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MILITÄR/890: APS-Raketenabwehrsystem für israelischen Panzer (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 21. März 2011

Nahost: APS-Raketenabwehrsystem für israelischen Panzer

Von Pierre Klochendler

Israelische Panzer an der Grenze zum Gazastreifen - Bild: © P. Klochendler/IPS

Israelische Panzer an der Grenze zum Gazastreifen
Bild: © P. Klochendler/IPS

Nahaz Oz, Israel, 21. März (IPS) - Inmitten neuer Spannungen im Anschluss an die jüngsten Raketenangriffe aus dem Gazastreifen will die israelische Armee mit Hilfe eines Miniatur-Raketenabwehrsystems die technologische Oberhand über ihre politischen Feinde gewinnen. Das Aktive Schutzsystem (APS), auch 'Windbreaker' genannt, soll die Arrow- und Iron-Dome-Systeme zur Abwehr ballistischer und Kurzstreckenraketen ergänzen.

Am 16. März hatten palästinensische Milizen eine Kassam-Boden-Boden-Rakete auf die Stadt Sederot im Süden Israels abgeworfen. Daraufhin bombardierten israelische Kriegsflugzeuge Hamas-Ziele im Gazastreifen. Dabei kamen drei Palästinenser ums Leben.

Aus Kreisen der israelischen Armee ist zu hören, dass die Windbreaker in diesem Monat bereits erfolgreich in der Nähe von Nahaz Oz an der israelischen Grenze zum Gazastreifen gegen Raketenangriffe aus dem Palästinensergebiet eingesetzt worden ist.

Mit seinen Sensoren und seinem Radar entdeckt APS/Windbreaker jedes ankommende Geschoss, schießt Abfangraketen ab und zerstört so die feindliche Munition, bevor sie in den Panzer einschlagen kann. "Das ist so, als würde jemand eine Kugel auf einen anderen abfeuern, der zurückschießt, um die Kugel zu treffen", erläutert der israelische Militärexperte Ra'anan Gissin.

Anti-Panzer-Raketen aus dem Gazastreifen werden sporadisch auf israelische Grenzpatrouillen abgeschossen. Zwei Jahre nach dem israelischen Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen konzentriert Israel seine Bodenaktivitäten auf eine De-Facto-Pufferzone auf Palästinensergebiet, um zu verhindern, dass das Gebiet als Raketenabschussrampe genutzt wird.

Mitgliedern des israelischen Geheimdienstes zufolge kopieren palästinensische Milizen derzeit die libanesische Hisbollah, die ihre Anti-Tanker-Kapazitäten mit hunderten Waffen einschließlich der ausgeklügelten Kornet- und anderer Kollisionsraketen ausbaut.

Am 15. März hatten israelische Militärs bekannt gegeben, eine Schiffsladung mit Waffen aufgebracht zu haben, die aus dem Iran via Syrien Gaza anlaufen sollte. An Bord hätten sich technologisch fortschrittliche C-704-Boden-See-Raketen befunden.


Wunsch nach raketensicheren Panzern

Der israelische Wunsch, seine Panzer gegen Raketenanschläge zu immunisieren, geht zurück auf den arabisch-israelischen Krieg vom 1973, als Raketen die israelischen Panzer durchschlugen. Inzwischen könnten die Tanker Raketen neutralisieren und somit verlorenes Terrain auf dem Schlachtfeld wieder gutmachen, betont Uzi Elam, ehemaliger Chefwissenschaftler im israelischen Verteidigungsministerium, der an der Entwicklung der Abwehrsysteme mitgewirkt hatte.

Schwachpunkt der APS sind die enormen Kosten von einer Million US-Dollar pro Panzer. Doch in israelischen Militärkreisen heißt es, dass die Effektivität der Windbreaker die Nachfrage nach solchen Systemen erhöhe, was wiederum die Kosten drücken werde.

Entwickelt wurde die Windbreaker von 'Rafael Advanced Defence Systems' zusammen mit 'Israel Aircraft Industries' im Anschluss an den israelischen Krieg gegen die libanesische Hisbollah 2006. Auch dieser Konflikt machte die Anfälligkeit der Panzer für Raketenangriffe augenscheinlich.

Doch gegen zunehmende internatonale Isolation Israels wegen der 43-jährigen Besatzung der Palästinensergebiete kann auch das APS-System wenig ausrichten. Die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu unternimmt derzeit alles Mögliche, das mit seiner Siedlungspolitik ins Abseits geratene Land nicht als Friedensgegner dastehen zu lassen. So ließ er die Bilder von fünf israelischen Familienmitgliedern veröffentlichen, die am 11. März in ihrem Haus in einer Siedlung in Westjordanland niedergestochen worden waren. Das Blutbad soll auf das Konto eines Palästinensers gehen, der in das Haus vordringen konnte.


Israel beklagt "Klima der Dämonisierung"

Juli Edelstein, der Minister, der mit der Verbreitung der Bilder im Internet beauftragt wurde, rechtfertigte die umstrittene Entscheidung gegenüber der liberalen Zeitung Haaretz. Es gelte "eine Antwort auf das Klima der Dämonisierung Israels" zu finden, sagte er.

Die 'Antwort' konnte aber nicht verhindern, was Netanjahu als nächste "strategische Herausforderung" für Israel bezeichnet hat: die "Tsunami-ähnliche" Woge der internationalen Anerkennung Palästinas als unabhängigen Staat. Am 15. März folgte Uruguay dem Beispiel mehrer südamerikanischen Länder.

Andere Staaten werten derzeit den Diplomatenstatus palästinensischer Vertreter auf. Auch erklärte der französische Außenminister Alain Juppé, dass die EU-Anerkennung eines palästinensischen Staates eine "Möglichkeit ist, die wir im Auge behalten müssen ". (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. März 2011