Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → FAKTEN

INNEN/1590: Schäuble zur Vorstellung des Verfassungsschutzberichts für das Jahr 2008 (BMI)


Internetredaktion des Bundesministeriums des Innern - 19.05.2009

Bedrohungen durch Terrorismus und Extremismus auch weiterhin konsequent bekämpfen

Anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts für das Jahr 2008 erklärte Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble:


"Terrorismus und Extremismus stehen im Widerspruch zu Freiheit und Sicherheit und damit zu den höchsten Werten, die unsere Verfassung prägen. Diese Werte zu schützen und zu bewahren ist die vorrangige Pflicht des Staates und seiner Repräsentanten. Die Verfassungsschutzbehörden stehen hier mit an vorderster Stelle und tragen durch ihre professionelle Arbeit erfolgreich dazu bei, dass Terrorismus und Extremismus in unserem Land nicht Raum greifen."

Wie schon seit einigen Jahren ist auch aktuell die Sicherheitslage in Deutschland vor allem durch die fortdauernde Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus geprägt. Auch wenn es in Deutschland bislang nicht zu einem terroristischen Anschlag islamistischer Fanantiker gekommen ist, steht unser Land dennoch mehr denn je im Fadenkreuz des internationalen Terrorismus. Dabei führen die Islamisten insbesondere das deutsche Engagement in Afghanistan als scheinbare Begründung für den "Kampf gegen Deutschland" an.

Auch gibt es in Deutschland ein nicht unerhebliches Personenpotenzial, welches nach entsprechender Rekrutierung und Radikalisierung durch islamistische Fanatiker durchaus gewillt und in der Lage sein könnte, terroristische Anschläge auch in Deutschland zu verüben. Islamistische Fundamentalisten, die aus Deutschland stammen oder dort aufgewachsen sind, werden mittlerweile in terroristischen Ausbildungslagern im Ausland geschult. Dabei kommt es zu einer verstärkten Radikalisierung und Identifizierung mit islamistischen Zielsetzungen verbunden mit einer gleichzeitigen Verfestigung der Anbindung zu islamistischen Strukturen. Diese Entwicklung ist sehr gefährlich für die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, da damit der Nährboden für die Begehung möglicher terroristischer Anschläge in Deutschland bereitet wird.

Der islamistische Terrorismus ist die herausragendste, nicht aber die einzige Form der Bedrohung von Sicherheit und Ordnung in unserem Land. Nach wie vor stellt auch der nationale Extremismus weiterhin einen Schwerpunkt in der präventiven und repressiven Arbeit der Verfassungsschutz- und Polizeibehörden dar. Zum nationalen Extremismus zählen der Rechtsextremismus mit seinen nationalsozialistischen Kernelementen - Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus - ebenso wie der Linksextremismus.

Der während des Jahres 2008 zu verzeichnende Anstieg von Gewalt im Bereich des Rechtsextremismus ist besorgniserregend. Hervorzuheben sind dabei insbesondere die vermehrten gewalttätigen Auseinandersetzungen von Rechtsextremisten, insbesondere mit dem politischen Gegner und das verstärkte Auftreten gewaltbereiter Strukturen, wie der "Autonomen Nationalisten" bei rechtsextremistischen Veranstaltungen. Auch diese Entwicklung erfordert unsere konzentrierte Aufmerksamkeit und den konsequenten Einsatz aller zur Verfügung stehenden Mittel.

Mit dem Verbot gegen die "Heimattreue Deutsche Jugend - Bund zum Schutz für Umwelt, Mitwelt und Heimat e.V:" (HDJ) am 31. März 2009 hat der Bundesminister des Innern seine Entschlossenheit gegenüber verfassungsfeindlichen rechtsextremistischen Umtrieben deutlich gemacht. Die Organisation hatte es sich zum Ziel gesetzt, Kinder und Jugendliche unter dem Deckmantel von scheinbar unpolitischen Freizeitangeboten, mit nationalsozialistischem und rassistischem Gedankengut zu infiltrieren. Diesem Wirken galt es mit Nachdruck und Entschiedenheit zu begegnen.

Dazu Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble weiter: "Die Verfassungsfeindlichkeit einer Organisation oder Partei ist eine, nicht aber die einzige Voraussetzung, um ein tragfähiges Verbot aussprechen zu können, und bisweilen schadet bereits die öffentliche Diskussion über ein mögliches Verbot der Sache mehr als sie nützt. So verhält es sich auch bei der NPD. Niemand zweifelt ernsthaft daran, dass es sich bei der NPD um eine verfassungsfeindliche Partei handelt. Dies allein reicht jedoch nicht aus, um das erfolgreiche Bestreiten eines Parteiverbotsverfahrens sicherzustellen. Die Hürden, die sich aus Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hierfür ergeben, sind hoch und bergen ein deutliches Risiko, auch bei einem erneuten Anlauf zu scheitern. Damit würden wir unserem eigentlichen gemeinsamen Anliegen, nämlich der wirksamen Bekämpfung des Rechtsextremismus, einen Bärendienst erweisen."

Wenngleich das linksextremistische Personenpotential seit Jahren keine nennenswerte Steigerung zu verzeichnen hat, ist auch insoweit eine Bedrohung der inneren Sicherheit und Ordnung nach wie vor gegeben und erfordert dementsprechend unsere Aufmerksamkeit. Besonders deutlich wurde dies angesichts des massiven Aufwuchses von Brandanschlägen auf Kraftfahrzeuge im Jahr 2008 und der gewalttätigen Ausschreitungen am 1. Mai 2009 in Berlin. Die in diesem Zusammenhang zu verzeichnenden zielgerichteten Angriffe von Linksextremisten auf Polizeibeamte weisen eine neue Dimension linksextremistischer Gewaltausübung auf, der wir entschlossen begegnen müssen.

Die Entwicklung in den einzelnen Phänomenbereichen zeigt, dass die Aufklärung durch den Verfassungsschutz im Vorfeld weiter verstärkt und die Zusammenarbeit zwischen Verfassungsschutz und Polizei gerade im Hinblick auf die gewaltbereiten Spektren weiter intensiviert werden muss. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse tragen maßgeblich dazu bei, Gefährdungspotentiale realitätskonform abzubilden und zu identifizieren, um gewalttätigem Handeln jeglicher Art vorzubeugen und sofern erforderlich, mit repressive Maßnahmen adäquat darauf zu reagieren.

Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble: "Genau so wichtig wie die unermüdliche Arbeit der Sicherheitsbehörden ist das fortwährende zivilgesellschaftliche Engagement für unsere Demokratie und deren Werte. Wir, die wir in diesem Land leben, müssen aufmerksam gegenüber einem möglichen Erstarken islamistischer Tendenzen sowie rechts- und linksextremistischer Bedrohungen sein. Nur wenn die Werte, auf denen unsere freiheitlich demokratische Grundordnung aufbaut, in unserer Gesellschaft auch tatsächlich gelebt und von Generation zu Generation weitergegeben werden, wird unsere Demokratie auf Dauer in der Lage sein, terroristische und extremistische Bedrohungen erfolgreich abzuwenden."


*


Quelle:
Pressemitteilung vom 19. Mai 2009
Bundesministerium des Innern
Alt-Moabit 101D, D-11014 Berlin
Telefon: 01888 681-0, Telefax: 01888 681-2926
E-mail: poststelle@bmi.bund.de
Internet: http://www.bmi.bund.de/


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Mai 2009