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MILITÄR/865: Keine Laufzeitverlängerungen für Atombomben in Deutschland (IPPNW)


IPPNW-Presseinfo vom 7. Oktober 2010
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland

IPPNW: Die Bundesregierung muss ihre Entscheidung jetzt umsetzen

Keine Laufzeitverlängerungen für Atombomben in Deutschland


Anlässlich von Meldungen zur Ausmusterung der Tornados fordert die IPPNW die Bundesregierung auf, die nukleare Teilhabe jetzt zu beenden. Der bevorstehende NATO-Gipfel sei der richtige Zeitpunkt, die Vereinbarung des Koalitionsvertrages und den Beschluss des Bundestages zum Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland umzusetzen. "Die politische Entscheidung für eine Beendigung der nuklearen Teilhabe ist im Bundestag eigentlich bereits gefallen", erklärt Xanthe Hall, Abrüstungsexpertin der IPPNW. Im März hatte eine parteiübergreifende Koalition die Regierung aufgefordert, sowohl auf den Abzug der Atomwaffen aus Deutschland hinzuarbeiten als auch die Rolle der Atomwaffen in der NATO-Strategie zurückzuführen.

Die "Rheinische Post" hatte gestern berichtet, dass die atomwaffenfähigen Tornado-Jagdflugzeuge nach Informationen von Insidern aus der Luftwaffe ab 2012 ausgemustert werden. Daraufhin wies das Verteidigungsministerium diesen Bericht zurück und bezeichnete das angegebene Datum als "sachlich unzutreffend". Heute schreibt die Rheinische Post, Verteidigungsminister Guttenberg habe an den CDU-Abgeordneten Peter Bleser geschrieben, die Bücheler Tornados würden spätestens 2016 außer Dienst gestellt. Eine politische Entscheidung dazu solle erst Mitte 2011 fallen.

"Warum will Verteidigungsminister Guttenberg die Entscheidung ins nächste Jahr verschieben, wenn die Debatte über die Atomwaffenpolitik der NATO jetzt auf der Tagesordnung steht?", fragt Hall. "Die Tornados sollten zwischen 2012 bis 2015 ausgemustert werden. Jetzt ist an der Zeit, diese Entscheidung umzusetzen. Wird Deutschland ab 2012 atomwaffenfrei oder sollen die Laufzeiten für die Tornados bis 2016 verlängert werden, damit die Soldaten weiterhin den Einsatz von Atomwaffen trainieren können?"

In der Bundeswehr gibt es dazu widersprüchliche Äußerungen. Der Tornado soll ersetzt werden, weil er zu alt ist. Anstelle der Tornados soll ab 2012 der Eurofighter eingesetzt werden, der nicht atomwaffenfähig ist. Gleichzeitig berichtete der Spiegel am 28. August 2010, dass die Bundeswehr laut einem Papier zu Handlungsempfehlungen für Materialinvestitionen einige Tornados bis zum Jahre 2020 behalten will, um weiterhin Atomwaffen einsetzen zu können. Unklar ist zudem, ob Tornado-Flugzeuge für die deutsche nukleare Teilhabe an anderen Orten bereitgehalten werden. "Es macht keinen Sinn, die Jagdbomber zu behalten, um bis zum Jahr 2020 Atomwaffen abwerfen zu können. Es ist realitätsfern, die ganze Infrastruktur inklusive der Kosten für Sicherheitsaufwand und Sonderpersonal aufrecht zu halten, nur um sich noch ein paar Jahre länger an diese alten Bomben zu klammern. Welche Bedrohungslage rechtfertigt eine solche Entscheidung?", so Hall.

Aussagen aus den USA zur Stationierung der alten Bomben in Deutschland sind ebenfalls widersprüchlich. Auf der einer Seite heißt es, die Entscheidung müsse Deutschland treffen. Offiziere in der US-EUCOM weisen auf die hohen Stationierungskosten hin, die sie sich gerne sparen würden, zumal die Atomwaffen militärisch keinen Wert besitzen. Die Tornados können nicht weiter als bis zur EU-Grenze fliegen, ohne neu zu tanken. Flugzeuge mit Atomwaffen an Bord dürfen jedoch in der Luft nicht betankt werden. Auf der anderen Seite planen die USA, die über 30 Jahre alten Atombomben zu ersetzen. Laut der neuen US-Atomwaffendoktrin soll die Lebensdauer der B-61 durch eine Modernisierung verlängert werden.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 7. Oktober 2010
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Oktober 2010