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ASYL/639: Ehegattennachzug - Familienfeindliche Entscheidung verletzt Europarecht (Pro Asyl)


Pro Asyl - Pressemitteilung vom 30. März 2010

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Ehegattennachzug

PRO ASYL: Familienfeindliche Entscheidung verletzt Europarecht


In seiner heutigen Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht (1) über die 2007 eingeführte Verschärfung des Ehegattennachzugsrechts geurteilt. Das Erfordernis des Nachweises von Deutschkenntnissen noch vor Einreise der nachziehenden Ehegatten sei sowohl mit der Verfassung als auch dem Europarecht vereinbar.

"Es ist enttäuschend, dass eine derart familienfeindliche Regelung nun vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt wurde" sagte Marei Pelzer, rechtspolitische Referentin von PRO ASYL.

Ehegatten müssen oft jahrelange Trennungen hinnehmen. Gerade in klassischen Herkunftsländern von Flüchtlingen ist der Besuch eines Deutschkurses schlicht utopisch. Im Extremfall führt die Regelung zu einem dauerhaften Nachzugsverbot, zumal sie keine Härtefallregelung enthält.

Schon im Gesetzgebungsverfahren wurde von Experten darauf verwiesen, dass die neue Verschärfung nicht mit der EU-Richtlinie zum Familiennachzug (2) im Einklang steht. Nach dieser Richtlinie darf der Nachweis eines bestimmten Sprachniveaus nicht verlangt werden, sondern lediglich die Teilnahme an "Integrationsmaßnahmen" (Artikel 7 II der Richtlinie). Das deutsche Recht steht hierzu im Widerspruch, da es einfache Deutschkenntnisse verlangt.

PRO ASYL kritisiert, dass das Bundesverwaltungsgericht eigenmächtig das zugrunde liegende Europarecht zulasten der Betroffenen ausgelegt hat. Die nationalen Gerichte sind in Zweifelsfragen zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg verpflichtet.

Für die Betroffenen bedeutet die heutige Entscheidung, dass sie weiterhin mit den Zumutungen des deutschen Familiennachzugsrechts leben müssen. Es bleibt abzuwarten, ob die Problematik in einem anderen Verfahren dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt wird. Die Familienfeindlichkeit im Migrationsrecht muss endlich beendet werden.


(1) http://www.bverwg.de/enid/25d6f5c15a053bdef248e7cb911e49e4,9deef07365617263685f646973706c6179436f6e7461696e6572 092d093132393632093a095f7472636964092d09353737/Pressemitteilungen/Pressemitteilungen_9d.html
(2) http://www.proasyl.de/fileadmin/proasyl/fm_redakteure/Asyl_in_Europa/Richtlinie_Familienzusammenf_hrung.pdf


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Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 30. März 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. April 2010