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INNEN/1713: Neue Datenschutzbeauftragte befürwortete Vorratsdatenspeicherung (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 52 vom 27. Dezember 2013
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Datenschutz auf Eis gelegt
Neue Datenschutzbeauftragte befürwortete Vorratsdatenspeicherung

von Markus Bernhardt



Für die neue Bundesregierung ist die zunehmende Überwachung der Bürgerinnen und Bürger durch ausländische Geheimdienste offensichtlich kaum von Bedeutung.

So wurde in der vergangenen Woche - trotz deutlicher Kritik der Linksfraktion - die CDU-Politikerin Andrea Voßhoff zur neuen Bundesdatenschutzbeauftragten gewählt. Bei der Abstimmung im Bundestag konnte die 55-Jährige insgesamt 403 von 585 Stimmen auf sich vereinen. Dass Voßhoff für diesen Posten, der in Zeiten ausufernder Überwachung durch in- und ausländische Geheimdienste immer mehr an Bedeutung gewinnt, tatsächlich geeignet ist, dürfte dabei durchaus bezweifelt werden. Hatte sie doch in der Vergangenheit etwa die umstrittene Vorratsdatenspeicherung unterstützt.

Ihr Amtsvorgänger Peter Schaar hatte hingegen im Gegensatz zu der CDU-Politikerin stets eine klar ablehnende Haltung zur Vorratsdatenspeicherung. "Diejenigen, die in Grundrechte eingreifen, die sie einschränken wollen, sind in der Beweislast", konstatierte er. Schließlich hätten sie "bisher keinen wirklich belastbaren Nachweis erbracht, dass die Vorratsdatenspeicherung erforderlich" sei. Überdurchschnittliches Ansehen hatte Schaar aufgrund seiner Positionierung in Unionskreisen daher nicht genossen.

Es ist jedoch nicht nur die Bespitzelung der Bürgerinnen und Bürger durch deutsche Polizei- und Geheimdienstbehörden, die aktuell auf der politischen Tagesordnung stehen müsste.

So kommt es in Folge der bereits vor Monaten erfolgten ersten Veröffentlichungen über die Kooperation deutscher Geheimdienste mit ihrem US-amerikanischen Pendant, der "National Security Agency" (NSA), nahezu wöchentlich zu neuen Enthüllungen über den staatlichen Überwachungswahn. Betroffen von der Bespitzelung durch die US-Geheimdienste sind dabei keineswegs nur deutsche Bundesbürger, sondern auch höchste deutsche Regierungskreise. Außerdem wurde ebenfalls bekannt, dass die NSA auch die Kommunikation von anderen hochrangigen Politikern wie etwa der brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff oder von Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto ausspäht.

Während sich schon die alte Bundesregierung aus CDU/CSU und FDP nicht wirklich um die Aufklärung des tatsächlichen Überwachungsausmaßes verdient machte, ist auch bei der neuen "schwarz-roten" Nachfolgeregierung kein Umdenken zu erkennen.

So werden Details des Überwachungsskandals bisher maßgeblich vom Journalisten Glenn Greenwald öffentlich gemacht, der bereits im Juni dieses Jahres Tausende von geheimen Dokumenten vom ehemaligen NSA-Mitarbeiter Edward Snowden erhalten hatte. Snowden stand bis Mai dieses Jahres als technischer Mitarbeiter im Dienst der amerikanischen Geheimdienste NSA und CIA und hatte Zugang zu Informationen und Datensätzen, die von besagten Behörden als "streng geheim" eingestuft waren. Nachdem Greenwald Anfang Juni erste Informationen über das Überwachungsprogramm "PRISM" der US-Geheimdienste und dessen britisches Pendant "Tempora" veröffentlichte, gab sich Snowden der Öffentlichkeit am 9. Juni als Greenwalds Quelle zu erkennen. Es folgte seine Flucht nach Russland, wo ihm trotz harscher Kritik der US-Regierung vorerst Asyl gewährt wurde.

Snowden, der mittlerweile neben dem US-Soldaten Manning als bekanntester Whistleblower gilt, erhielt für sein couragiertes Handeln in Sachen Datenschutz und Bürgerrechte unter anderem den "Fritz-Bauer-Preis" der Humanistischen Union und einen "Whistleblower-Preis", der unter anderem von Transparency International verliehen wird.

"Das heutige Amerika hat mit der Kombination aus schwachem rechtlichen Schutz für Whistleblower, schlechten Gesetzen, die keinen Schutz des öffentlichen Interesses vorsehen, und einer Immunitätsdoktrin für Amtspersonen, die sich weit über die Grenzen des Rechts hinaus verirren, das Anreizsystem pervertiert, das Geheimnisse in Regierungen regelt", kritisierte Snowden schon vor geraumer Zeit. Es dürfe außerdem "niemals vergessen" werden, "was uns die Geschichte über zu weit gehende Überwachung lehrt, noch dürfen wir unsere Macht vergessen, solche Systeme im Sinne des Allgemeinwohls zu verändern", konstatierte er weiter. Die deutsche Bundesregierung hingegen ficht das nicht weiter an. Dass die neue Bundesdatenschutzbeauftragte Voßhoff hier andere politische Akzente setzen wird, gilt hingegen als nahezu ausgeschlossen.

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 45. Jahrgang, Nr. 52 vom 27. Dezember 2013, Seite 5
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Januar 2014