Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → ERNÄHRUNG

VERBRAUCHERSCHUTZ/960: Neuer Schadstoff entdeckt - Glycidolfettsäure-Ester (aid)


aid - PresseInfo Nr. 17/09 vom 22. April 2009

Der nächste Schadstoff bitte: Glycidolfettsäure-Ester

Nachweis gelungen - Rest unklar


(aid) - Noch weiß man nicht, wie viel von der Substanz in Lebensmitteln vorkommt und ob sie im Körper aktiv wird. Das Bundesinstitut für Risikobewertung, BfR, hat daher in einer "ersten Einschätzung" über einen neuen Schadstoff informiert, der bei der Fettverarbeitung entsteht: Glycidolfettsäure-Ester. Der Nachweis gelang dem Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Stuttgart, wenige Monate nach der Entdeckung von 3-MCPD-Fettsäureestern. "Es gab Unstimmigkeiten bei der Analytik von 3-MCPD-Estern", sagt Dr. Rüdiger Weißhaar vom CVUA Stuttgart, "über diesen Umweg ist man dann auf die Glycidylester gestoßen." Besonders hohe Gehalte hat das CVUA in raffinierten Palmölen gefunden. Das wiederum ist unter anderem ein Bestandteil von Säuglingsmilchnahrung. "Glycidylester gibt es vermutlich, seitdem man Fette raffiniert", so Weißhaar. "Neu ist, dass wir erst jetzt wissen, dass es sie gibt." Ein Baustein dieser Ester-Verbindung ist das Glycidol. Das gilt als "wahrscheinlich krebserregend beim Menschen" und ist damit in etwa vergleichbar mit Acrylamid, das beim Rösten von stärkehaltigen Lebensmitteln entsteht. "Für derartige Substanzen gilt das ALARA-Prinzip", sagt Dr. Klaus Abraham vom BfR, "das heißt, es sollte so wenig wie möglich in den Produkten vorkommen". ALARA steht für: As Low As Reasonable Achievable = so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar. Offen ist aber, ob tatsächlich und in welchen Mengen Glycidester in den raffinierten Fetten vorhanden sind, so Abraham, und ob bei der Verdauung auch Glycidol freigesetzt wird, das dann wirken könnte, als ob freies Glycidol verzehrt worden wäre.

In einer vorsichtigen Risikobewertung ist das BfR daher von hypothetischen Mengen ausgegangen und hat auf dieser Grundlage den "Worst-Case" durchgespielt. Wenn alle Annahmen zutreffen würden, dann würden Säuglinge über Muttermilchersatzprodukte bedenkliche Mengen an Glycidol aufnehmen. Trotzdem sollen Mütter, die nicht stillen, weiterhin zu herkömmlicher Säuglingsmilchnahrung greifen. "Wir raten nicht von der industriell gefertigten Babynahrung ab", sagt Ariane Girndt von der Pressestelle des BfR. "Es gibt keine Ernährungsalternative für nicht gestillte Säuglinge".

Die Hersteller von Säuglingsnahrung brauchen Palmöl, um das Fettsäuremuster ihrer Produkte an die Zusammensetzung der Muttermilch anzupassen. "Wir wissen jetzt, dass Glycidester entstehen können, wir wollen das nicht und wir tun etwas dagegen", sagt Stefan Stohl, Pressesprecher von Milupa. Zurzeit laufen bereits mehrere Forschungsprojekte zur Reduktion von 3-MPCD-Estern und zum Abbau im Körper. Diese Projekte werden sich nun auch der neuen Substanz annehmen. Generell sind Substanzen wie Glycidol oder 3-MCPD-Fettsäureester nicht nur in der Säuglingsmilchnahrung zu finden, sondern in der gesamten Lebensmittelkette, denn 90 % aller Fette und Öle für den menschlichen Verzehr werden einer Fettraffination unterzogen. So wurden 3-MCPD-Fettsäureester auch schon in der Muttermilch nachgewiesen.

aid, Gesa Maschkowski

Weitere Informationen unter:

www.bfr.bund.de
Suchwort "Glycidol"


*


Quelle:
aid PresseInfo Nr. 17/09 vom 22. April 2009
Herausgeber: aid infodienst
Verbraucherschutz, Ernährung, Landwirtschaft e. V.
Heilsbachstraße 16
53123 Bonn
Tel. 0228 8499-0
E-Mail: aid@aid.de
Internet: www.aid.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. April 2009