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VERBAND/2269: Welt-Bio-Bewegung fordert Regulierung neuartiger Gentechnik (BÖLW)


Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW e.V.)
Pressemitteilung vom 15. Januar 2017

Welt-Bio-Bewegung fordert Regulierung neuartiger Gentechnik

Richtungsentscheidung beim Europäischen Gerichtshof am 18.1. erwartet


Berlin, 15.01.2018. Wirtschaften ohne Gentechnik gehört zu den Bio-Grundprinzipien - das bekräftigt die IFOAM Organics International, der internationale Zusammenschluss der Bio-Bewegung, in einer Position. Und fordert die rechtliche Regulierung neuartiger Gentechnik-Verfahren wie CRISPR. Am 18.1. könnte der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof dazu eine richtungsweisende Vorentscheidung treffen. Der Vorsitzende des Bio-Dachverbandes Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Felix Prinz zu Löwenstein, kommentiert:

"Bio und Gentechnik gehen zwei völlig unterschiedliche Wege. Das sehen nicht nur die Bio-Bauern aus aller Welt so, sondern auch die Menschen, die Bio unterstützen. Ein Großteil der Menschen will keine Gentechnik auf dem Acker und dem Teller.

Ökolandbau setzt auf natürliche Regelkreisläufe und stabile natürliche Systeme. Auch Bio-Züchter achten auf das Zusammenspiel von Boden, Pflanze und Umwelt, statt einseitig einzelne Gene der Pflanzen zu verändern.

Bei den neuartigen Gentechnik-Verfahren wie CRISPR-Cas wird technisch in den Erbgut-Strang eingegriffen - mit nicht absehbaren Nebenwirkungen. Gelangen diese Gentech-Pflanzen in die Natur, sind sie von dort nicht mehr rückholbar. Die Folgen treffen alle Landwirte, Pflanzen, Tiere und Menschen - auch diejenigen, die eine solche Technologie nicht nutzen oder Gentech-Produkte ablehnen. Auch neuartige Gentechnik muss deshalb nach dem Gentechnikrecht reguliert werden. Dieser Forderung der Welt-Bio-Bewegung, IFOAM, schließen wir uns an!

An den Zielen der Gentech-Veränderungen hat sich offenbar nicht viel zur alten Gentech-Generation verändert. Die Unternehmen manipulieren Gene vor allem so, dass Pflanzen anschließend resistent gegen Herbizide sind. Das Geschäftsmodell 'Pflanzen plus passendes Pestizid' bleibt dasselbe, Bauern und Umwelt bleiben auf der Strecke.

Die Debatte über CRISPR und Co. muss eine Debatte über Eigentumsrechte und Patentierung werden. Denn obwohl der rechtliche Status der neuartigen Techniken nicht geklärt ist, melden Unternehmen bereits fleißig Patente an. Der Deutsche Bundestag hatte sich mehrfach und einhellig gegen Patente auf Nutzpflanzen und Tiere ausgesprochen; ebenso das Sondierungspapier von Union und SPD.

Die Politik muss jetzt mehr tun als nur zu fordern! Die kommende Bundesregierung muss verhindern, dass mit den neuen Gentechnik-Verfahren eine neue Patent-Welle auf Pflanzen und Tiere losrollt.

Nicht nur die über 45.000 Bio-Züchter, -Landwirte, -Verarbeiter- und - Handelsunternehmen in Deutschland müssen das Recht auf eine freie Wahl bei Rohstoffen und Saatgut haben und vor wirtschaftlichen Schäden durch alte oder neue Gentechnik-Verunreinigungen geschützt werden. Bei Bio ist der Einsatz der Gentechnik verboten. Deshalb muss die Bundesregierung verhindern, dass Pflanzen oder Tiere in die Umwelt gelangen, deren gentechnikrechtlicher Status auf EU-Ebene nicht abschließend geklärt ist."


Hintergrund*

In den vergangenen Jahren wurden neuartige Techniken zur genetischen Manipulation von Pflanzen, aber auch Tieren, entwickelt. Offen ist, ob die so erzeugten Organismen rechtlich als "genetisch verändert" gelten müssen oder nicht. Die Definition ist dafür entscheidend, ob Pflanzen das Gentechnik-Zulassungsverfahren durchlaufen und als solche gekennzeichnet werden müssen. Am 18. Januar 2018 wird der Europäische Gerichtshof ggf. eine Entscheidung dar-über treffen, ob einige der neuen Methoden der Gentechnik zuzurechnen sind.

Warum ist es den Saatgut-Firmen so wichtig, dass ihre neuen Technologien und Pflanzen nicht als Gentechnik eingestuft werden? Gentechnik ist eine Risikotechnologie. Daher müssen gen-technisch veränderte Organismen in der EU ein spezielles Zulassungsverfahren durch-laufen und dann entsprechend gekennzeichnet werden. Darüber hinaus ist der Anbau von Gentechnik-Pflanzen in Europa an Auflagen gekoppelt. So müssen bspw. zwischen Feldern mit und ohne Gentechnik Abstände eingehalten werden

Es ist also sowohl für die Entwickler der Pflanzen als auch für Landwirte und Verbraucher von entscheidender Bedeutung, ob die mit den neuen Techniken gezüchteten Organismen als Gen-technik eingestuft werden oder nicht. Über die teils komplizierten Details gehen die Meinungen jedoch stark auseinander.

Die EU-Kommission hatte bereits vor einigen Jahren angekündigt, eine rechtliche Einordung der neuen Techniken vorzunehmen, bisher aber nichts dazu getan.

Mit Blick auf die avisierte Änderung des Gentechnik-Gesetzes fordert der BÖLW, dass keine nationale Zulassung solcher Verfahren und daraus entstandener Organismen erfolgen darf, bevor die EU nicht darüber entschieden hat.

* mit Textauszügen des Informationsdienstes Gentechnik:
s. http://keine-gentechnik.de/wissen/neue-techniken/


Der BÖLW ist der Spitzenverband deutscher Erzeuger, Verarbeiter und Händler von Bio-Lebensmitteln und vertritt als Dachverband die Interessen der Ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft in Deutschland. Mit Bio-Lebensmitteln und -Getränken werden jährlich von über 37.000 Bio-Betrieben 9,48 Mrd. Euro umgesetzt.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 15. Januar 2018
Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW e.V.)
Marienstr. 19-20, 10117 Berlin
Joyce Moewius, Presse- & Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: 030-28482-307, Fax: 030-28482-309
E-Mail: moewius@boelw.de
Internet: www.boelw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Januar 2018

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