Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → FAKTEN


DEMOSKOPIE/677: Wenig Vertrauen in Parteien, Regierung und Medien (Ipsos)


Ipsos - Pressemitteilung vom 31. Januar 2017

Wenig Vertrauen in Parteien, Regierung und Medien


Hamburg, 31. Januar 2017. - Alternative Fakten, Polemik und uneinige Volksvertreter - das Vertrauen in Parteien, Regierungen und in die Medien ist weltweit gering. Acht von zehn (81%) Befragten in 23 Ländern fehlt es an Vertrauen zu politische Parteien, zwei Drittel (68%) misstrauen den Medien. Das ergab eine Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Ipsos. Auch in Deutschland steht es nicht gut um das Verhältnis zu den Volksvertretern: acht von zehn (80%) Deutschen gaben an, politischen Parteien wenig bis gar nicht zu trauen.

Vertrauen in Institutionen

- Sieben von zehn (71%) Befragten weltweit vertrauen ihrer Regierung nicht. Ebenso viele Deutsche gaben an, der Regierung wenig bis gar nicht zu trauen. Am wenigsten Vertrauen weltweit schenken die Spanier (89%) und Mexikaner (90%) ihrer Exekutive.

- 70 Prozent der Deutschen vertrauen den Medien nicht. In Ungarn (87%), Spanien (78%) und Großbritannien (75%) gaben das sogar drei Viertel der Befragten an. In den USA (67%) und Frankreich (68%) sind es etwas mehr als zwei Drittel.

- Auch großen Unternehmen (61%) und Banken (59%) wird weltweit misstraut. Vor allem in Spanien (92%), Italien (80%) und Deutschland (75%) kommen die Geldinstitute nicht gut weg.

- Der Judikative und ihren Gerichten wird vor allem in lateinamerikanischen Ländern wie Argentinien (84%), Peru (84%) und Mexiko (83%) wenig vertraut. Aber auch in Deutschland (48%), Frankreich (52%) und den USA (48%) misstraut knapp die Hälfte den rechtssprechenden Organen.

- Das Vertrauen ist aber nicht nur in nationale Institutionen rar. Auch internationale Institutionen werden von der Hälfte (52%) der Befragten weltweit angezweifelt. Vor allem in Europa: Spanien (77%), Frankreich (65%), Italien (64%), Belgien (63%) und Deutschland (59%).

Herrscht unnötige Panik vor?

- Die Mehrheit in 17 von 23 Ländern glaubt, ihre Gesellschaft ist marode (durchschnittlich 58%). Vor allem in Polen (79%), Spanien (78%), Brasilien (77%) und Mexiko (76%) empfinden die Befragten so. In Deutschland (61%), Großbritannien (58%) und den USA (66%) sind es immerhin sechs von zehn.

- Durchschnittlich fühlen sich vier von zehn (38%) Befragten weltweit fremd im eigenen Land, ein Drittel (35%) widerspricht dieser Aussage. Das Gefühl herrscht vor allem in der Türkei (57%), Italien (49%), den USA (45%) und Belgien (44%) vor. In Deutschland denken vier von zehn (38%) so. - Terrorismus sollte mit allen Mitteln gestoppt werden, auch wenn das bedeutet, gegen die Bürgerrechte zu verstoßen, finden 45 Prozent der Befragten weltweit. In Deutschland sind es vier von zehn (40%). In der Türkei (69%), Frankreich (59%) und Belgien (55%) stimmen deutlich mehr Menschen zu.

Nativismus

- Eine Mehrheit von 56 Prozent weltweit stimmt zu, dass Arbeitgeber bei Jobknappheit eher Einheimische als Eingewanderte einstellen sollten. Vor allem in der Türkei (74%) und Ungarn (76%) herrscht diese Meinung vor. Auch in den USA stimmen etwa sechs von zehn (58%) Befragten zu. In Deutschland (45%), Japan (38%) und Schweden (17%) ist die Zustimmung am geringsten. 44 Prozent weltweit glauben zudem, dass ihr Land generell Einheimische Ausländern bei der Jobvergabe vorziehen sollte, auch wenn das bedeutet, dass der Arbeitsmarkt langsamer wächst.

- Auch wird sich weltweit um den Einfluss gesorgt, den Immigranten auf soziale Leistungen (39%) und Arbeitsplätze (35%) haben. Vor allem in der Türkei (62%), aber auch in den USA (43%) und Italien (40%) wird der Aussage zugestimmt, Einwanderer nähmen den Einheimischen die Jobs weg. In Deutschland sehen das dagegen nur 22 Prozent so. Knapp vier von zehn (37%) Deutschen stimmen jedoch zu, dass Immigranten den Einheimischen wichtige Sozialleistungen wegnähmen. In der Türkei (63%), Belgien (50%), Ungarn (50%) und Frankreich (49%) denkt ein noch größerer Bevölkerungsanteil so.

