Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → ERNÄHRUNG


MARKT/2194: Steuergeld für weniger Milch (ubs)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 402 - September 2016
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Steuergeld für weniger Milch
Erste Maßnahme steht: Bis 14 Cent je Liter Milchmengen-Reduzierung.


Nach unzähligen Aktionen von Milcherzeugern, nach viel Drängen vor allem des französischen Ministers und der deutschen Länder-Agrarministerkonferenz (besonders vorangetrieben von Grünen-Ministern und Bayerns Minister Brunner), nach einem langwierigen und ermüdenden Hin und Her hat die EU-Kommission am 18. Juli ein neues "Hilfs"-Paket angekündigt. Neu ist es nicht nur, weil es weitere 500 Millionen Euro aus der EU-Kasse umfasst (wie schon im September 2015). Neu ist vielmehr, dass nun erstmals "Hilfs"-Gelder an eine Reduzierung des Milchangebots auf Ebene der Erzeuger gebunden werden - zumindest zum Teil. Damit wird zugestanden, dass das preisdrückende Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage von der Angebotsseite her angepackt werden kann und muss.

150 plus 350 Mio. EU-Geld

Diese neuen 500 Mio. Euro EU-Gelder teilen sich auf in zwei Teilpakete: Das erste Teilpaket besteht aus 150 Mio. Euro für eine EU-weit anzubietende Zahlung an Milcherzeuger, die ihre einzelbetriebliche Milchmenge verringern. Die Details dieses ersten Teilpakets stehen nun weitgehend fest (siehe unten). Im zweiten Teilpaket will die EU den Mitgliedstaaten 350 Mio. Euro zur Verfügung stellen für weitere Maßnahmen, "z.B. extensive Produktionsmethoden, Unterstützung für kleine Betriebe, Kooperationsprojekte, weitere Maßnahmen zur Förderung einer Produktionsverringerung". Die Mitgliedstaaten können also aus einer Liste wählen, eigene Schwerpunkte setzen und Kriterien wie Mengenreduzierung festlegen. Von den 350 Mio. Euro sind für Deutschland 58 Mio. Euro reserviert. Die Mitgliedstaaten können dieses zweite Teilpaket mit eigenem Geld aufstocken (maximal verdoppeln). Bundesminister Schmidt hat diese Verdopplung aus Bundesmitteln auf 116 Mio. Euro angekündigt. Seinen Angaben zufolge beabsichtigt die Bundesregierung, daraus eine "Liquiditätshilfe mit Angebotsdisziplin" anzubieten. Die AbL hat gefordert, dass von den Molkereien auch ein Beitrag bzw. Bonus für Mengenvernunft eingefordert werden soll. Genaues ist aber noch offen - zumal der EU-Rahmen dazu noch nicht steht.

14 Cent je Liter weniger

Klarheit besteht hingegen über das erste Teilpaket: Aus den 150 Mio. Euro reinem EU-Geld stellt Brüssel jedem antragstellenden Milcherzeuger bis zu 14 Cent je Liter Mengenreduzierung zur Verfügung, solange das Geld reicht. Antragsberechtigt ist jeder Milcherzeuger, der mindestens bis Ende Juli 2016 Milch erzeugt und an eine Molkerei, Erzeugerorganisation oder an einen Rohmilchhändler geliefert hat. Wer vor dem 31.07.2016 die Milchlieferung eingestellt hat, ist raus.

Gemessen wird die Reduzierung der einzelbetrieblichen Milchanlieferung jeweils anhand von Drei-Monatszeiträumen. Die erste Reduzierungsperiode geht vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2016. Anhand der Milchgeldabrechnungen wird die Milchlieferung in dieser Zeit verglichen mit der Milchlieferung im gleichen Zeitraum des Vorjahres (Referenzperiode). Wer also für seinen Betrieb von einer Reduzierung im letzten Quartal 2016 gegenüber dem Vorjahr ausgeht oder diese plant, kann einen Beihilfeantrag stellen. In Deutschland sind dafür die Stellen zuständig, die auch die Direktzahlungsanträge entgegennehmen. Die beantragte Reduzierung muss je Antrag mindestens 3.000 kg Milch betragen und darf höchstens 50 Prozent der Referenzmenge umfassen. Die Frist für den Beihilfeantrag zur genannten ersten Reduzierungsperiode ist der 23. September 2016.

Es sind dann noch drei weitere Reduzierungsperioden terminiert: November 2016 bis Januar 2017 (Antragsfrist 14.10.2016), Dezember-Februar (Antragsfrist 11.11.2016) und Januar-März (Antragsfrist 09.12.2016). Man kann nur einen Antrag für sich überlappende Perioden stellen, d.h. nur wer bei der ersten Periode mitmacht, kann - falls dann noch Geld im Topf ist - bei der vierten Periode erneut mitmachen.

Übersteigt schon bei der ersten Antragsperiode EU-weit die Summe aller beantragten Reduzierungsmengen das Budget von 150 Mio. Euro, werden pro Liter Reduzierung nicht 14 Cent, sondern entsprechend weniger gezahlt. Wird das Budget nicht ausgeschöpft, wird die zweite Periode ausgeschrieben.

Jeder, der einen Beihilfeantrag gestellt hat, bekommt dann Nachricht, ob sein Antrag zulässig ist und wie hoch die EU-Zahlung sein wird. Doch damit fließt das Geld noch nicht. Erst muss der Milcherzeuger einen zweiten Antrag stellen: den Zahlungsantrag, und zwar bis zum 45. Tag nach Ende der Reduzierungsperiode. Dann steht auch fest, ob die ursprünglich beantragte Reduzierung im Betrieb so eingetreten ist. Ist die tatsächliche Reduzierung um 20 bis 50 Prozent kleiner als die beantragte Reduzierung, wird die Beihilfe für den Betrieb um 20 Prozent reduziert. Hat der Betrieb die beantragte Reduzierung um 50 bis 80 Prozent nicht erreicht, wird die Beihilfe halbiert. Keine Beihilfe wird gezahlt, wenn die Reduzierung zu weniger als 20 Prozent erreicht wird oder weniger als 3.000 kg in den drei Monaten zusammen reduziert wird. Mit der ersten Auszahlung rechnet das Bundesministerium im Februar/März 2017. uj

*

Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 402 - September 2016, S. 6
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm
Telefon: 02381/490 22 20, Fax: 02381/49 22 21
E-Mail: redaktion@bauernstimme.de
Internet: www.bauernstimme.de
 
Erscheinungsweise: monatlich (11 x jährlich)
Einzelausgabe: 3,45 Euro
Abonnementpreis: 41,40 Euro jährlich
(verbilligt auf Antrag 30,00 Euro jährlich)


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. November 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang