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ASYL/578: Bootsflüchtlinge - Abgefangen, abgedrängt und inhaftiert in Libyen (Pro Asyl)


Pro Asyl - Pressemitteilung vom 11. Mai 2009

Bootsflüchtlinge: Abgefangen, abgedrängt und inhaftiert in Libyen

"Das Modell für Europa" (Innenminister Maroni): Italien tritt die Menschenrechte mit Füßen - Europa verliert den letzten Rest von menschenrechtlichem Anstand


Die italienische Küstenwache hat am Donnerstag und am Wochenende vier Flüchtlingsschiffe in internationalen Gewässern aufgebracht und nach Libyen zurückgedrängt. Den insgesamt etwa 500 Bootsflüchtlingen - unter ihnen mehrere schwangere Frauen und zahlreiche Kinder - wurden alle elementaren Menschenrechte vorenthalten.

"Bootsflüchtlingen und Schiffbrüchigen Hilfe und Schutz zu verweigern und sie stattdessen wie Stückgut in die Haftlager einer Diktatur zurückzuschicken ist unmenschlich und beschämend. Die Aktionen der italienischen Küstenwache verletzen internationales Flüchtlingsrecht und die Menschenrechte", so Karl Kopp, Europareferent von PRO ASYL.

Der rechtspopulistische Innenminister Roberto Maroni jubelt und spricht von einem "historischen Tag" im Kampf gegen "illegale Einwanderung" und von einem "Modell für Europa". Die EU-Kommission hält sich bis jetzt auffallend bedeckt. An den europäischen Grenzen werden die Menschenrechte mit Füßen getreten und die Hüterin der EU-Verträge schweigt zu diesen ungeheuerlichen Vorgängen. Schlimmer noch: EU-Kommissar Jacques Barrot wird in verschiedenen Meldungen zitiert mit der Äußerung, er sei zufrieden, wie diese Situation gelöst wurde.

Ein beteiligter Beamter der italienischen Küstenwache hatte zwar nicht die Kraft den Befehl zu verweigern, aber er ist immerhin noch in der Lage, Scham über diese Tat zu empfinden:

"Es waren schwangere Frauen und Kinder an Bord. Viele waren gesundheitlich in kritischem Zustand. Wir mussten dem Befehl gehorchen, aber ich schäme mich für das, was wir getan haben. Ich werde es meinen Kindern nie erzählen."

PRO ASYL begrüßt die klaren und unmissverständlichen Verurteilungen dieses Völkerrechtsbruches durch den Europarat, den Vatikan, den UNHCR und das breite zivilgesellschaftliche Bündnis "Tavolo Asilo" in Italien. PRO ASYL fordert die EU-Kommission auf, sich unmissverständlich zu den Menschenrechtsverletzungen Italiens zu äußern und sich dafür einzusetzen, dass das EU-Mitgliedsland diese völkerrechtswidrigen Praktiken unverzüglich beendet.

"Wenn Europa nicht bereit ist, diesen hundertfachen Völkerrechtsbruch zu sanktionieren und zu beenden, verliert es den letzten Rest von menschenrechtlichem Anstand", so Karl Kopp.

Karl Kopp
Europareferent von PRO ASYL
Vorstandsmitglied von ECRE, dem Europäischen Flüchtlingsrat


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Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 11. Mai 2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Mai 2009