- Vier von zehn (37%) Deutschen glauben, ein Einwanderungsstopp würde das Land stärken. Vor allem in der Türkei (61%) wird diese Ansicht geteilt. Ebenso wie in Ungarn (49%), Belgien (47%), Italien (46%), Frankreich (40%) und den USA (38%).

Sichern populistische Ansichten Wählerstimmen?

- Einige populistische Ansichten finden Anklang bei den Befragten weltweit. Vor allem einer Partei oder einem Politiker, der sich für die gewöhnlichen Menschen einsetzt und gegen die Eliten agiert, würden sechs von zehn Wählern in 23 Ländern eher ihre Stimme geben. In Deutschland ist es knapp die Hälfte (47%) der Befragten. Ein Politiker, der den Status Quo radikal ändern will, würde sich die Stimme von etwas mehr als einem Viertel (27%) der Deutschen sichern, knapp drei von zehn (29%) würden ihr Kreuz woanders machen. Einen Politiker, der bereits zuvor an der Macht war, würden 18 Prozent der Deutschen präferieren.

- Doch auch pluralistische Ansätze finden Anklang bei den Deutschen und den Befragten weltweit. Zwei Drittel (67%) weltweit und 62 Prozent der Deutschen würden eher einen Politiker wählen, der auch alternative Meinungen anhört. Einen kompromissbereiten Politiker favorisieren knapp die Hälfte der Deutschen (49%) und mehr als die Hälfte (56%) weltweit. Jemanden, der die Rechte von Minderheiten vertritt, würden 45 Prozent der Deutschen wahrscheinlich wählen (52% weltweit).


Robert Grimm, Leiter der Ipsos Politik- und Sozialforschung, zu den Ergebnissen:

"Diese Ergebnisse enthüllen ein besorgniserregend geringes Maß an Vertrauen, dass der traditionellen politischen Führungsriege weltweit und den Schlüsselinstitutionen wie Medien, Gerichten und Banken entgegengebracht wird. Unsere Analyse zeigt allerdings auch, dass wir weder vorschnelle Schlüsse über die Gründe für diese weltweite Unzufriedenheit ziehen, noch alle Aussagen unter den "Populismus-Banner" stellen sollten. So unterscheiden sich die Einstellungen gegenüber Immigration weltweit und es gibt keine mehrheitliche Meinung dafür oder dagegen. Die Realität ist komplex. Daher ist es entscheidend, den lokalen Kontext zu verstehen."


Steckbrief

Insgesamt wurden im Rahmen dieser Studie 16.597 Interviews durchgeführt unter Personen zwischen 16 und 64 Jahren (USA und Kanada: 18-64).

Feldzeit: 21. Oktober bis 04. November 2016

Diese Studie wurde über das Ipsos Online Panel in insgesamt 23 Ländern durchgeführt: Argentinien, Australien, Belgien, Brasilien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Israel, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Peru, Polen, Serbien, Schweden, Spanien, Südafrika, Südkorea, Türkei, Ungarn, USA. Die Daten wurden anhand der jeweils aktuellsten Zensusdaten nach demographischen Merkmalen gewichtet, um eine Annäherung an die Grundgesamtheit zu gewährleisten. Sechs der untersuchten Länder (Brasilien, Indien, Mexiko, Peru, Südafrika und Türkei) haben eine niedrige Internetdichte und repräsentieren bei dieser Online-Umfrage daher die Bevölkerung in eher urbanen Gebieten mit eher höherer Bildung und Einkommen als die Gesamtbevölkerung.

Über Ipsos
Ipsos ist ein unabhängiges und innovatives Markt- und Meinungsforschungsinstitut. In einer sich immer schneller verändernden Welt ist es unsere Aufgabe, unsere Kunden mit präzisen und umsetzbaren Analysen bei ihrer Veränderung zu unterstützen, dabei orientieren wir uns an den "4S": Security, Simplicity, Speed und Substance. Um unseren Kunden bestmöglichen Service zu bieten, haben wir uns in fünf Forschungsbereichen spezialisiert. So bestimmen unsere engagierten Forscher Marktpotenziale, zeigen Markttrends, testen Produkte, Werbung und Dienstleistungen, erforschen die Wirkung von Medien und geben der öffentlichen Meinung eine Stimme. Und das in 87 Ländern auf allen Kontinenten. In Deutschland beschäftigen wir über 500 Mitarbeiter in Hamburg, Mölln, München, Frankfurt und Berlin.

Der Forschungsbereich Ipsos Public Affairs ist ein leistungsstarker Partner für Politik- und Sozialforschung in Deutschland. Er bietet Auftraggebern aus Politik, Medien, Wirtschaft und Wissenschaft Einblicke in die Einstellungen und Verhaltensweisen der Bürger.

*

Quelle:
Ipsos GmbH
Sachsenstraße 6, 20097 Hamburg
Telefon: +49 (0) 40 800 96 0, Fax: +49 (0) 40 800 96 4100
E-Mail: mailbox@ipsos.com
Internet: www.ipsos.com


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Februar 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang