies führt automatisch zu einer größeren Akzeptanz und Verbreitung von fleischlosen Mahlzeiten. Die Strategie des VEBU ist daher durchaus nachvollziehbar.

Für Konsumenten, die sich bislang noch nicht mit einer fleischfreien Ernährung auseinandergesetzt haben, ist das Konzept sinnvoll. Aufgeklärte und bewusste Verbraucher benötigen eine solche Einstiegshilfe aber nicht.

Die Verdrängung von kleinen Unternehmen zugunsten von Konzernen macht auch vor dieser Branche nicht Halt. Das Familienunternehmen "Lord of Tofu" wird wohl erstmals in der Unternehmensgeschichte Angestellte entlassen müssen. Und ist beim VEBU ausgetreten.

Es zeigt sich, dass ethischer Konsum facettenreich ist und sich nicht auf Schwarz-Weiß-Denken reduzieren lässt. Oftmals gibt es verschiedene Strategien, statt einem einzig wahren Weg.

So bleibt es jedem selbst überlassen, welche Impulse er mit seiner Kaufkraft setzen will.

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Quelle:
PROVIEH Magazin 4/2015, Seite 8-9
Herausgeber: PROVIEH - Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.
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PROVIEH erscheint viermal jährlich.


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Februar 2016

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