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MELDUNG/167: Fake News treiben die Menschen hin zur AfD (idw)


Universität Mannheim - 27.03.2020

Fake News treiben die Menschen hin zur AfD


In einer repräsentativen Umfrage anlässlich der vergangenen Bundestagswahl haben Mannheimer Kommunikationswissenschaftler nachgewiesen, dass Wähler, die absichtlich gestreute Falschnachrichten aus dem Netz glauben, sich verstärkt weg von der CDU bewegen und der AfD zuwenden.

Um die Themen Flucht und Migration kursierten nach 2015 im Netz viele Fake News. Manche sogenannte Alternativmedien behaupteten zum Beispiel, dass arabische Flüchtlinge verantwortlich seien für die Häufung von Hepatitis-A-Fällen in Europa. Die Überprüfung des deutschen Recherchezentrums Correctiv ergab allerdings, dass sich für diese Berichte keine belastbaren Quellen fanden.

Falschnachrichten wie diese - auch wenn sie jeglicher Grundlage entbehren - haben tatsächlich einen Einfluss auf Wahlentscheidungen. Das besagt eine neue Studie der Kommunikationswissenschaftler Fabian Zimmermann und Prof. Dr. Matthias Kohring von der Universität Mannheim. Ihr Aufsatz Mistrust, Disinforming News, and Vote Choice ist in der Februar-Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Political Communication erschienen.

In ihrer Studie zeigen die Kommunikationswissenschaftler, dass Menschen, die während des Bundestagswahlkampfes 2017 in Berührung mit politischer Desinformation gekommen waren und diese glaubten, dazu neigten, der CDU bei der Wahl ihre Stimme zu verweigern. Stattdessen entschieden sich diese Wählerinnen und Wähler eher für die AfD. Insbesondere rechtskonservative Menschen, die Falschnachrichten für bare Münze nahmen, machten ihr Kreuzchen verstärkt bei der AfD statt bei der CDU. Dabei waren jene, die weder in etablierte Medien noch in das politische System Vertrauen hatten, besonders empfänglich für Desinformation.

Für ihre Studie haben die Wissenschaftler knapp tausend repräsentativ ausgewählte Menschen zu drei Zeitpunkten befragt: vier Wochen vor der Bundestagswahl, kurz nach dem Kandidatenduell im Fernsehen und direkt nach der Wahl. Man präsentierte den Teilnehmern aktuelle Schlagzeilen aus dem Netz, die von unabhängigen Faktencheckern als falsch bewertet worden waren. Anschließend mussten die Befragten angeben, für wie glaubwürdig sie diese Beiträge halten.

"Je stärker Menschen, die ursprünglich der CDU zugeneigt waren, an Fake News glaubten, desto höher war die Wahrscheinlichkeit, dass diese Menschen ihre ursprüngliche Absicht verwarfen und am Ende die AfD wählten", fasst Kohring zusammen. "Überrascht hat uns dabei, dass die Anfälligkeit für Desinformation nicht davon abhängt, ob die Menschen sich ausschließlich über soziale Medien informieren. Die bloße Nutzung von Facebook, Twitter und Co. hat also keinen Einfluss darauf, ob man auf Fake News hereinfällt oder nicht", erläutert Zimmermann. Vielmehr sei die Neigung zu Falschinformationen darauf zurückzuführen, dass ein Teil der Bevölkerung das Vertrauen in die etablierten Nachrichtenmedien und Parteien verloren habe.

Wie lässt es sich jedoch verhindern, dass ein nicht unerheblicher Anteil von Menschen aktuelle Desinformationen glaubt? Zimmermann und Kohring plädieren dafür, diesem gesellschaftlichen Problem auch mit gesellschaftlichen Lösungen zu begegnen. Institutionen wie Politik und Medien müssten ernsthaft daran arbeiten, das verlorengegangene Vertrauen wiederzuerlangen. Was darüber hinaus hilft, absichtlich in die Welt gesetzte Falschmeldungen zu erkennen, sind vor allem politische Bildung und eine kritische Medienkompetenz. "Das ist natürlich keine Ad-hoc-Lösung und muss über Jahre aufgebaut werden", sagt Zimmermann. "Bereits in der Schule sollten Kinder lernen, Nachrichten kritisch zu hinterfragen."


Originalpublikation:
https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/10584609.2020.1723755

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution61

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Mannheim, 27.03.2020
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. März 2020

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